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Full text: 56, 1936

Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 56. Band, Nr. 3 
Sicher aber hat er nicht allzu fern der bekannten Dorfstelle gelegen, denn beide Orte gehörten dem Kloster Fos- 
wert {wahrscheinlich das ehemalige Kloster Bethlehem bei Ferwerd), dessen Besitz vornehmlich zwischen „Rydt 
ende Sculbalg“ lag. 
Diese alte Besitzgrenze wird in einem Streit um Besitzansprüche zwischen dem Herrn der Insel Hayo Cam- 
minga und dem Kloster Foswert 1483 genannt 54 . Die „Sculbalg“ ist sicher die Scholbalg, das Gat im W Schier- 
monnikoogs. Die „Rydt“ hält H o u w i n c k für den Slenk-Durchbruch. Dagegen scheint verschiedenes zu sprechen. 
Die Slenk tritt in einem Vertrage vom 28. Juni 1627 als „foorn“ 55 und in einer Anordnung vom 3. August 1703 
als „Nessumer voren“ 56 auf. Der Name „Rydt“ für den Slenk-Durchbruch begegnet auch sonst nicht. Wohl aber 
heißen auf der Karte von 1809 die Dünenbildungen des östlichen Durchbruches „Nieuwlandsrydt“ und die ein 
geschlossene Strandfläche des Durchbruches auch heute „Rydtdiep“. Wenn der Herr Pieter Camminga 1569 in 
Nes bereits in Markangelegenheiten Recht sprach und Strafen festsetzte 57 , der Klosterbesitz aber erst nach 1580 
von ihm „säkularisiert“ wurde, so ist nicht wahrscheinlich, daß die Insel von der Slenk bis zur Scholbalg, son 
dern von dem östlichen Durchbruch, der Rydt bis zur Scholbalg, dem Kloster gehörte, wozu noch Besitz in Swarte- 
wolden, Buren und Nes trat 58 . 
Die Einwohner der beiden östlichen Orte müssen sich gleichfalls nach Buren zurückgezogen haben. 1662 
wurden die „Oerdemer landen“ als Außenweide von vier Personen in 72 „grasingen“ 59 und die „Oldhuyster 
landen“ von einer Person aus Buren in 19 grasingen genutzt. Nach, dem Rapport von 1770 waren die Oerdemer 
landen damals schon von Dünen ganz überdeckt 60 . Da es keine Bürgermeister und Bevollmächtigte in Swarten- 
wolde, Oerd und Oldhuysen gegeben hat, die in den westlichen Dörfern seit Beginn des 17. Jahrhunderts auftreten, 
waren sie zu der Zeit entweder schon ganz zerstört oder bestanden nur noch aus wenigen Häusern. 
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß sich auf Ameland zwei Gruppen von Siedlungen unterscheiden 
lassen, gewachsene Haufendörfer und geplante Schiffer- und Fischerdörfer, von denen die bäuerlichen Haufen 
dörfer sicher die älteren sind. Ihre Lage teils unmittelbar südlich der Binnendüne, teils in dem Dünental, das 
als Teil der alten Strandfläche von der ersten Kette des Dünenmuschelsystems eingeschlossen wurde, beweist das 
hohe Alter der Binnendüne und der Dünenmuschelform. Südlich der beiden Durchbrüche, deren einer schon 1483 
als alte Grenze bezeugt ist, ist von Siedlungen nichts bekannt. Es muß also auch angenommen werden, daß die 
Durchbrüche älter als die Siedlungen sind. 
Welche Zeit zwischen dem Slenk-Durchbruch und der Periode der Bildung der Dünenhufeisen bzw. Dünen 
muscheln auf den friesischen Inseln liegt, ist schwer zu sagen. Erst eine hinreichende Zeit nach der Entstehung 
der Nesser Dünenmuschel kann Nes i. d. in der Haverpadsdelle angelegt worden sein. Auf seine in der Dünen 
muschel vorspringende Lage gegenüber dem freien Strand des Durchbruches ist wohl der Name des Dorfes zu 
rückzuführen. Wieweit dieses Gebiet schon vorher besiedelt war, wird schwer zu klären sein, da Wurtanlagen 
durch die höhere Lage auf der Mischzone von Dünensand und Klei gänzlich fehlen (mit Ausnahme vielleicht des 
Ballumer Schlosses, das schon im Kleiland lag) ; es läßt sich daher nur feststellen, daß Dorfanlage und Namen 
gebung des heutigen Dorfes Nes i. d. nach dem Slenk-Durchbruch und nach der Bildung der Dünenmuschel 
stattfand. 
Heranzuziehen sein wird ferner die Gründungszeit und Lage der Dörfer Hollum und Ballum. Ihre Grün 
dungszeit als -heim-Orte ist spätestens ins 10. und 11. Jahrhundert zu setzen, in der die -heim-Orte der politischen 
Gemeinde Ferwerderadeel, zu dem Ameland im Mittelalter gehörte, entstehen. (Marrum, Beintum, Genum, Jislum, 
Hallum.) Diese Zeit wird ungefähr gleich zu stellen sein mit dem Zustand des Hollum-Ballumer Dünenkomplexes 
nach dem Aufbau der Dünenmuschel und dem Anlegen des Ballum schützenden Ostflügels, der Roosduinen. Da 
die Namengebung der -heim-Orte und des Ortes Nes in die gleiche Siedlungsperiode fällt (wie z. B. Nes im 
Östdongeradeel), und auch aus morphologischen Gründen die drei Orte, gemessen an ihrer Anlage zu den sie 
schützenden Dünen, in derselben Zeit entstanden sein müssen, haben wir damit eine obere Grenze der Dünen 
muschelbildung: sie war vor den Dorfgründungen, d. h. an der Wende des Altertums zum Mittelalter schon ab 
geschlossen. 
Wir sind damit unabhängig zu einem ähnlichen Resultat über das Alter der behandelten Dünenmuscheln 
und die Zeit ihrer Entstehung gekommen, wie J. J e s w i e t, der u. a. zu dem Ergebnis kommt, daß an der hollän 
dischen Küste zwei Perioden der Dünenbildung zu unterscheiden seien. Den Beginn der neuen Dünenbildung setzt 
er in das 6. Jahrhundert und läßt sie bis ins 11. Jahrhundert andauern. 
54 Nr. 55, S. 104. 
55 Nr. 55, S. 225. 
56 Nr. 55, S. 231. 
57 Nr. 55, S. 239. 
58 Vielleicht kann auch dafür die Tatsache sprechen, daß Buren der einzige rein katholische Ort der Insel ist. (Nur Nes 
hat noch etwa ein Drittel Katholiken.) Hier fanden sich aus den drei zerstörten Siedlungen des Ostens die ehemaligen Klosterunter- 
tanen zusammen, denen nach dem Neutralitätsvertrag mit Spanien, 1629, freie Religionsübung zustand. 
59 Eine „grasing“ war das Recht, auf der Gemeinweide eine Kuh oder ein Pferd oder entsprechendes Jungvieh weiden 
zu lassen. 
60 Nr. 55, S. 232.
	        
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