Hans Neuberger, Beiträge zur Untersuchung des atmosphärischen Reinheitsgrades
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Auch Gg. J enr i ch (23) und J. Aitken (2) fanden trotz gleichzeitiger Zunahme der Kernzahl einen eicht-
erhöhenden Einfluß des Sonnenscheins 13 14 . Ähnlich auch K. Bender (4, S. 36). Hiermit in bester Überein
stimmung sind die Sylter Ergebnisse (Tabelle 8). Zur Untersuchung dieses Zusammenhangs wurde für jede Be
obachtung bei Sonnenschein eine solche bei bedecktem Himmel 60 ausgesucht, daß in beiden Fällen Kernzahl
und relative Feuchtigkeit gleich waren. Wenn hierdurch auch sicher nicht alle wirksamen meteorologischen
Faktoren erfaßt bzw. gleich waren, so ist bei der Augenfälligkeit des Ergebnisses an dessen Realität nicht zu
zweifeln. Für Pseudosee- und Landwind konnte mangels ausreichender Beobachtungsanzahl die entsprechende
Untersuchung nicht durchgeführt werden, auch wäre — wie später gezeigt wird — hier wegen der wesentlichen
Unabhängigkeit der Sicht von der Kemzahl die Entscheidung über die Ähnlichkeit der Fälle zu unvollkommen
gewesen.
Tabelle 8.
Mittlere (je 19 Fälle) Werte der
Sichtweite
Kernzahl
rel. Feuchtigkeit
Bedeckter Himmel . . .
. . 27 km
1150
78%
Sonnenschein
1160
76%
Nur in einem einzigen Fall betrug die Sichtweite c. p. bei Sonnenschein 12 km, während eie bei bedeck
tem Himmel 23 km betrug; sonst aber war die Sicht bei Sonnenschein um einen erheblichen Betrag größer, im
Mittel doppelt so groß als bei bedecktem Himmel. Eine Abhängigkeit dieses Ergebnisses von der Tageszeit, wie
sie von A. Peppier (45, S. 112) gefunden wurde, konnte hier nicht festgestellt werden. Der Sonnenstand
scheint also bei Vermeidung von direkter Blendung ohne Einfluß auf die Sicht zu sein. Auch das zuerst von
A. Wigand (Lit. s. 69) konstatierte, später von K. Stoye (60) bestätigte Sichtminimum unter der Sonne
konnte auf Sylt niemals gefunden werden (vgl. 35). Zur Erklärung obigen Ergebnisses läßt sich — Konstanz
der hauptsächlich wirksamen Faktoren mit Ausnahme der Bewölkung vorausgesetzt — folgendes sagen: Bei
heiterem Wetter war der Zielhintergrund entweder wolkenfrei oder aber mit hohen, dünnen („weißen“)
Wolken besetzt; bei bedecktem Himmel bildeten hauptsächlich niedrige und rel. dichte („graue“) Wolken den
Horizont. Aus Figur 3, in der nur die Achse der Sehstrahlpyramide AE eingezeichnet ist, ist ohne weiteres er
sichtlich, daß der Kontrast zwischen der Helligkeit der Luftstrecke AB (scheinbare Flächenhelle des schwarzen
Ziels) und der Helligkeit der Luftstrecke AC (Teil der Flächenhelle des Horizonts) immer gleichbleibt, abge
sehen von eventuellen Inhomogenitäten des Oberlichts, die sich offenbar durch die Verwendung von Zielen in ver
schiedenen Richtungen genügend ausgleichen. Im Falle bedeckten Himmels kommt zum Anteil AC der Hori
zonthelle noch die Helligkeit der Wolkenbasis in C. Statt dieses Zusatzes wirkt bei heiterem Wetter das Luft
licht auf der Strecke CD, außerdem die Helligkeit der Wolkenbasis in D (hohe Bewölkung als Hintergrund) oder
die der Luftstrecke DE. Bei heiterem Wetter mit Sonnenschein ist also der Kontrast und damit die Sichtweite
immer größer als bei bedecktem Himmel (unter Berücksichtigung der Voraussetzung 11 ). Bei Zielen mit festem
Hintergrund — etwa hellem Gebäude vor dunklem Wald — kann natürlich ein sichterhöhender Einfluß des
Sonnenscheins wegen der Konstanz der in Frage kommenden Luftstrecken nicht wirksam werden, man wird im
Gegenteil bei der Beleuchtung des Luftplanktons (im Sinne L. Webers [67]) durch die Sonne eine relativ
stärkere Aufhellung des dunklen Feldes und damit eine Kontrastvermindernng erwarten können.
h) Windstärke und mittlere Sichtweite.
Zur Untersuchung dieser Beziehung wurden die Mittelwerte der Sichtweite getrennt nach den drei charak
teristischen Windarten unter Ausschluß der Beobachtungen bei Sonnenschein gebildet (die Windstärken ge
schätzt nach der Beaufort-Skala). Man ersieht aus Tabelle 9, daß die Sichtweite in keinem eindeutigen Zu
sammenhang mit der Windstärke steht, auch nicht für Landwind, obwohl für diesen eine starke Abnahme der
Kernzahl mit zunehmender Windstärke gefunden wurde. Es ergibt sich schon hieraus, daß für Landwind eine
merkliche Unabhängigkeit der Sichtweite von der Kernzahl besteht (vgl. 45, S. 107; 52).
Tabelle 9.
Wind- Mittlere Sichtweite (in km) in
stärke
Seewind
Pseudo
seewind
Landwind
Ins
gesamt
0 bis 2
25 (10)
54 (7)
22 (3)
35 (20)
3 „ 4
35 (27)
31 (6)
31 (6)
34 (39)
5 „ 6
21 (29)
34 (7)
23 (7)
23 (43)
7 ,, 9
30 (16)
39 (1)
—
30 (17)
13 Vgl. dagegen (73, S. 44 f.)
14 s. oben.