Erich Goedecke: Beiträge zur Hydrographie der südlichen Nordsee
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flächenbeobachtungen für Temperatur und Salzgehalt ermöglichten die Feststellung der an dieser Konvergenz
vorhandenen linksgerichteten Wirbel. Auf der Salzgehaltskarte kann man sie bis zu vier nebeneinander in nörd
licher Richtung liegend angeben. Diese Wirbel sind wahrscheinlich viel stärker ausgebildet als die an der Kon
vergenz des Hoofdenwassers mit dem der Deutschen Bucht. Sie sind sozusagen Teilwirbel des großen links
gerichteten Deutschen-Bucht-Wirbels. Im großen und ganzen paßt sich das Eindringen des salzreicheren Wassers
in die innere Deutsche Bucht der trichterförmigen Ausgestaltung des Bodenreliefs derselben an.
Im Nordwesten, im Gebiet der Doggerhank, haben wir es mit nach Süden vordringendem Wasser mit
nahezu einheitlichem Salzgehalt zu tun (34,75% 0 und mehr). Die Zunahme des Salzgehaltes nach Norden geht
¡¡anz allmählich vonstatten.
Zwischen diesem Wasser und dem aus dem Hoofdengebiet stammenden hatte sich während der Unter
suchungsfahrt wahrscheinlich eine andere Wasserart mit etwas geringerem Salzgehalt als 34,50%o und vor allem
niedrigerer Temperatur als die sie umgebenden Wasserarten eingeschoben. Ein langgestrecktes, schmales Band
niedrigen Salzgehaltes reicht von Smith’s Knoll-F.-Sch. nach Norden durch das ganze Untersuchungsgebiet hin
durch. Dieses schmale Band zeichnete sich auch in den Temperaturregistrierungen aus (siehe Figuren 40a
und c). In den beiden schon oben erwähnten Thermogrammen sehen wir zwischen den Stationen 19 und 20
einerseits und zwischen den Stationen 12 und 12b andererseits eine auffallende Abnahme der Temperatur um
fast 2'/2° C bzw. 1° C. Dicht vor der Station 12b ist dann ein scharfer Sprung nach oben im Temperaturverlauf
zu erkennen. Die langsame Abnahme der Temperatur, im Registrierstreifen muldenförmig ausgebildet, zeigt
uns das oben aufgezeichnete Gebiet mit geringerem Salzgehalt an, und die plötzliche Zunahme und die
bauchige Ausgestaltung des Temperaturverlaufes im Streifen das Hoofdenwasser. Es ist nun die Frage zu lösen:
„Zeichnet sich dieses Gebiet auch in biologischer Hinsicht vor denen mit anderen Wasserarten aus und wo ist
der Ursprung dieser Wassermasse zu suchen, oder ist es, wie aus den Ergebnissen der in demselben Gebiet und
zu gleicher Zeit angestellten Nährstoff Untersuchungen zu entnehmen ist, nur ein ,Rest’-Misch wasser der südlichen
Nordsee, das sich in keiner Hinsicht irgendwie hervorhebtVon hydrographischer Seite ist folgendes hierzu zu
sagen: Nach den Arbeiten von Böhnecke (11) und Tait (12) werden die Wassermassen der Nordsee von drei in
erster Linie durch Einwirkung der atmosphärischen Strömungen auf die Meeresoberfläche bedingten Aktions
zentren in Bewegung gehalten, erstens durch den Einstrom des sehr salzhaltigen Wassers aus dem englischen
Kanal, zweitens durch den in breiter Front von Norden einsetzenden Strom aus dem Nordatlantik und drittens
durch den Abfluß der kontinentalen Wassermassen. Die durch sie verursachten Bewegungen der Nordseewasser
massen werden nur durch den jeweils über diesem Gebiet vorherrschenden Wind modifiziert, was sich auch
mehr oder weniger in der Lage der Isohaiinen und Isodensen zueinander ausprägt. Betrachten wir die dar
gestellte Salzgehaltsverteilung in Figur 38 als Ganzes, so stellen wir fest, daß die Isolinien sehr unruhig ver
laufen. Das deutet darauf hin, daß während der Untersuchungsfahrt eine starke Durchdringung der sich ver
schieden bewegenden Wasserarten stattgefunden hat. Sämtliche Windrichtungen sind beobachtet worden für
mittlere Stärke; steife und böige Winde kamen vorwiegend aus zwei entgegengesetzten Richtungen, entweder
aus NW und NNW oder aus SE. Außerdem ist festzustellen, daß, wie auch im Januar 1935 beobachtet wurde,
der Einstrom des salzhaltigen und zu dieser Zeit relativ sehr warmen Kanalwassers sehr weit nach Norden vor
gedrungen ist, wie man beim Vergleich mit den von der Internationalen Kommission für Meeresforschung
herausgegebenen Monatskarten für Temperatur und Salzgehalt (13) sieht. Dasselbe ist auch bei Berücksichti
gung der bisherigen Arbeiten der Deutschen Seewarte (14), derjenigen von van Riel (15) und neuerdings von
Lumby (16) festzustellen. Dies alles zusammen betrachtet läßt auf eine starke Zirkulation der Wassermassen
in dem untersuchten Gebiet schließen. Nun zur Antwort auf die oben gestellte Frage. Vor Antritt und während
der ersten Tage der Untersuchungsfahrt herrschten steife Winde aus südwestlichen Richtungen vor (17), und
es ist nicht ausgeschlossen, daß eine erhebliche Wasserversetzung von der englischen Küste weg stattgefunden
hat. Diese W asserbewegung nach NE und E ist wahrscheinlich weiterhin durch den hier stets anzutreffenden
und bisher in allen Untersuchungen nachgewiesenen starken Doggerbankwirbel begünstigt worden (siehe
Figur 41). Dieser Wirbel und der Kanaleinstrom zusammen haben vermutlich diese schmale Zunge geringeren
Salzgehaltes verursacht. Daß sich derartige Zungen herausbilden können, wahrscheinlich auch nur zu dieser
Jahreszeit, wird durch das Ergebnis einer Untersuchung von Lumby und Atkinson im Jahre 1929 gestützt (18).
Die Karte 8 auf Seite 321 ihrer Arbeit ist auf Grund der Ergebnisse einer englischen Untersuchungsfahrt, die
zur Aufgabe hatte, das Fischsterben zu jener Zeit in diesem Gebiet festzustellen, gewonnen worden. Auch
hier hatte sich eine Zunge geringeren Salzgehaltes von der englischen Küste weg in nordöstlicher Richtung
herausgebildet zwischen 52°30'- und 55°-Nordbreite. An der Nordseite dieser Zunge sieht man deutlich, wie
der westliche Teil des Doggerbankwirbels nach Süden setzt. Eine derartige Wasserbewegung ist auch in der