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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 56. Band, Nr. 1
Windwirkung im Frühjahr und Herbst am stärksten; im Sommer stärker als im Winter. (Stürme im
Frühjahr und Herbst — Sommer trockener als der Winter.)
b) Der Vorstrand.
Die Ausbildung des Vorstrandes ist im wesentlichen von den Windverhältnissen abhängig. Eine Form
veränderung kann eintreten durch die unmittelbare Wirkung des Windes — den Sandflug — oder durch die eben
falls durch den Wind bestimmte Richtung und Stärke der Brandung. Durch den Sandflug wird das vom Meer
angeschwemmte Sandmaterial verteilt und bei auflandigen Winden landeinwärts getragen bis zum Hindernis
des Kliffs, das eine Anhäufung des Sandes in der Form einer Vordüne bewirkt.
Sandflug konnte in den Wintermonaten nur äußerst selten und in geringen Ausmaßen beobachtet werden.
Es scheint jedoch, als sei er wesentlich mitbeteiligt an der sommerlichen Erhöhung des Strandes. Die stärkere
Insolation läßt im Sommer das bei Flut angeschwemmte Material zur Ebbezeit so weit austrocknen, daß auf
landige Winde einen Teil dieses Materials, das dann in der folgenden Flut vom Meere wieder ersetzt wird, land
einwärts transportieren können. Im Winter hindert die starke Luftfeuchte und das Fehlen der Insolation
gerade bei auflandigem Wind das Austrocknen des neu angeschwemmten Sandes, und damit fehlt dann auch die
Voraussetzung für den Sandflug.
Bei der Ausbildung des Vorstrandes durch die Brandung lassen sich Anschwemmungs- und Zerstörungs
perioden unterscheiden, die sich im wesentlichen mit Ost- und Westwindperioden decken.
Die Anschwemmung geschieht stets in der Form eines nach Osten wandernden Strandwalles, der zuerst
etwas oberhalb der Niedrigwassergrenze sichtbar ist und sich dann bei fortdauerndem Ostwind sehr schnell bis
zur Hochwassergrenze vorschiebt, vor allem durch Höhen- und Breitenwachstum.
Ein noch in der Ausbildung begriffener Strandwall zeigt stets die obere Grenze der Wellenwirkung an.
Ablandiger Wind (bei Sylt also Wind aus dem östlichen Quadranten) läßt einen zur Küste gerichteten Unter
strom (Ausgleich des durch den Wind gestörten Wasserstandes) entstehen. Dieser Strom ist stark genug, um den
Meeresboden zumindest in Küstennähe aufzuwühlen und das auf gearbeitete Material in die Brandungszone zu
transportieren, die bei Ostwind stets schmal ist, häufig nur aus einer einzigen sich überschlagenden Welle besteht.
Beim Auslaufen der Welle wird das mitgeführte Material abgesetzt und nur teilweise durch den Sog wieder
zurückgeführt.
Da die Brandung sich beim Ansteigen des Wassers verstärkt, so wird bei Hochwasser das grobkörnigste
Material abgesetzt, und so kommt es, daß der Kamm des Strandwalles stets aus solchem grobkörnigen Sand
besteht. Der zur See geneigte Abhang zeigt mittlere Korngrößen und zeichnet sich durch seine Ebenmäßigkeit
aus, die stets verbunden ist mit einer außerordentlichen Festigkeit der Oberfläche. (Ein Gang auf diesem Teil des
Walles hinterläßt kaum Spuren.) Zum Kamm hin nimmt die Festigkeit ab. Der dort lagernde grobkörnigste Sand
ist locker angehäuft und stark porös. Eine bis dahin auflaufende Welle versickert stets teilweise und verdrängt
die in den Poren befindliche Luft, die in Blasen aufsteigt und kleine kreisrunde Löcher mit etwa 5—8 mm Durch
messer hinterläßt. Beim Einsickern setzt die Welle einen Teil ihres mitgeführten Materials ab. Ist sie stark
genug, um über den Kamm des Strandwalles hinwegzufließen, so hinterläßt sie eine bogenförmige Spur aus
grobem Sand, die ihre Reichweite anzeigt. Der am seeseitigen Abhang des Strandwalles zurücklaufende Rest der
Welle hat nicht mehr Kraft genug, um das gröbere Material mitzunehmen. So kommt weiter unterhalb des
Kammes nur noch mittlerer Sand zum Absatz, wenn die nächstfolgende Welle mit dem Sog zusammenprallt und
über ihn hinwegfließt, um wiederum am Kamm des Walles ihr grobkörnigstes Material abzusetzen. Die große
Festigkeit des seeseitigen Abhanges ist zu erklären durch das Aufprallen der sich überschlagenden Wellen.
Der zum Lande gerichtete Abhang des Strandwalles zeigt stark abnehmende Korngrößen. Häufig kommt
es vor, daß einzelne über den Strandwall hinüberfließende Wellen auch das allerfeinste Material in einer sich
stets sehr bald bildenden Abflußrinne hinter dem Wall absetzen und sie wasserundurchlässig machen, so daß
allmählich das Einsickern der Wellen dort verhindert wird und es zur Ausbildung eines stehenden Gewässers
hinter dem Strandwall kommt. Eine schlickartige Beschaffenheit dieser feinsten Ablagerungen ist meist durch die
dunklere, grüngraue Färbung angezeigt.
Nicht immer sind die Rinnen hinter dem Strandwall abflußlos. Da die Buhnen den Strand in einzelne
Felder aufteilen, die bei schräg laufender Brandung nicht gleichmäßig durch die Anschwemmung betroffen
werden, so ist häufig innerhalb des Feldes eine gleichmäßig ausgerichtete Neigung der Anschwemmungen vor
handen, die auch in der Rinne ein Gefälle entstehen läßt, das ein zum Strandwall paralleles Abfließen der ihn
überfließenden Wellen zuläßt. Solche Rinnen zeigen Rippelmarken, die im übrigen im Strand nicht Vorkommen
(höchstens durch Wind auf dem ausgetrockneten Sand). Das Abfließen des Wassers in der Rinne bewirkt oft
einen kliffartigen Anschnitt des Strandwalles von hinten. Wird die Anschwemmung auch in dem vorher niedrigen
Teil eines Buhnenfeldes stärker, so verliert die Rinne ihren Abfluß zum Meere, und das Wasser sammelt sich an
der abgrenzenden Buhne.
Nicht immer sind östliche Winde maßgebend für die Entstehung einer Strandwalles. Es konnte beobachtet
werden, daß auch bei schwachen auflandigen Winden von allerdings unbeständiger Richtung Strandwallbildung
vorkam.