7
Käthe Ulrich: Die Morphologie des Roten Kliffs auf Sylt
lieh von Westerland am Kliffrand. In der Mitte des Buhnenfeldes 19/20 weicht die Dünenkette bis zu 75 m von
der Kliffkante nach Osten aus und erreicht sie erst wieder in der Reihe niedriger Dünenreste vor der Heidefläche
südlich von Kliffende.
Damit entsteht oberhalb des Kliffs eine allseitig begrenzte, nahezu ebene Fläche von fast 2,5 km Länge und
bis zu 75 m Breite. Der sie nach Norden, Süden und Osten begrenzende Dünenrand ist vom Winde ähnlich steil
angeschnitten wie das Kliff vom Meere. Er wandert wie dieses nach Osten, und von der Verschiedenheit der Zer
störungsgeschwindigkeit der beiden Kliffs hängt unmittelbar die Breite der zwischen ihnen liegenden Fläche ab.
Diese Fläche ist eine Korrasionsterrasse, sie verdankt ihre rezente Entstehung der Ausblasung der Dünenzone. Die
Terrasse ist in großen Teilen völlig kahl. An einzelnen Stellen (gehäuft in der Höhe der Buhnen 30 bis 32) ist
sie bedeckt mit einzelnen niedrigen Dünenresten und winzigen runden bis ovalen Sandhäufchen mit Psamma
arenaria-Vegetation. Diese Häufchen bezeichnet R e i n k e 1 als Psamma-Neubildungen. (Ich neige mehr dazu, sie
als Reste eines alten Dünentales aufzufassen, dessen Höhe nur wenig mehr betragen hat als die Höhe der alten
diluvialen Oberfläche.
Vor dem Roten Kliff liegt ein relativ schmaler Vorstrand. Seine durchschnittliche Breite beträgt bei mitt
lerem Hochwasser und normaler Sandhöhe 60 bis 70 m. Der Strand ist durch die Eisenbuhnen in einzelne Felder
von ungefähr 170 m Länge unterteilt.
Strand, Kliff, obere Terrasse und Dünen sind die Formelemente der Küstenzone am Roten Kliff. Bei An
nahme der Durchschnittsmaße ergibt sich ein schematisches Profil der Küste, wie Abb. 1 zeigt.
III. Geologie und Petrographie
Der durch Abbruch sich immer wieder erneuernde Kliffhang bietet zeitweilig (nach verheerenden Sturm
fluten) das Bild eines geologischen Aufschlusses von seltener Großartigkeit. Über jungtertiären, in den oberen
Lagen altdiluvialen, geschichteten Sanden liegt die völlig ungeschichtete Grundmoräne der norddeutschen Haupt
vereisung. In den höheren Kliff teilen — etwa von Buhne 28 bis 37 —- ist die Moräne im Anschnitt mächtiger als
die darunter liegenden Sande. Weiter südlich kehrt sich das Verhältnis um.
Die genauere zeitliche Festlegung der einzelnen Horizonte hat große Schwierigkeiten gemacht und ist auch
heute noch nicht ganz sichergestellt. Im Wesentlichen gelten die von S t o 11 e y 5 und W o 1 f f 6 aufgestellten
Profile.
Ein geologisches Längsprofil des Kliffs ist in Abbildung 2 dargestellt. In einigen Teilen fehlten die Nester
geschichteter Sande zwischen dem Decksand und dem Geschiebelehm und die Zone der äolisch geschichteten
Sande.
Morphologisch bedeutsam ist für das Kliff in erster Linie die Beschaffenheit der beiden mächtigsten
Schichten des Profils: der Moräne und der kreuzgeschichteten Sande darunter. Es ist üblich, für diese Sande den
Namen Kaolinsand zu gebrauchen, obwohl es sich um nahezu bindemittelfreien, fast reinen Quarzsand handelt,
der ja auch nach S t o 11 e y in den oberen Lagen nicht als tertiäres, sondern als diluviales Schmelzwassersedi
ment anzusehen ist. Ich benutze im folgenden den Ausdruck „Kaolinsand“ oder „untere Sande“ für den ge
samten Sandkomplex unterhalb der Moräne.
In der nördlichen Hälfte des Kliffs hat die Moräne den weitaus überwiegenden Anteil am Hangprofil. Ihre
Mächtigkeit beträgt in den höchsten Teilen des Kliffs (Buhnen 34 bis 36) zwischen 4/5 und 9/10 des Kliffhangs.
Der Kaolinsand steht dort nur bis zu höchstens 4 m über dem Strand an, so daß die Moräne in dem Gebiet über
20 m Mächtigkeit hat. Weiter nördlich nimmt ihre Mächtigkeit jedoch rasch ab. Nach einer großartigen Schleifen-
4 J. R e i n k e , a. a. O.
6 E. Stolley, Geol. Mitt. v. d. Insel Sylt, Teil III, 1901. Quartär u. Tertiär auf Sylt. Neues Jahrb. f. Min. 1912.
8 W. W o 1 f f, Geolog. Beobachtungen a. Sylt nach der Dezember-Flut 1909. Zeitschr. d. Geol. Ges. Berlin. 1910. — Die
Entstehung der Insel Sylt. Hamburg 1928.