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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 56. Band, Nr. 3
monnikoog. Von der Boschplaat bis einschließlich Borkum fehlen sie. Von den weiter östlich gelegenen Inseln
ist es nicht unwahrscheinlich, daß auch auf Spiekeroog Urdünenfelder zu finden sind. Im allgemeinen sind es
Inseln mit kräftiger Entwicklung des Ostflügels, mit der die Ausdehnung des Inselkerns nicht Schritt gehalten hat.
Manche Inseln, auf denen sie zu erwarten wären, sind durch den Eingriff des Menschen umgewandelt worden.
Auf Terschelling schreitet die Anlage künstlicher Dünen, die der herrschenden Tendenz des natürlichen Dünen
aufbaues folgt, rasch ostwärts und hat die Breite des Zufluchtshauses für Schiffbrüchige fast erreicht. Nur Schier-
monnikoog, das als Vogelschutzgebiet zugleich Naturschutzgebiet ist, wird, unberührt auch in seinem Inselkem,
noch auf lange Sicht Urdünenfelder tragen. Ihr Gebiet sei als erstes beschrieben.
Die Frage nach der Geschichte der Formentwicklung auf der SchiermonnikoogerOststrand-
fläche ist nicht leicht zu beantworten. Die beschwerliche Zugänglichkeit des Gebietes hat Besucher meistens
ferngehalten. So findet sich leider kaum eine Zeile darüber 15 ; zu umfassender Vermessung und Kartierung der
Dünenfelder hat es nie verlocken können. Die Dünenfelder müssen jedoch noch sehr jung sein, da ihr heutiges
Lagegebiet wahrscheinlich erst im 18., z. T. sogar erst im 19. Jahrhundert entstanden ist. Auf der für Sonder
fragen ältest benutzbaren Karte des Landmessers L. den Berger, der im Aufträge des Innenministers die
Insel im Jahre 1809 vermaß und kartierte, liegt der östlichste Fuß der Dünen des Inselkemes dort, wo heute der
Deich mit den Kooiduinen zusammenstößt. Ostwärts ist nur kahler Strand eingezeichnet. Die Annahme, er habe
sich bei seinen Aufnahmen auf den Inselkern beschränkt, der der Verwaltung in damaliger Zeit allein wichtig
erschienen wäre, wird durch die Tatsache hinfällig, daß auf den im selben Jahr vom Innenministerium heraus
gegebenen Karten der anderen holländischen Inseln Vordünen- und Urdünenfelder angegeben sind, wie etwa die
besser verfolgbaren Anfänge des Nieuwlandsrijds auf Ameland oder einzelne Vordünen vor dem Inselkern Schier-
monnikoogs. Methode der Darstellung, Signaturen, alles Grundsätzliche der von verschiedenen Landmessern auf
genommenen Karten sind völlig einheitlich. Die Landmesser sind zweifellos genau instruiert worden, was sie als
Dünen einzutragen hatten. Es kann darum als sicher gelten, daß um 1809 ein etwa bereits angelegtes flaches
Urdünenfeld der Bevölkerung und dem aufnehmenden Landmesser noch nicht als Dünen erschien. Das geschieht
in der Regel erst, wenn das Helmstadium erreicht ist, das die Dünen schon weit über den Strand sichtbar macht.
Auch die Aufnahme des Landmessers Seidel vom Jahre 1832 und die 1854 aufgenommene Karte 1 : 50 000, in der
bereits die Kobbeduinen, ein älteres, wieder zerstörtes Urdünenfeld, verzeichnet sind, auf das später noch zurück
zukommen sein wird, zeigen ostwärts Pfahl XV kahlen Strand. Erst auf der Karte 1 : 200 000, herausgegeben im
Jahre 1924, finden sich zwei größere, von einem breiten Gat getrennte Dünenschilde südöstlich der Pfähle XII
und XIII. Auf der Karte 1 : 25 000, Ausgabe 1930, die den Zustand bis 1927 zeigt, sind es drei kleinere Schilde,
getrennt von einem Gat südöstlich Pfahl XIII und einem Gat nordwestlich Pfahl XHIa. Anfang Oktober 1932
und Anfang Juni 1933 besuchte ich das Gebiet. Bei dem zweiten Besuch nahm ich die gesamte Strandfläche des
Ostflügels, darunter auch das Urdünengebiet, mit Hilfe eines Peilkompasses auf. Breitenprofile im Abstand von
je 500 m zwischen Strand und Watt, Längsprofile und die Gatbreiten wurden abgegangen und nach dem Maß
beständig überprüfter Doppelschritte berechnet. Wenn diese rohe Aufnahme des unübersichtlichen Geländes nicht
Anspruch auf peinliche Genauigkeit machen kann, so ist sie doch in den großen Zügen zutreffend und kann
späteren Untersuchungen zum Vergleich dienen. (Karte 2, Tafel 2* *.) Auf die Einzeichnung kleinerer, oft blind
verlaufener Gaten wurde dabei verzichtet.
Auf der fast drei Kilometer langen Strecke zwischen den Pfahlreihen XV—XVa und XIV—XIVb hat sich
ein Urdünenfeld gebildet. Es wird im S vom Wasser etwa auf der Pfahlreihe XVa—XIVb angeschnitten und
begrenzt. Wir wollen es nach seinem höchsten Teil im O, der Willemsduin, deren Benennung bereits auf ihre
Wahrnehmbarkeit seit einiger Zeit weist, die Willemsduinen nennen. Nach N haben sie sich in den letzten sturm
flutarmen Jahren mit ihren Vorposten außerordentlich weit vorschieben können bis zu einer konvex gebogenen
Linie, die etwa vom Pfahl XV bis zum Pfahl XIV verläuft. Vor dem Nordfuß ist bisher weder eine Rinne aus
gebildet worden, noch ist der Nordfuß vom Wasser deutlich angeschnitten und in der Formung beeinflußt. Die
vorhandene Abrundung geht allein auf die Wirkung des W indes zurück. Die Willemsduinen sind in einem breiten
Bogen flach hingelagert und in einzelne, von W nach O an Größe und Höhe zunehmende Dünenschilde gegliedert,
die von durchlaufenden Gaten getrennt werden. Die Gaten trennen aber nur räumlich, nicht die gemeinsam ver
laufende Entwicklung, die keinem der Einzelschilde eine individuelle, sondern nur eine nach der Lage im Gesamt
feld gesonderte Rolle zuweist. Den weitaus größten Teil dieser Dünenschilde nehmen Triticumdünen ein, die in
leichten, flachen Wellen lokaler Aufschüttung flächenhaft zu den höheren Helmdünen des südlichen Drittels der
Willemsduinen ansteigen. Im W r nimmt der Helm (Ammoph. ar.) ein Gebiet von etwa 100 m Breite ein, das 1,5 m
nicht übersteigt. Es verbreitert sich nach O bei der eigentlichen WÜllemsduin bis zu 200 m und steigt etwa von
200 m westlich Pfahl XHIa bis zur Willemsduin auf drei Meter an (hier herrscht Ammoph. halt., daneben
Ammoph. ar. und Elymus arenarius vor). Während die Helmzone im W noch unzerrissen und gleichmäßig aus
gebildet ist und damit zeigt, daß hier der Helm erst seit kurzer Zeit ein Triticumfeld erobert hat, ist das höhere
Helmgebiet im O schon sehr angegriffen und teilweise in Kupsten aufgelöst. Es handelt sich also um einen
älteren Kern der Willemsduinen, die sich in neuester Zeit stark nach W und N ausdehnen konnten. Ein junger,
15 H. Blink : Nr. 21, S. 400, sagt: „Der östliche Teil der Insel ist nichts als eine Sandfläche, der .Oosterstrand’, worauf
einige .Stuifduinen’ liegen, die jedoch keineswegs standfest sind“.
* Im folgenden ist an Stelle des Wortes „Tafel“ stets die Abkürzung T. getreten.