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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums —■ 57. Band, Nr. 9
Schären zwischen Eggegrund und Bönan. Weiter südlich, in der Nähe des Festlandes, lag das Eis breit gepackt
und reichte dort, aufgelöst in Packeisschollen, bis fast vor Bönan (vgl. Karte I). Soweit das Eisausgangs
stadium !
Am 8. März abends nahm der Wind ab, und es klarte auf. Morgens am 9. März herrschte bei —10 Grad
ein schwacher WNW; das Wetter war vollkommen klar, so daß sich die Einstrahlung stark bemerkbar machte:
die Schneedecke war trotz der Luftkälte an der Grenze zu dem darunter liegenden Eise feucht! Mittags zog
Bewölkung auf, und der Wind drehte zurück auf Nord, die Temperatur betrug —7 Grad. Nachmittags traten
die ersten Schneeschauer auf, die mit immer kürzeren Pausen aufeinander folgten. Der Nordwind hatte im
Neueis starke Schiebungen verursacht (Abb. 21, 26), Schnee und Frost ließen das Neueis weiter wachsen. Am
10. März herrschte bei —10 Grad voller Schneesturm aus Nord. Die offenen Wasserstellen und Waken waren
inzwischen mit 5 cm starkem Festeis, milchig-trübes Schnee-Eis, belegt, auf dem der Sturm den Schnee in wind
parallelen Streifen ablagerte. Die noch offenen kleinen Stellen zeigten das Vorwachsen des Schnee-Eises: finger
förmig mit dem Winde, querstreifenförmig an der Gegenkante.
Das Tellereis der vergangenen Tage war inzwischen gepackt (Abb. 16, Tellerpackeis) und fest, weiter
draußen befand sich wieder loses, z. T. zusammengeschobenes Tellereis. In dem leichten Festeis waren Risse,
die wohl durch den Wind entstanden waren, infolge des Schneetreibens als weiße Kanten zu sehen und verliehen
dem Neueis ein Netzmuster.
Am 11, März herrschte wieder voller Schneesturm aus NNO (Stärke 8—9) bei nachts —16 Grad und
mittags —12 Grad. Der Schnee bestand aus dichten, kleinen Kristallen, die jede Sicht auf mehr als 20 m
nahmen, und wechselnd dichten, größeren Flocken. Der Sturm hielt an, und abends herrschte schwerer Schnee
sturm, der erhebliche Schneemassen brachte. Auf dem Eise blieb der Schnee zu langen, schmalen Wehen an
gehäuft im Lee der zahlreichen Packungen liegen. Am folgenden Tage flaute der Sturm etwas ab, und der
Schnee fiel nur mehr in größeren Flocken, so daß die Sicht besser war. “Über Nacht hatten sich einzelne Pack
eiswälle vor Eggegrund gebildet, und gleichzeitig kam östlich von Eggegrund ein breiter Gürtel schweren Treib
packeises (Abb. 12) von Norden, der mit einer scharfen Kante (Abb. 27) an dem festliegenden Tellerpackeis
5 Seemeilen östlich Eggegrund entlanggeschoben war. Abends am 12. 3. setzte erneut starkes Schneetreiben ein,
das jegliche Sicht nahm. Am folgenden Tage (13. März) hielt das Schneetreiben mit geringen Schwankungen
den ganzen Tag über an, die Temperatur lag seit dem Vortage unverändert bei —10 Grad, und der Wind wehte
nach wie vor aus NO mit Stärke 3—4. Am 14. März war es sichtig, —10 Grad und NO 3. Im Laufe des Tages
stieg das Thermometer auf —5 Grad und abends —2 Grad, als erneut dichtes Schneetreiben aus Ost (Stärke
6—7) einsetzte. Am 15. März war der Wind auf Ost 3—4, es war +1 Grad und dichter Nebel. Mittags sank
das Thermometer auf den Nullpunkt, es schneite den ganzen Tag. Auch am 17. März geschah keine Wärmeände
rung, aber leichter Nordwind wehte (bei Eggegrund Stärke 4—5); es schneite leicht. Gegen Abend trat dichter
Nebel auf bei abflauendem Nord; die Temperatur blieb jedoch bei 0 Grad.
Der Eiszustand zu dieser Zeit hatte seinen Höhepunkt erreicht. Durch Schnee und Frost war das Eis
bis vor Eggegrund stark verfestigt, aber nicht mehr verschoben. Erst fünf Seemeilen vor Eggegrund trat die
Verschiebungskante auf. An dem festliegenden Eise hatte sich schweres Treibpackeis, das aus „unfertigem“
Packeise bestand, als Ganzes südwärts geschoben. Waken und loses Trümmereis zeugten davon, daß es erst
vor kurzem zur Ruhe gekommen sein konnte. Spuren beginnender Verfestigung traten erst späterhin auf. In
dem schweren Treibeise befanden sich größere Schollen scheinbar ebenen Eises (Abb. 24). Beim Bruch war
jedoch sein Aufbau aus mehreren gepackten, aber flach gelagerten Schichten erkennbar. Die Fahrrinne einer
Rekognoszierungsfahrt vom Vortage war an der erwähnten Verschiebungskante nicht seitlich versetzt, ein
Zeichen, daß das vorgelagerte Eis zur Ruhe gekommen war. Nach 1 bis 2 Seemeilen ging dieses schwere Treib
eis über in zusammengeschobenes Tellereis mit einem Netz von kleineren Eiswällen (Abb. 18) in verschiedenen
Richtungen. Diese Wälle waren z. T. noch im Entstehen begriffen: es bandelte sich vielfach um Schubkanten,
die fingerförmig ineinandergriffen und abwechselnd nach dieser und jener Seite überschoben waren. Die Stärke
des Eises schien hier geringer zu sein. Ostwärts ging das Eis in Tellerschubeis über mit einem dichten Gitter
netz von Schubflächen (Abb. 20). Es nahm an Stärke zu und bereitete erhebliche Schwierigkeiten; hier ge
rieten etliche Dampfer in der Rinne fest (bei 18°05' ö. L.). Weiter ostwärts wurden die Schubflächen und -linien
seltener und weniger ausgeprägt (sie verliefen NW—SO). Es folgte zusammengefrorenes graues, weißgerändertes
Tellereis, in dem hin und wieder einzelne Schubstreifen auftraten, die sich sofort durch ihre weiße Farbe infolge
der wenn auch geringen Erhebung auszeichneten. Dieses Eis ging in loses Tellereis über, das zwischen den
Schubstreifen offene Waken aufwies. Die Schubstreifen hörten bei 18°15' auf, und nun traten noch einzelne
Teller mit zähem, grauem, an der Luft weißem Schneebrei dazwischen auf (Abb. 11). Durch die Bewegung
wurde dieser lose Brei zum „Changieren“ gebracht, je nachdem, ob die Wellenbewegung den Brei an die Luft