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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 57. Bd., Nr. 5
Bei jedem derartigen Instrument, das Vertikalwinde durch eine um die Horizontalachse
drehbare Fahne erfassen will, müssen notwendigerweise sämtliche Formen von Niederschlägen
einen unzulässigen Einfluß ausüben. Schnee, Hagel und großtropfiger Schauerregen drücken
natürlich heftiger als Sprühregen auf den hinteren Teil der Fahne und deuten somit einen
„Abwind“ an, der in Wirklichkeit überhaupt nicht vorhanden ist. Zu Zeiten von Nieder
schlägen ist also die Vertikalfahne nicht verwendbar und ebensowenig auch die Anzeige der
Windgeschwindigkeit. Wie schon erwähnt, ist das genormte Prandtische Staurohr noch bei
einer Abweichung von ±10° von der wahren Windrichtung genügend genau in der Angabe
der Drucke und damit der Windgeschwindigkeit. Wenn aber, wie es meistens der Fall ist,
die Vertikalfahne durch Niederschläge in ihrem hinteren Teil nach unten gedrückt wird, wo
mit dann der vordere Teil mit dem Staurohr nach oben zeigt, also bis zu 60° von der
Horizontalen nach oben geneigt ist, weicht damit das Staurohr weit über 10° von der wahren
Windrichtung ab. Denn im allgemeinen ist ja bei Niederschlägen mit einer gleichzeitigen
Aufwärtskomponente des Windes, also einer Abwärtsneigung des Staurohres zu rechnen.
Die die Fahne im Gelände des Schießplatjes Kummersdorf stehen sollte, um von Berlin
aus Gelegenheit zur Kontrolle zu haben, so war bei der Wahl des Aufstellungsortes auf die
dort vordringlichen Schießarbeiten Rücksicht zu nehmen. Es kam so nur dieses obenerwähnte
Eisengerüst in Frage. Von dem Plat} der Bedienungsmannschaft liegt dieses Gerüst aber
annähernd 3 km entfernt, so daß eine dauernde Kontrolle nicht möglich war. Das war ein
Grund für die Wahl des Viertageuhrwerks der Registriertrommel, da ein häufigerer Besuch
aus dienstlichen Gründen nicht angängig war. Erst in neuerer Zeit ist ein zeitweiliger Ge
brauch des Zwölfstundenuhrwerks möglich gewesen. Es ist nur natürlich, daß eine so langsam
laufende Trommel, wie die des Viertageuhrwerkes, die Auswertung der Registrierung erheb
lich erschwert und ungenau werden läßt. Die richtige Wahl der Umlaufsgeschwindigkeit ist
überhaupt außerordentlich schwer; es ist nur durch Versuche möglich, eine annähernd richtige
Umlaufszeit herauszuprobieren. Für eine wirklich exakte Auswertung ist nötig, daß jede
Schwingung der Fahne wirklich einzeln sichtbar auf gezeichnet wird, ohne von zeitlich anderen
Schwingungen überlagert zu sein. Es hat sich bisher ergeben, daß selbst das Zwölfstunden
uhrwerk mit einer Geschwindigkeit von etwa 4,6 cm je Stunde noch zu langsam läuft, um
obige Bedingungen zu erfüllen. M. Robitysch (6) berichtet von Geschwindigkeiten, die im
gewöhnlichen Betriebe 6 cm pro Stunde betragen; für Detailuntersuchungen verzehnfachte
sich diese Geschwindigkeit.
Das Ergebnis der Registrierung ist ein fortlaufender Kurvenzug mit einem Maximum,
Minimum und einem Mittelwert für jede Schwingung. Für längere Zeiträume lassen sich
die einzelnen Werte der Maxima, Minima und Mittelwerte verbinden. Diese so erhaltenen
Kurvenzüge haben bei Windmessungen das Hauptinteresse zu beanspruchen; ob es sich dabei
um Geschwindigkeit oder Richtung handelt, ist unerheblich. Während die Anzeige der
Horizontalrichtung sich ohne weiteres auf alle Richtungen erstrecken kann, hat die Geschwin
digkeitsregistrierung eine Grenze bei einer Anzeige bei 40 m/sec., die praktisch aber kaum jemals
erreicht werden dürfte. Die Neigung gegen die Horizontale ist bei dieser Konstruktion bei
+ und — 60° durch einen Anschlag begrenzt, bei der Erstausführung sogar bei + und — 45°.
Dieser auf gezeichnete Kurvenzug stellt also keine freie Schwingung dar, sobald die Fahne