6
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte, Band 56, Nr. 6
hellung den die Sicht wesentlich beeinflussenden Faktor, ohne jedoch die von ihm definierte Abdeckung als
inadäquat in bezug auf die Sichtdefinition zu erkennen.
Die Wigand sehe Formel (68) lautet:
K-S = const. (E—e) 2 / 3 ,
wobei K die Kernzahl, S die Sicht, (E—e) das Sättigungsdefizit bedeuten. Bei aus Beobachtungen der Sicht,
Kemzahl und Luftfeuchtigkeit (wenigstens in reiner Seeluft) resultierender, genügender Konstanz sollte der
Beweis erbracht sein, daß unter den gemachten Voraussetzungen wesentlich die Abdeckung (wohlgemerkt im
Wigand sehen Sinne) an der Trübung beteiligt sei. Diese Umkehr ist aber nicht statthaft, weil nicht nur die
Voraussetzungen beim Aufbau der Formel teilweise fehlerhaft sind, sondern auch, weil bei Konstanz der Formel
nur gefolgert werden könnte, daß infolge anderer, nicht zu überwachender Einflüsse die „Kemwirkung“ (diese
— wie oben gezeigt wurde — wohl hauptsächlich als Aufhellung zu denken) auf die Sicht sich scheinbar so
verhält, wie wenn sie nur aus Kernzahl und Kernquerschnitt zusammengesetzt wäre. Aus einer solchen Formel
läßt sich aber kein Einblick in die tatsächliche „Kemwirkung“ gewinnen, wenn nur von der Luftfeuchtig
keit auf eine mittlere Kemgröße geschlossen werden kann, die Kemgrößen selber und die prozentualen Anteile
der verschiedenen Größengruppen am Gesamtgehalt aber nicht gemessen werden können. Irgendwelche Formeln
in diesem Zusammenhang können also nur eine allgemeine, scheinbare Kemwirkung auf die Sicht, ohne
die Möglichkeit einer Aussage über Zerstreuung oder Absorption, aufschließen und die durch wachsende Luft
feuchtigkeit hervorgerufene Vergrößerung der hauptsächlich wirksamen Kerne grob andeuten. Dabei sei auf
die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich aus Untersuchungen H. Köhlers (30) ergeben, wonach das An
wachsen der Kerne mit zunehmender Feuchtigkeit sich nicht gleichmäßig für alle Kemgrößen und nicht immer
kontinuierlich (Koagulation) vollzieht.
Abgesehen von der Wigand sehen Formel, deren Prüfung zu Beginn der Beobachtungen noch ausstand,
schien es von Interesse, die Beziehung zwischen Sicht, Kernzahl und Feuchtigkeit überhaupt zu untersuchen und
zwar in reiner Seeluft, wo der Einfluß des nicht-hygroskopischen Staubes vermieden war. Außerdem hatte
der Verfasser, angeregt durch die Beobachtungen von Tyndall und Hagenbach (7, 46, 13) und eine Bemerkung
von A. Schmauß (51), gehofft, durch Verwendung eines Nicolschen Prismas und farbiger Filter bei den
Sichtmessungen das kurzwellige und polarisierte Luftlicht in gewissem Grade ausschalten und dadurch Bedin
gungen schaffen zu können, die den damals noch nicht als falsch erkannten Voraussetzungen näher kommen soll
ten. In diesem Zusammenhang war auch an Nachtsichtbeobachtungen (Leuchtfeuer) gedacht worden, die aber
an unzulänglichem Instrumentarium scheiterten.