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Hans Neuberger, Beiträge zur Untersuchung des atmosphärischen Reinheitsgrades
c) Seegang und mittlere Kernzahl.
Schon aus obigem Vergleich zwischen der See- und der Landwindkurve ließ sich der Einfluß des See
ganges herausschälen. Doch sei er hier noch einmal speziell untersucht, da Seegang und vor allem Brandung
nicht immer der am Beobachtungsplatz z. Zt. der Messung herrschenden Windstärke zu entsprechen brauchen.
Der Seegang war jeweils nach einer dreistufigen Skala geschätzt worden:
I ruhig bis leicht bewegt (etwa 0, 1, 2 der üblichen Seegang-Skala),
II mäßig (etwa 3, 4, 5 der üblichen Seegang-Skala),
III grob bis schwer (etwa 6, 7, 8 der üblichen Skala).
Die Mittelbildung der Kernzahlen wurde nur für Beobachtungen mit reinem Seewind durchgeführt; für
Pseudoseewind war eine entsprechende Untersuchung wegen zu schlechter Verteilung der Beobachtungen auf die
einzelnen Stufen nicht möglich. Wiederum wurde auch das von V. F. Hess (21) auf Helgoland gewonnene
Material unter Verwendung obiger Zuordnungen gemittelt.
Tabelle 5.
Stufen d. Mittlere Kernzahl bei Seewind auf
Seegangs Sylt Helgoland) Hess)
I 1100 (65) 2800 (4)
II 1150 (25) 3200 (8)
III 1350 (17) —
Die Tabelle 5 zeigt einen nur geringen Anstieg der mittleren Kernzahl mit zunehmendem Seegang, der
jedoch deshalb nicht ganz ohne Bedeutung ist, da ja der gleichzeitig, aber entgegengesetzt wirkende Einfluß der
Windstärke mit darinsteckt. Die aus dem Hessschen Material gewonnenen Werte zeigen ebenfalls bei dieser
groben Einteilung einen Anstieg der Kemzahl. Jedoch beträgt diese für Seegang 3 der üblichen Skala im
Mittel 3700 (5), für Seegang 4 im Mittel 2500 (3); die höheren Seegang-Grade 5 und 6 sind dort nur bei Land
wind mit den beiden Kernzahlen 6300 und 4300 vertreten. Der Einfluß des Seegangs auf die Kemzahl läßt
sich also kaum mehr feststellen.
Zusammenfassend kann man jedenfalls sagen, daß schon in einer Höhe von 25 m über dem Meeresspiegel
die entgegengesetzten Wirkungen von Windstärke (Turbulenz) und Seegang (Spritzwasser) sich merklich kom
pensieren. Demnach empfiehlt es sich bei Kernzählungen auf See und an der Küste den Standort möglichst hoch
zu legen, wenn nicht der Seegang-Einfluß speziell, sondern nur eine Übersicht über ungestörten Kerngehalt ge
wonnen werden soll.
d) Luftfeuchtigkeit und mittlere Kernzahl.
A. Wigand (68) fand oberhalb der untersten Luftschicht eine Gegenläufigkeit von Kernzahl und rel.
Feuchtigkeit, die von ihm damit erklärt wurde, daß in feuchter Luftschicht die Kerne anwachsen und dadurch
zum Absinken gebracht werden. G. R. Wait (64) gelangte teilweise zu einer ähnlichen Beziehung, aber mit
wesentlichen Ausnahmen. — Das Sylter Beobachtungsmaterial wurde auf eine Beziehung zwischen mittlerer
Kernzahl und sowohl relativer als auch absoluter Feuchtigkeit hin untersucht. Wegen des seltenen Vorkommens
relativ niedriger Feuchtigkeit mußten in der ersten Stufe alle Werte zwischen 50% und 70% zusammengefaßt
werden. Wie aus Tabelle 6 hervorgeht, besteht für See- und Pseudoseewind kein eindeutiger Zusammenhang
zwischen den genannten Faktoren, wohl aber scheint für Landwind eine Tendenz im obigen Sinne vorzuliegen,
wenn man diesen Mittelwerten wegen der geringen Anzahl bzw. schlechten Verteilung der Einzelbeobachtungen
überhaupt Bedeutung beimessen will. Dazu kommt, daß die hohen Feuchtigkeitswerte in Landwind hauptsäch
lich mit größeren Windstärken verbunden sind, so daß anzunehmen ist, daß die angedeutete Abnahme der
mittleren Kernzahl mit zunehmender Feuchtigkeit nur durch den darin enthaltenen Windeinfluß verursacht
ist, also auch für Landwind ein direkter Zusammenhang nicht besteht, was im Einklang mit dem von V. F. Hess
in Lans (Tirol) gefundenen Ergebnis (22, S. 145 f.) steht 1 *.
Tabelle 6.
relative
Mittlerer Kerngehalt in
absolute
Feuchtigkeit
%
Seewind
Pseudoseewind
Landwind
Feuchtigkeit
g/cbm
Seewind
Pseudoseewind
Landwind
<70
70— 79
80— 89
90—100
620 (13)
1100 (25)
1300 (34)
1200 (35)
2200 (2)
3000 (7)
2800 (9)
3500 (4)
3300 (6)
5300 (4)
1900 (7)
1800 (2)
3,0—5,9
6,0—8,9
>9,0
1100 (31)
1100 (39)
1200 (37)
2100 (6)
3600 (3)
3200 (13)
4000 (3)
3000 (16)
11 Vgl.
auch (6, S. 12).