Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens
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Abb. 3. Die Salzgehaltsverhältnisse von Styrsudd im Jahre 1935/36 (nach Lit. Nr. 128).
Die unmittelbar an der russisch-finnischen Grenze an der Küste gelegene Station Styrsudd (Abb. 3) zeigt
nun ganz andere Salzgehaltsverhältnisse. Dort zeigt die Kurve das ganze Jahr über einen überaus unregelmäßigen
Verlauf, der Maxima von über 4%o und dicht dabei Minima von unter ]%o aufweist. Das Hauptminimum liegt auch
hier wieder deutlich im Frühjahr, ist aber im Gegensatz zum westlichen Finnischen Meerbusen auffallend lang
ausgezogen. Es erstreckte sich 1936 auf 3V2 Monate. Wir spüren hier den Einfluß des Newawassers, das sich ent
lang der Nordküste des inneren Winkels des Finnenbusens westwärts vorschiebt und bei Styrsudd etwa mit dem von
Westen stammenden salzreicheren Wasser zusammenfließt. Je nach den herrschenden Driftverhältnissen wiegt bald
der eine, bald der andere Einfluß vor. Die Unterschiede zwischen Maximum und Minimum sind ebenso groß wie
bei Sommers. Sie liegen zwischen 4,12%o und 0,10%o. Daß zum Schluß des Minimums, etwa gleichzeitig wie bei
Sommers, auch die Meereisschmelzwässer beteiligt sind, dürfte klar sein.
Die in diesem Jahre geringe Senkung des Salzgehaltes bei den Stationen Kallbädan und Grähara hat ihre
Ursache in einer schwachen Eisbildung (Lit. Nr. 78, 1935/36, S. 40/41), während der Einschnitt weiter westlich
bei Russarö wieder sehr markant ist: S am 6. 1. = 5,59Zoo, am 11. 1. = 0,82%o, am 16. 1. = 5,21%o. Man kann
daraus gleichzeitig entnehmen, daß der Salzgehalt im Westen wesentlich höher liegt, daß aber die Senkung unab
hängig davon bei der Eisschmelze zu sehr tiefen Werten in der obersten Schicht führt.
Die angeführten Beispiele sind willkürlich der Statistik eines Winters entnommen. Natürlich schwanken
die absoluten Werte von Jahr zu Jahr und auch je nach der Eismenge, die schmilzt. Die grundsätzlichen Züge
bleiben jedoch die gleichen. Leider waren derartige aufschlußreiche Beobachtungen nicht für alle Teile des Ar
beitsgebietes erreichbar. Eine nennenswerte Senkung des Gefrierpunktes des Seewassers durch die verhältnismäßig
niedrigen S-Werte besteht nicht und kann vernachlässigt werden. Als Minimum sind im offenen Wasser —0,5°
gemessen worden.
V. Die Eisarten, Terminologie.
Über den Eisschlüssel, der den Täglichen Eisberichten der Deutschen Seewarte zugrunde liegt, wurde be
reits an anderer Stelle eingehend gesprochen (vgl. Lit. Nr. 31, S. 11), so daß es sich hier erübrigt, dies noch
einmal zu wiederholen. Auch die finnische Nomenklatur wurde an der gleichen Stelle (1. c.) erwähnt. In der
vorliegenden Arbeit nun sind bei der Zeichnung der Diagramme weniger Eisarten angeführt als in den Original
berichten. Auch in der früheren Arbeit über die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens wurde eine Verein
fachung der Terminologie für die Diagramme benutzt. Die dieser Arbeit beigegebenen Diagramme weisen jedoch
eine andere Legende auf, die sowohl von der der Tägl. Eisberichte wie auch von der früher gebrauchten ab
weicht. Ohne unübersichtlich zu wirken, konnten mehr Bezeichnungen eine Darstellung finden, so daß sie den
tatsächlichen Verhältnissen weit mehr angepaßt sind. Die Diagramme (Legende bei Abb. 13) enthalten: leichtes,
neues Eis — starkes Festeis — leichtes Treibeis — schweres Treibeis, Eistreiben — zusammengeschobenes Eis —
Packeis — schweres Packeis, Eispressungen — Festeis mit Küstenrinne — Schiffahrt geschlossen, Eismeldungen
fehlen. Die Signaturen wurden teilweise geändert, der Übersichtlichkeit wegen, so daß ein direkter Vergleich mit
den Diagrammen des Bottnischen Meerbusens nicht ohne weiteres möglich ist. Bei der Auswahl der Signaturen
kam es außer auf die Klarheit der Darstellung auch auf die zwischen verschiedenen Eisarten bestehenden Zu
sammenhänge an.
Für die dem estnischen Material entstammenden Eisdiagramme 1 mußte entsprechend der nach anderen Ge
sichtspunkten aufgestellten Statistik auch eine andere Legende gewählt werden. Der wesentliche Unterschied gegen
über den anderen Diagrammen besteht darin, daß hier 1. weit weniger Eisarten berücksichtigt wurden (nur Treib*
1 z. B. Hungerburg (Narva—Joesuu) S. 35.