Dr. Joachim Bliithgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens
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I. Einleitung'.
Die Disposition der vorliegenden Untersuchungen schließt sich eng an die der früher veröffentlichten Ar
beit über „Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens“ an. Jedoch bestehen einige Unterschiede. So konnte
für die estnischen Stationen die Einzelbesprechung wesentlich ausführlicher gestaltet werden, da sowohl die Tägl.
Eisberichte der Deutschen Seewarte wie auch die estnischen Eisbeobachtungen Vorlagen. Andererseits war es im
Interesse einer einheitlichen Darstellung der Eisverhältnisse der Ostsee geboten, nicht allzu sehr von dem einmal
eingeschlagenen Wege abzuweichen, da nur dadurch eine klare Schlußsynthese nach Beendigung aller Teilbearbei
tungen ermöglicht wird. Die vorliegende Arbeit ist demnach prinzipiell als eine Fortsetzung der Arbeit über die
Eisverhältnisse des Bottenbusens aufzufassen.
Unter dem umfangreichen Thema sind zwei einheitliche Meeresgebiete zusammengefaßt, nämlich der Fin
nische Meerbusen einerseits und der von ihm fast ganz getrennte Rigaische Meerbusen. Eine Einzelbehandlung
beider hätte den Nachteil gehabt, daß die Arbeit über den Rigabusen aus der Natur des Gebietes ebenso wie aus
der Dürftigkeit des Schrifttums heraus wesentlich kürzer ausgefallen wäre. Fernerhin wäre man auf schwer
wiegende Bedenken gestoßen, wozu das Inselgebiet von Dagö—Ösel zu rechnen wäre. Auf diese Weise ist nun
die letztere, wichtige Frage zugunsten einer Einheitlichkeit des Inselgebietes zwischen den beiden Meeresbuchten
entschieden, und seine Beziehungen zum einen wie zum andern Teil der Ostsee können zwanglos behandelt werden.
Besonderes Gewicht ist auf die allgemeinen Schlüsse gelegt worden, die sich aus dem Vergleich zwischen
den Eisverhältnissen und den meteorologischen Daten ergeben, sowie auf die Wechselbeziehungen zwischen Klima
und Eis und schließlich zwischen den einzelnen Eisgebieten selbst. Auch die wichtige Frage der Konstanz der
Vereisung, die einhergeht mit der gleichen Frage das Klima betreffend, wurde genauer berührt. So ergeben sich
Gesichtspunkte, die eher klimatisch als hydrographisch zu bezeichnen sind, wie überhaupt eine schematische
Trennung dieser beiden Disziplinen, die sich auf diesem Gebiet so eng berühren, unfruchtbar ist, ganz besonders
im Interesse einer räumlich gesehenen, geographischen Darstellung des Stoffes.
II. Das Ausgangsmaterial.
Die Grundlage vorliegender Eisuntersuchungen bildet sehr verschiedenartiges Material. Einmal handelt es
sich um die in den „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie“ regelmäßig veröffentlichten Jahres
übersichten über die Eisverhältnisse in den außerdeutschen Gewässern der Ostsee (Lit. Nr. 46), die zwar nicht
so ausführlich sind wie die „Täglichen Eisberichte der Deutschen Seewarte“ (Lit. Nr. 44), aber doch für die
Grundzüge und für übersichtliche Darstellungen einzelner Fragenkomplexe unentbehrlich sind. Alle Einzelheiten
können nur mit Hilfe der täglichen Eisbeobachtungen untersucht werden, die in den „Tägl. Eisberichten“ zur
Verfügung stehen. Diese, die zusammen mit täglichen Eisübersichtskarten veröffentlicht werden, waren für die
Jahre 1922—1932 das das gesamte Arbeitsgebiet mit Ausnahme des Ladoga Sees umfassende Ausgangsmaterial.
Aus rein äußeren Gründen mußte ich zunächst leider von einer Weiterführung der aus diesen Zahlenwerten ge
wonnenen Eisdiagramme auch für die inzwischen verflossenen fünf Jahre absehen. Dagegen standen mir für den
Zeitraum von 1923/24 bis einschließlich 1934/35 die jährlich erscheinenden “Sea Ice Observations made in