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Full text: 56, 1936

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte -— 56. Band, Nr. 3 
ebenso unwichtige Balge, die vom Amelander Gat um das Ostende der gegenwärtigen Boschplaat südwestwärts 
ins Watt eindringt, wird in Bewahrung des alten Namens des einst die beiden Boschplaten trennenden Gats das 
Boschgat genannt. 
Wie verlief in der gleichen Zeit die Entwicklung in dem Raum hinter Ameland? Während das Watt hinter 
Terschelling, wie oben ausgeführt wurde, schon bald nach seiner Entstehung durch die Meep, das Koggediep und 
und die Kromme Balg zerteilt und gegliedert wurde, war das Watt hinter Ameland weniger erschlossen. Noch 
in der Mitte des 18. Jahrhunderts war der Zustand so, daß von der westlichen Seite eine Balge, de Kruil (auch 
„de Kreyl“ geschrieben), sich von der Krommen Balg nach 0 abzweigte und unter der in jener Zeit noch erheb 
lich weiter nach S reichenden Insel bis zur Ballumer Reede lief und dort Verbindung mit der Slenk hatte. Von 
der Ostseite her drang ein bedeutungsloses Tief durch das Pinkegat in das Watt hinter dem östlichen Ameland 
ein. Neben diesen Tiefs gab es nur einige mehr prielartige Rinnen, die nicht viel tiefer als 1 m unter NW waren. 
Noch Jahrhunderte nach dem Beginn der Wiederauflösung und Überströmung der Zwischenzone waren nahe Be 
ziehungen von der Insel zum Festlande möglich, das bei Niedrigwasser vielfach trockenen Fußes zu erreichen war. 
Der Verkehr wird auf bestimmten, vermutlich markierten Wegen vor sich gegangen sein. Darauf deutet der 
Bericht von van Leeuwen (1826) iKJ . Er erzählt, daß bei Ballum sich noch ein Flurname erhalten habe, 
der auf einen Weg nach Anjum im Oostdongeradeel hin wiese, zu dem Ameland vor 1405 Beziehungen gehabt hat, 
der Anjumwey, wie er damals genannt wurde. Er muß über das Heideveld, einem alten Hochmoorrest, verlaufen 
sein. So mag es östlich davon noch andere Wege gegeben haben. Dieser Zustand änderte sich allmählich mit 
der im Laufe der Zeit sich wieder auswirkenden Stoßrichtung des durch das Amelander Gat eindringenden Ge 
zeitenstromes. Schon vor der deutlich sichtbar werdenden Nord Ostwärtsdrehung des Tiefs müssen sich immer 
kräftiger werdende Nebenarme ins Watt hinter Ameland vorgearbeitet haben. Schließlich wurde, solange sich die 
Haantjes Plaat noch nicht ostwärts ausdehnte, erst die vor dem Bildt bis Ferwerd parallel der Küste laufende 
Wierbalg und bald darauf das der Wierbalg wieder nördlich parallel laufende, bis nördlich Blija schon ins Watt 
vorstoßende Dantzichgat statt der Krommen Balg zum Oberlauf des Tiefs. In fortschreitenden Maße wurde da 
durch das Watt hinter Ameland durchgliedert, die noch gangbaren Verbindungen von der Insel zum Festland 
zerstört und die Watten auf Kosten der Insel verbreitert. Es zeigt sich, daß nicht eine fortdauernde Senkung, nicht 
die Sturmfluten, die gegen die Insel anliefen, nicht die geringe, bisher wenig spürbare Ostversetzung des Ame 
lander Westkopfes der Insel ernsthaft haben zusetzen können, sondern daß die durch die Gezeitenströmungen 
bewirkte Nordostwärtsdrehung des zum Amelander Gat gehörenden Stromsystems Ameland endgültig vom Festland 
gelöst und der Insel großen Schaden angetan haben. Die durch das Gat in das Watt unermüdlich ein- und aus 
laufenden Gezeitenströme haben die ihnen ungeschützt preisgegebenen Südufer der Inseln, und das bedeutet ihren 
fruchtbaren Kleiboden, rastlos angegriffen und abgetragen. Die natürliche Entwässerung der Insel wattwärts 
durch die Priele, die fast immer am Quellhorizont zwischen Dünensand und Klei beginnen und das überschüssige 
Wasser aus dem höher gelegenen Dünenland und der Inselmarsch sammeln, arbeitet der Zerstörung noch ent 
gegen. In sie drängt der sonst vor den Südufern meist flächenhaft ausgebreitete Flutstrom zusammengepreßt 
stärker hinein und weitet ihre Mündungen zu weiten, vielarmigen Trichtern aus. Der Ebbstrom nimmt dann die 
nachstürzenden Erdbrocken mit sich fort. Eine sieh nähernde Balge schleift schließlich die vorspringenden Land 
spitzen ab, wie es z. B. bei der Ausbildung der Ballumer Bucht geschah. So wäre Ameland, wenn der Deichschutz 
und die Anlage eines stromleitenden Dammes (1846—48) unterblieben wäre, von S her ausgehölt worden, ein 
Schicksal, das auch Terschelling und Schiermonnikoog vor der Anlage ihrer Deiche drohte. 
Als weitere Folge der Nordostwärtsdrehung des zum Amelander Gat gehörenden Stromsystems entstand 
zwischen diesem Stromsystem und dem Stromsystem des Pinkegats eine Wattwasserscheide im Rücken Amelands. 
Eine Wattwasserscheide entsteht dort, wo die Flutströme der durch zwei Gaten in das Watt hinter einer Insel ein 
dringenden Tiefs kentern. Der ausklingende Strom läßt das mitgeführte Material sinken. Der an dieser Stelle 
erst schwach einsetzende Ebbstrom hat noch nicht die Kraft, es wieder aufzunehmen. So höht sich an der Grenze 
der Wirkungskraft zweier Stromsysteme das Watt flächenhaft etwas auf. Die Lage der Wattwasserscheide muß 
sich allmählich der Wasserführung, den HW- und NW-zeiten, der Stromentfernung von den Gaten, durch die die 
Tiefs eindringen und der Stromgeschwindigkeit ihrer sie bedingenden Stromsysteme anpassen. Hieraus geht hervor, 
daß die von so mannigfachen Kräften abhängige Wattwasserscheide nicht festliegt. Je weiter sich der Wirkungs 
bereich des Amelander Tiefs nach 0 ausdehnt, desto weiter wird die Wattwasserscheide in der gleichen Richtung 
zurückweichen. Gab es früher vor der Bildung einer ausgesprochenen Wattwasserscheide noch die Möglichkeit, sogar 
von Ballum aus in südöstlicher Richtung das Watt zu durchqueren, so zeigt uns ein Bericht aus dem Jahre 1840, daß die 
inzwischen entstandene Wattwasserscheide jedenfalls in dieser Zeit sich schon erheblich weiter ostwärts befand. 
1840 gingen nämlich zwei Männer von Holwerd geradenwegs nach Buren, ohne einen Priel durchwaten zu müssen. 
Ihr Weg wird auch etwa der Verlauf der ja zonenartig breit vorzustellenden Wattwasserscheide gewesen sein. 
Noch andere Männer machten in jener Zeit den Weg. So verließ 1846 der katholische Pastor von Nes die Insel 
ostwärts der Leysloot zwischen Nes und Buren und nahm Richtung auf Ternaard. Eine halbe Stunde vom Deich 
entfernt bog er ab auf Holwerd zu und erreichte trockenen Fußes das Festland. 1847 und 1848 wiederholte er den 
90 Nr. 64.
	        
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