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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 58. Band, Nr. 3
eis, Festeis und hin und wieder Packeis), daß 2. die Ausdehnung des Eises dargestellt werden konnte (in der Nähe
und bis Sichtweite), daß 3. die Stärke der Eisdecke angegeben wird, und daß 4. ein Nebeneinandervorkommen
verschiedener Eisarten (praktisch nur Treibeis neben Festeis) dargestellt werden konnte. Die Diagramme ent
halten alle angegebenen Eigenschaften auf einmal, ohne inkonsequent oder fehlerhaft in der Darstellungsmethode
zu sein. Sie unterscheiden sich aber dementsprechend grundsätzlich von den Diagrammen auf Grund der Täg
lichen Eisberichte, bei denen die Darstellung sich auf ein Sachbereich, nämlich die Eisart, und damit nur in einer
Richtung beschränkt. Hier wurde außer der Längsrichtung noch die Höhe zur Darstellung herangezogen. Trotz
dem ließ es sich nicht vermeiden, bei dem gleichzeitigen Vorkommen von Treibeis und Packeis ein Übereinander
zu wählen. Oberhalb der Unterkante, gewissermaßen von der Küste ausgehend, folgt zuerst Festeis (schwarz),
darauf in der zweiten Hälfte des Balkens, also peripher zum Küsteneis, Treibeis (schraffiert), oder falls kein
Treibeis außer Festeis vorkommt, nur Festeis bzw. umgekehrt. Die dritte Höhe wurde reserviert für horizontweit
ausgedehntes Eis. Die Ausdehnung und gleichzeitig die Beschaffenheit der Eisdecke ist also direkt flächenmäßig
und durch Signatur abzulesen. Wie bei den anderen Diagrammen entspricht ein Millimeter fortlaufende Breite
einem Tage. Die Stärke wurde unterhalb der Grundlinie abgetragen: einfacher Strich Gangbarkeit, doppelter
Strich Fahrbarkeit, derart kann die Stärke der Eisdecke direkt im Profil abgelesen werden.
Das Eis der Ostsee zeigt so mannigfache Entstehungs- und Endstadien, daß auch eine ausführlichere Dar
stellung wie in den Eisberichten der Seewarte nicht annähernd ausreicht, um die natürlichen Unterschiede genau
zu wiederholen. Arnold-Alabieff (Lit. Nr. 9, S. 312) hat, teilweise in Form von Skizzen, die wesentlichen Grund
züge der Verbreitung der Eisarten für das Gebiet des Finnischen Meerbusens herausgearbeitet. Sie wurden an
anderer Stelle (Lit. Nr. 31, S. 56) referiert. Es sei kurz wiederholt, daß es sich dabei um den randlichen Festeis
saum entlang der Küste handelt, der seewärts mehr und mehr aufgelöst wird in einzelne Schollen, bis schließlich
sporadisches Treibeis die küstenfernsten Gebiete einnimmt. Packeis rekrutiert sich vorzugsweise aus dem aufge
brochenen Treibeis des mittleren Streifens am Rande des Festeises oder im äußeren Schärengebiet.
Diese Einteilung Alabieffs behandelt eigentlich nur das Verhältnis von Eis und Wasser auf der Flächen
einheit in den verschiedenen Gebieten des Finnischen Meerbusens. Eine ausführliche, genetische Betrachtung über
die Eisarten ist zusammenfassend noch nicht vorhanden, wohl aber in einzelnen Beiträgen. Hierbei ist natürlich
auch auf die ausschließlich das Polareis berücksichtigenden Eisterminologien zurückzukommen. Zu nennen ist der
„Atlas of Sea Ice“ von A. Maurstad (Lit. Nr. 69), ferner die „Cryologia maris“ von J. Zukriegel (Lit. Nr. 125),
die betreffenden Abschnitte der Arbeit Stakles (Lit. Nr. 106), die Arbeit Malmgrens (Lit. Nr. 68), die kürzlich
erschienene Arbeit des Verfassers über Eisbeobachtungen in der Gävlebucht (Lit. Nr. 35) sowie auch die spezielle
Untersuchung der Frage des Schnee-Eises (Lit. Nr. 33).
Die Beteiligung von Eisarten, die sich aus Schnee zusammensetzen, dürfte auch für das Gebiet des Finni
schen Meerbusens ebenso zutreffen wie sie für den Bottnischen Meerbusen Gültigkeit hat. Es sei darum nicht noch
einmal auf das Grundsätzliche bei der Bildung von Schnee-Eis eingegangen, vielmehr sei dabei auf die betreffende
Literatur verwiesen (Lit. Nrn. 31, S. 10/11; 33; 35). Ebenfalls sollen die anderen Begriffe im Zusammenhang mit
der Vereisung nicht noch einmal diskutiert werden, wie z. B. Eisreife, Homogenisierung, Hauptvereisung, Vor
periode usw.
Von besonderem Interesse dürfte das gemeinsame Vorkommen bestimmter Eisarten im Polargebiet und im
Bereich des Finnischen Meerbusens sein. Nach Maurstads Untersuchungen, die die Eisarten nach genetischen Ge
sichtspunkten und ihren Wachstumsstadien nach einteilen, können wir hier die folgenden auch in der Ostsee an
treffen: Eiskristalle (ice crystals), Brei (Slush), Schneebrei (snow slush), Eishaut (ice rind), Tellereis (pancake-
ice, w r as nach dem deutschen Sprachgebrauch am besten nicht mit „Pfannkueheneis“ übersetzt werden möge, vgl.
Lit. 35, S. 9), Eisbrei (sludge), Breieis (sludge-ice), Trümmereis (slob-ice), Neueis (young-ice), Festeis oder
Alteis (level-ice), Packeis oder schweres Treibeis (hummocky ice). Bezüglich der Parallelisation von Treib- und
Packeis reicht der sonst so vorzügliche Atlas von Maurstad nicht aus.
In jüngster Zeit hat nun W. Arnold-Alabieff die Beschaffenheit der Eisdecke des Finnischen Meerbusens
einer genaueren Untersuchung unterzogen (Lit. Nr. 22). Er scheidet dabei zwei Haupteisarten aus, das kristall
klare Kerneis mit kristallinischer Struktur und das trübe, geschichtete Eis. Es ist hier nicht angebracht, das Prin
zipielle zur Entstehung solcher Eisarten ausführlicher zu diskutieren. Unter Hinweis auf Beobachtungen ähnlicher
Art in anderen Gebieten (Lit. Nr. 35) muß jedoch im Einzelfalle dahingestellt bleiben, ob Arnold-Alabieffs Theo
rie in allen Fällen ihre Bestätigung findet. Bei der Besprechung des weitaus am häufigsten vorkommenden Trüb
eises vermißt man trotz unverkennbarer großer Ähnlichkeit mit Verhältnissen, wie sie in der Bottensee beobachtet
werden konnten (1. c.), ganz und gar einen Hinweis auf die direkte Beteiligung des Schnees am Zustandekommen
dieser Eisart. Es scheint mir, obwohl ich die Vereisung des Finnischen Meerbusens noch nicht aus eigener An