Dr. Joachim Blüthgen: Eisbeobachtungen in der Gävlebucht
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preßte oder ins Wasser saugte. Dieser nur wenige 100 m breite Eisgürtel wurde abgeschlossen nach Osten durch
einen nur zwei Meter breiten Streifen Pfannkucheneis, nach diesem war offenes Wasser, in dem ganz verstreut
nur einige kleine Schneebreibälle schwammen. Die Kante des Eises lag bei 18° 15' ö. L.
Es ergibt sich somit, daß das Eis seit dem 8. März, dem ersten Beobachtungstage (vgl. Karte I), von
Leuchtturm Eggegrund bis zum 15. März (vgl. Karte II) um etwa 40 km seewärts gewachsen war. Das Wachs
tum geschah zum größten Teile durch Bildung von Neueis, dazwischen durch Herandrift schweren Treibeises
von Norden.
Der am 18. März einsetzende schwache Südwind, der zwar nur, wie sich später ergab, ganz vorübergehend
war, hatte bereits zur Folge, daß sich in dem leichten Tellereis östlich des 18. Längengrades große Waken und
Wasserrinnen bildeten: ein Zeichen beginnender Eislösung. Die Wasserrinnen spiegelten sich klar an dem grauen
Nimbushimmel als dunklere Streifen gegenüber dem helleren Eishimmel ab. Aus ihrer Form ergab sich, besser als
durch direkte Fernsicht, daß die Rinne im S breiter war und nach N bald auf hörte. Der Südwind schien nicht
weit nordwärts wirksam zu sein, so daß das Eis eine Schwenkungsbewegung ausführte mit dem Angelpunkt
NNO von Eggegrund (vgl. Karte II). Die Erscheinung zeigte, daß die bisherige Eisperiode ihren Höhepunkt
überschritten hatte. Sonst waren noch keine Anzeichen einer Erleichterung der Eisverhältnisse wahrzunehmen.
— Es war ferner charakteristisch, daß nach Eintreten milderen Wetters (±0°) dichter Nebel eine häufige Er
scheinung war und sich nur selten um wenige Meter hob. Die mildere Luft hatte sich in der Höhe vorgearbeitet
und bei ihrem Aufstoßen auf die ausgedehnte Eisfläche bzw. auf die kalte Luftschicht über dem Eise mußte sich
Nebel bilden. Granquist hat dieses Phänomen als für die Enteisung der nördlichen Bottenwiek, wenigstens
in strengen Eiswintem, wesentlich betrachtet. Im Prinzip handelte es sich hier um das gleiche.
IV. Die Eisbrechertätigkeit
Die Tätigkeit des Eisbrechers verfolgte zweierlei Ziele. Im Bereiche des Festeises galt es, die Fahrrinne
offen zu halten und Dampfer hinauszugeleiten. Sobald sich jedoch vor das Festeis meerwärts Packeis und
Treibeis legt, ist diese Aufgabe kompliziert. Die Arbeit des Offenhaltens der Fahrrinne besorgte der kleine
städtische Hafeneisbrecher von Gävle („Pehr Ennes“, Abb. 30). Durch fortgesetztes Ausfahren mit je nach
Frostlage mehr oder weniger großen Zeitabständen ist diese Aufgabe relativ einfach. Das neugebildete Eis in der
Fahrrinne zwischen den dicht liegenden Trümmereisbrocken darf natürlich nicht zu stark werden. Dadurch tritt
außerdem eine andauernde Vermehrung des die Fahrrinne erfüllenden Eises ein. Da im Festeis eine Verschie
bung der Rinne selbst nicht eintritt, besteht späterhin die Aufgabe darin, das Trümmereis lose zu erhalten bzw.
seitlich zu verdrängen (Abb. 29). Bei vorgelagertem Packeisgürtel geleitet der Hafeneisbrecher die Schiffe bis
zum Rande des Festeises (im engeren Sinne), dort setzt dann die Arbeit des großen Eisbrechers ein.
Das zweite Ziel der Eisbrecherarbeit ist, die Schiffe durch das Packeis zu leiten bis zum offenen Wasser,
bzw. angemeldete Schiffe an der Eiskante abzuholen und in die Festeisrinne zu bringen. Für diese zweite, un
gleich schwierigere Aufgabe stand der Staatseisbrecher „Ymer“ (Abb. 31) (9000 PS Normalleistung) zur Ver
fügung.
„Ymer“ ist mit sechs Dieselmotoren ausgerüstet, die direkt von der Brücke aus elektrisch bedient werden,
ebenso das Ruder. Die Motoren von je 1500 PS verteilen sich paarweise auf zwei Achter- und eine Vorder
schraube. Das Schiff ist mit allen modernen nautischen Hilfsmitteln ausgerüstet, die aufzuzählen den Rahmen
dieser Arbeit überschreiten würde. Charakteristisch und zweckentsprechend ist die über Wasser breite (19 m)
und plumpe Form (Abb. 32), wobei jedoch der Schwerpunkt tief liegt (7 m Tiefgang). Der Eisdruck wird bei
dieser Schiffsform abwärts abgelenkt. Bei Dünung gleichen die Schwankungen des Schiffes im Prinzip der Be
wegung eines „Stehaufmännchens“. Als besonders wichtige Einrichtung sind noch die Kräng- und Trimtanks zu
nennen, die durch wechselseitiges Vollpumpen (200 t) eine einseitige Belastung quer- oder längsschiffs erzeugen.
Die Krängbewegung vollzieht sich sehr allmählich, ihr Effekt ist die Verbreiterung der Fahrrinne. Allen Eis
brechern gemeinsam ist außer ihrer breiten Gestalt ihre große Wendigkeit, die es ihnen ermöglicht, ohne
wesentlichen Distanzverlust sich an einem festgefahrenen Schiffe vorbei vorzusetzen, um durch die Kielwasser
strudel möglichst alles Eis bis zum Bug des festsitzenden Schiffes zu lösen.
Die Methode des Loseisens festgefahrener Schiffe richtet sich ganz nach den Eis- und Wetterverhält
nissen. Bei starkem Seitenwind ist ein Schiff naturgemäß einem großen Druck ausgesetzt, den es auf das in Lee
befindliche Eis überträgt. Der Eisbrecher fährt dann langsam rückwärts in Lee, in wenigen Metern Abstand an