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Full text: 56, 1936

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte -— 56. Band, Nr. 3 
nach 0 zu greift wieder die spätere Entwicklung über sie hinweg; im Oerd schließlich ist sie durch den weit 
gehenden Abschlag im S zwar vollends zerstört, aber in ihrem ehemaligen Verlauf doch ungefähr sichtbar. Die 
eben beschriebenen Teile des ältesten, noch erkennbaren Dünenwalles sind größtenteils auf der Karte von 1749 
(XXVI) als Kette eingetragen, hatten damals also wohl noch deutlicher als heute ketten- bzw. wallartigen Cha 
rakter. Die Ursachen der allmählichen Zerstörung des Dünenwalles sind mannigfacher Art. Doch werden sie in 
der großen Überzahl mit der Wirksamkeit des Menschen Zusammenhängen, da der Siedlungssaum des Menschen 
sich unmittelbar südlich des alten Dünenwalles anschließt. Da werden Ziegen und Schafe am Rande der Dünen 
angepflockt, das Geflügel scharrt, die Kinder graben im Sand, der Sand zum Fußbodenscheuern wird heraus 
geschaufelt. Soden werden am Dünenfuß gestochen, um die Wälle der Mieden auszubessern und zu erhöhen. Sind 
die Wunden im Dünenkörper dann einmal zu groß geworden, dann beginnt der Wind seine Arbeit und höhlt die 
Dünen aus, verfrachtet den Sand in östlicher Richtung oder streut ihn über die Äcker und Weiden. In diesem 
Zustand befinden sich gegenwärtig die Bramerduinen, die von Kesseln und Kesselreihen, in denen Jungvieh ge 
weidet wird, durchsetzt sind. Auch der gegenwärtige Zustand der Vaarwaterdünen gehört hierher. Da die Anfuhr 
neuen Sandes durch die Bildung der allen Sand abfangenden Dünenmuscheln gänzlich unterbunden ist, ist es 
nur eine Frage der Zeit, wann der letzte Rest des alten Dünenwalles verschwunden ist. Ist der Dünenfuß durch 
Verwehung erst einmal erniedrigt, so beginnt der Mensch bald hier, bald dort die flachen restlichen Bülten einzu 
ebnen und in Acker- oder Gartenland zu verwandeln. So konnte ich mehrfach beobachten, wie sowohl für Haus 
bauten, wie für Straßenanlagen ganze Wallzeugen von 40—50 m Länge, 20 m Breite und einer Höhe von 2—3 m 
abgetragen und der Boden eingeebnet wurde (z. B. im NO von Hollum, Herbst 1934). Einen wertvollen Hinweis 
für das Alter des Dünenwalles sowohl wie für seine Bedeutung noch in historischer Zeit bietet die Lage der alten 
Siedlungen. Sie suchen auf den westfriesischen Inseln mit wenigen Ausnahmen 43 * 45 den Schutz der Binnendüne am 
Rande des für sie in erster Linie nutzbaren Landes. Zugleich haben sie damit die Möglichkeit, das durch den 
Sand gut gefilterte Grundwasser des Dünengebietes als Trinkwasser leicht zu gewinnen. 
Das westlichste Dorf der Insel ist Hollum. Es besteht aus zwei völlig verschiedenen Siedlungskernen, einem 
nördlichen, planlos gewachsenen Haufendorf dicht unter der alten Binnendüne und südlich davon, durch einen 
über 100 m breiten Feldgürtel getrennt, ein geplantes Dorf mit zwei spitzwinklig aufeinander zustrebenden Haupt 
straßen, die sich nördlich der protestantischen Kirche vereinigen, der Oosterlaan und de Buuren. Wir gehen 
wohl nicht fehl in der Annahme, daß das nördliche ein älteres Bauerndorf und das südliche ein jüngeres Schiffer 
dorf ist, das sich an dem Weg zur Reede als Dorfteil de Buuren, in dessen Mitte die Kirche stand, aufbaute. Die 
Oosterlaan wäre dann eine spätere Erweiterung. Wann der Aufbau des südlichen Dorfteiles begann, ist kaum zu 
sagen. Bekannt ist nur das Jahr des Kirchenbaues, 1678 46 . Es steht in seinem Ausbau aber sicher in Zusammen 
hang mit der aufblühenden Seefahrt des 17. Jahrhunderts. Noch heute wohnen dort die wenigen noch vorhan 
denen Fischer. Die Häuser sind von kleinen Gärten umgebene Schifferhäuser, ohne Wirtschaftsgebäude. Bauern 
höfe gibt es nur vereinzelt am Rande. Desto zahlreicher sind sie im nördlichen Dorfteil, den Burger 46 1787 
gegenüber dem Schifferdorf beschreibt: „een dorp van een geheel ander maaksel, uit eene menigte van min aan- 
zienlyke en als doorelkanderen gebouwde huizen“. 
Im NNW des Dorfes Hollum lag der Ort Bliecke, an den noch der Name der wenigen Häuser östlich des 
Leuchtturmes, „de Blijke“, erinnert. Nach mündlicher Mitteilung Professor van Blom’s heißt der westliche 
Teil der Restmiede de Blijke „Oostheem“; dieser Name deutet darauf, daß der Kern der einstigen Siedlung unter 
den westlich liegenden Dünen gelegen hat. Auf der Karte von 1809 (XII) sind noch sieben Höfe eingetragen, 
die zerstreut in den von Kajedeichen umgebenen Resten der Miede liegen. Wir haben mit seiner Lage eine 
Sonderform vor uns, die noch einige Male auf den westfriesischen Inseln begegnet. Er liegt nördlich der alten 
Binnendüne in dem großen Dünenboden, der von der nächstältesten Dünenkette eingeschlossen ist, und der hier 
„groot siecht“ genannt wird. Mitte des 18. Jahrhunderts war er noch 4—5 qkm groß. Die geschützte Lage muß 
trotz des mageren Bodens der eingeschlossenen Strandfläche zur Bildung einer Siedlung verlockt haben, die wir 
uns nicht allzu groß vorstellen dürfen. Es scheint aber doch ein Derf mit eigener Markgenossenschaft gewesen 
zu sein. Mit der Zerstörung der alten Dünenketten wurde das Nutzland allmählich von dem landeinwärts rücken 
den Dünensand verdorben und zum großen Teil auch überschüttet. Nicht in einer gewaltigen Katastrophe ist das 
Dorf untergegangen. Einer nach dem anderen mußte das Feld räumen. Die weichenden Einwohner haben sich 
wahrscheinlich wieder in Hollum angebaut, da Hollums Feldmark in sechs „eggen“ eingeteilt ist, während es in 
Ballum nur drei sind. Houwinck 47 vermutet darum, daß die Hollumer Miede eine Vereinigung von zwei 
Dorfmieden ist. Dafür spricht, daß bei der letzten Nennung Blieckes (1558) von der „heele gemeynt van Hollum 
ende blieken“ 48 gesprochen wird. 
Noch ein zweiter Ort, namens Sier, soll im W der Insel bestanden haben 46 . Daß es ein Dorf war, ist nicht 
zu glauben, da dafür im W oder NW Hollums kein Raum übrig bleibt. Es kann sich höchstens um eine kleine 
43 Texel nimmt eine besondere Stellung durch seine andersartigen geologischen Verhältnisse ein. 
46 Tegenwoordige Staat. 
47 Nr. 55, S. 200. 
48 Nr. 55, S. 108. 
49 Tegenw. Staat. Nr. 3.
	        
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