Hubert Tüllmann: Die Niederschlagsverhältnisse der Südsee-Inseln
5
Einleitung
1. Problemstellung
Die Kenntnis von den Niederschlagsverhältnissen der Südsee-Inseln liegt noch sehr im argen. Man braucht
nur die Berichte der Geographischen Jahrbücher über die Fortschritte der geographischen Meteorologie zu durch
blättern, um das festzustellen.
Am Ende des vorigen Jahrhunderts standen wir noch vor dem Nichts. Brückner 1 sagt 1894: „Ein Gebiet,
aus dem leider auch heute noch so gut wie gar keine meteorologischen Beobachtungen vorliegen, ist die Südsee.
Hann lenkt mit Recht die Aufmerksamkeit wieder einmal auf diese große Lücke ...; denn in den Tropen, von
denen fast die Hälfte auf die Südsee entfällt, haben wir die in meteorologischer Hinsicht aktivste Zone unserer
Erde.“ 1898 beklagt E. Brückner 2 den mangelhaften Fortschritt in der meteorologischen Erforschung dieses Erd
raumes: „Am schlimmsten auf der ganzen Erde ist es noch immer mit unserer Kenntnis der meteorologischen Ver
hältnisse der Südsee bestellt.“ [Hawaii Inseln 54 Stationen; Apia (Samoa); Jaluit (Marshall Inseln)]. „Allein
was wollen diese und einige andere wenige Punkte im Vergleich zu der ungeheuren Größe des Gebiets sagen!“
Heute ist das schon wesentlich anders. 1933 lesen wir bei Schott 3 in seinem Aufsatz über „Die jährlichen Nieder
schlagsmengen auf dem Indischen und Stillen Ozean“: „...; es ist erstaunlich und erfreulich, wie weit vorgedrun
gen diese Beobachtungstätigkeit heute im Vergleich zu Supans Zeit ist.“
Leider steht das Beobachtungsmaterial aus der Südsee nicht ganz zur Verfügung; denn mehrere Nationen
haben daran wechselnden Anteil. Darum sagt Knoch 4 im letzten Bericht über die Arbeiten aus dem Gebiete der
geographischen Meteorologie: „Klimatologisches Material der tropischen Inseln im Pazifik ist in der Literatur
weit verstreut und nur schwer zu erlangen.“ Die Auswertung der Beobachtungen erfolgte darum bisher fast nur
in Teilgebieten der Inselwelt 5 . Zahlreiche Fragen blieben bei diesem Stückwerk ungelöst, weil sie wesenhaft mit
den klimatischen Erscheinungen im ganzen Südseeraum verknüpft sind. Auch die Einzelergebnisse sind erst im
Klimabild der ganzen Inselwelt voll verständlich.
Im Vordergrund der klimatischen Abhandlungen über Südsee-Inseln stehen die Niederschläge. Sie fehlen
auch nicht in den anderen geographischen Untersuchungen dieses Gebietes. Wohl in keinem Erdraum
sind die Niederschläge von so grundlegender geographischer Bedeutung und
ihre auffallenden räumlichen und zeitlichen Verschiedenheiten von so
großem, auch praktischem Interesse wie auf den Südsee-Inseln.
Es ist somit berechtigt, nach mühevoller und fast restloser Auffindung und Beschaffung des gesamten Be
obachtungsmaterials über den Niederschlag auf den Südsee-Inseln eine die ganze Südsee-Inselwelt umfassende
Untersuchung der Niederschlagsverhältnisse anzustellen. Wenn der Versuch nicht ganz gleichmäßig und voll
kommen gelingt, so liegt das an der ungleichen Verteilung und Dauer der Beobachtungen.
2. Die topographischen und klimatischen Verhältnisse der Südsee-Inseln
Balboa entdeckte 1513 —- auf dem Isthmus der Neuen Welt gen Süden schauend — die „S ü d s e e“ (Mar
del Sur). Heute beschränkt man den Namen Südsee auf die äquatomahen Teile des Großen Ozeans. Von der
Westseite schiebt sich in die Südsee die Südsee-Inselwelt, die sich breitflächig an Australien und Asien
anlehnt und auf halbem Wege zum amerikanischen Gegengestade auskeilt. Der Südsee-Inselraum liegt
im wesentlichen zwischen den Wendekreisen, schließt im Osten mit dem 130. Grad der Länge westlich von Green
wich und stößt im Westen beim 130. Grad östlicher Länge auf Insulinde, die Brücke zwischen Asien und Australien.
1 Geogr. Jahrbuch; XVII. Band, 1894, Gotha 1894, S. 314.
2 Geogr. Jahrbuch; XXI. Band, 1898, Gotha 1899, S. 263.
3 G. Schott, Die jährlichen Niederschlagsmengen auf dem Indischen und Stillen Ozean; Ann. d. Hydr., Heft I—II, Berlin
1933 S. 1.
4 Geogr. Jahrbuch; XLIV. Band, 1929, Gotha 1930, S. 144.
5 Vgl. im Geogr. Jahrbuch die Literaturangaben in den entsprechenden Berichten.