Hubert Tüllmann: Die Niederschlagsverhältnisse der Sudsee-Inseln
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Der niederschlagsreiche Nordzipfel springt nach Westen zurück: und biegt dann um in die NO-Rich-
tung. Er deutet damit die Lage und Form der asiatischen Ostflanke an und betont die innige kontinentale Abhän
gigkeit der Monsunregen.
In die Lücken und Winkel des Gebietes mit maximalem Monsun- und Äquatorialniederschlag dringen die
Trockenwellen des N0- und SO-Passates ein, jene nördlich, diese südlich der nassen Äquatorial
zone. Die gewaltige Ungleichheit in der Entfaltung und Größe der nord- und südhemisphärischen Trockenzungen
ist so in der unterschiedlichen Lage und Form der beiden Monsunregenzipfel begründet, geht also mittelbar
zurück auf die Lage der Monsunkontinente Asien und Australien. Die Richtung der Passate und der Passat-Triften
aus höheren in niedere Breiten und aus kühlen in warme Meeresteile erklären die Regenarmut der ineinander lie
genden und dicht aufeinander folgenden Nicderschlagszungen.
Die kontinental bedingten, breitflächigen Ost-West-Unterschiede beherrschen das Bild. Die
solaren Nord-Süd-Gegensätze werden auf beiden Halbkugeln in der Westhälfte gemildert, in der Ost
hälfte verschärft. Der kürzeste Weg von der größten zur kleinsten Regenmenge liegt auf beiden Halbkugeln noch
in der Normalrichtung des Passates. Im allgemeinen wächst also die Regenmenge auf der Nordhalbkugel von
Nordost nach Südwest, auf der Südhalbkugel von Südost nach Nordwest. Im einzelnen folgt die. wachsende Regen
menge auf jeder Halbkugel der sommerlichen Passat- bzw. Monsunrichtung 43 .
Wir haben damit erkannt, daß an der wechselvollen Gestaltung des Mengenbildes der Südsee-Gewässer die
angrenzenden Westkontinente und die vom Inselraum weit entfernten Ostkontinente hervorragenden Anteil haben,
die Westkontinente durch ihre wechselseitige Erwärmung und Abkühlung, die Ostkontinente durch den mechanisch
bedingten vertikalen und horizontalen Kaltwasserzufluß. Diese kontinentalen Einflüsse auf die Niederschlags
menge und ihre räumliche Verteilung vermittelt der Wind; darum entsprechen den regionalen Unterschieden
der räumlichen Niederschlagsverteilung regionale Unterschiede der Winde (besonders im Sommerhalbjahr), die
den Südsee-Inselraum zerlegen in eine nasse Äquatorialzone, zwei feuchte Monsunflügel
und zwei trockene Passatzungen.
2. Das Mengenbild der Südsee-Inselwelt
(s. Abb. 1)
Die Inseln und Inselchen der Südsee-Inselwelt, mit Ausnahme von Neuguinea, haben auf die Mengen
verteilung im Südseebecken selbst gar keinen Einfluß. Sie behaupten aber ihren bescheidenen Geltungsbereich
und greifen viel aktiver und wechselvoller in den Kondensationsprozeß ein als die weite, einförmige Wasser
fläche. Dabei heben sich die individuellen Züge der einzelnen Inseln und Inselgruppen scharf heraus, während
die generellen zunächst nicht in die Erscheinung treten. Wir finden sie erst beim Vergleich der Land- und Wasser-
Regenhöhen über den ganzen Inselraum.
Die Landmittel unterschreiten die Wassermittel auf den umgebenden Gewässern an den Lee-
küsten der größeren, hohen Inseln (z. B. Fidschi-, Samoa- und Hawaii-Inseln), übertreffen diese aber um ein Viel
faches an ihren Luvküsten. Die durchweg kleinen Inseln Mikro- und Polynesiens haben auf den niedrigen Atollen
(z. B. Zentral-Sporaden, Gilbert-In.) und den leewärtigen Hängen der Vulkankuppen (z.B. auf den Gesellschafts-In.)
wenigstens soviel Regen wie die Umgebung, auf den Windseiten (z. B. Kusaie in den Karolinen) in der Regel
mehr. Die unter dem Wassermittel liegende Menge der Atollinsel Christmas (939 mm) ist wahrscheinlich zu nied
rig; denn das angenommene Mittel ist unreduziert und stützt sich nur auf die Beobachtungen von Juni 1917 bis
September 1919.
Schon einzelne dieser Küstenstationen durchbrechen den Tiefen- und Höhenrekord der Südsee-
Gewässer. Trockener als die östlichsten Passatzungen des Kartenbildes ist der leewärtige Isthmusstreifen auf
Maui (Hawaii-In.) mit 239 mm für die Station Kihei. Mehr als die äquatorialen Gewässer haben die in ihnen
liegenden Küsten der Inseln Ponape und Kusaie, ferner Küstenteile und Küsteninseln windseitiger Gebirgsflanken
der höchsten und größten Inseln, wie Neuguinea, Salomonen, Samoa-Inseln und Hawaii-Inseln. Die absolut
größten Mengen sind auf den Neuguinea vorgelagerten unscheinbaren Küsteninseln Kikori, im Papuagolf der
Südküste (5500mm), und Tami, am Hüongolf der Nordküste (5562 mm), beobachtet worden.
Die verschiedenartige Wirkungsweise von Wasser und Land ist in der Anordnung des größten
und kleinsten Jahresmittels einer hohen Insel oder Inselgruppe zu erkennen. Die Regenhöhe auf
der Meeresfläche wächst im allgemeinen in Richtung des Passates, die der Inseln und Inselgruppen gegen die
Passatrichtung. Der Monsun erklärt im einzelnen die Umkehrungen im Bismarck-Archipel, in den Salomonen
und im Golf von Papua an der Südküste Neuguineas.
Wir haben festgestellt: Die Mengenverteilung des Niederschlags der Südsee-Inselwelt richtet sich nach
dem Wind und nach dem Relief. Der rein mechanische Geländeeinfluß der hohen Inseln oder Insel
gruppen bewirkt eine zur Regenmenge über dem Meere entgegengesetzte Anordnung ihrer kleinsten und größten
43 Vgl. „Die Strömungsglieder der pazifischen Luftzirkulation“ in T. Bergeron, Richtlinien; a. a. O., S. 255 (Figur 6a) u.
S. 256 (Fig. 6b).