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Full text: 56, 1936

Gerhard Isbary: Das Inselgebiet von Ameland bis Rottumeroog 
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niedrigen Reihen zurückgelassen, die dieWanderbahn abstecken. Van Dieren hat für Terschelling festgestellt, daß 
Parabeldünen bei Vergrößerung der Sandmassen durch Einbeziehung anderer, überfahrener Dünen in reine Bar- 
chane übergehen können. Obgleich Barchane, mit vielleicht einer Ausnahme, auf Ameland und Schiermonnikoog 
fehlen, da hier die Wanderbewegung wegen strengerer Schutzbestimmungen niemals derartige Ausmaße wie 
auf Terschelling angenommen hat, haben wir nach einem Besuch Terschellings im Herbst 1934 trotz anfäng 
lichen Zweifels seine Beobachtung vollauf bestätigt gefunden. In größerer Zahl gibt es dort heute vollkommen 
festgelegte Barchane, die mit kurzen stumpfen Flügeln nur schwach gebogen sind. Auf Ameland dagegen ist die 
herrschende Form der Wanderdünen die Massendüne, die in einem Fall (Oostduin) auch auf Schiermonnik 
oog vorkommt. Auf Terschelling im NO von Hoorn konnten wir sie ebenfalls mehrfach finden. Es sind dies 
große Anhäufungen von Sand, die in langsamer Wanderung viele Einzelformen in sich aufnahmen. Sie bewegen 
sich nicht in der Gesamtheit, sondern in einzelnen Teilen im Kampfe mit der teils selbständig festigenden, teils 
vom Menschen gepflanzten Vegetation fort, wodurch ihre Gestalt unregelmäßig wird. Oft sind auf ihnen ausge 
dehnte Plateaus ausgebildet, die langsam zu den Seiten abfallen. Der steilste Hang entspricht in den meisten Fällen 
der Ostseite. Die plumpen Barchane Terschellings zeigen bei den mehr oder weniger kurzen Flügeln oft Über 
gänge zu Massendünen. Hartnack 35 36 hat die Einzel- oder Massendünen als typisch für die Dünenentwicklung 
Hinterpommerns beschrieben, bestreitet aber ihr Vorkommen in den Niederlanden. Auch er stellt sie dicht neben 
die Barchanform. Die verschiedenartige Ausprägung der Wanderdünen auf den Inseln hängt neben der unter 
schiedlichen Behandlung der Dünengebiete durch den Menschen zusammen mit der Stellung der einzelnen 
Inseln in der Wanderbewegung des Küstensaumes nach 0. Wo das Dünengebiet lange Zeit erhalten geblieben 
ist, können eher klare Ausbildungsformen des wandernden Dünensandes erwartet werden, als dort, wo das Dünen 
gebiet durch starke Zerstörung älterer Dünen im W und Bildung primärer Dünen im 0 beständig verjüngt wird. 
So fehlen auf Borkum, dessen heutige Hufeisenbildung nicht sehr alt sein kann, Formen von Wanderdünen bis 
her ganz. 
Das Gebiet sekundärer Dünen scheidet sich von dem primärer Dünen neben seinen verschiedenen Dünen 
formen auch durch die Andersartigkeit der zwischen ihnen liegenden Depressionen. Primären Dünen entsprechen 
eingeschlossene Rinnen und Strandflächen; flache Dünenschilde und Vordünenfelder bewahren auf ebener Strand 
fläche, die höher als der Grundwasserspiegel liegt und nicht von ihm bedingt ist, ihren ursprünglichen Zustand. 
Diese Depressionen stellen also auch primäre Aussparungen im Dünengebiet dar. Sekundären Dünen entsprechen 
ebenso kleinste Dünenkessel, wie auch größere Dünentäler im Gebiete der Parabeldünen, Barchane und Massen 
dünen. Sie sind von einem Gewirr niedriger Bülten und Kupsten, Zeugen älterer Wanderstadien, besetzt. Der 
Wind, der die über ihnen lagernden Dünenformen ausblies, hat sie an der Grenze des jeweiligen Grundwasser 
spiegels angelegt. Deshalb können diese Depressionen als Eintiefungen im Dünengebiet bezeichnet werden. So 
verschiedenartige Formen aus den Deflationssanden der Dünenketten entstehen können: neue, sekundäre Dünen 
ketten kann der Wind aus ihnen nicht aufbauen. Er kann niemals die einzelnen von ihm zusammengehäuften 
Dünen zur gleichmäßig zusammengeschlossenen Form einer Dünenkette aufbauen, da die begrenzende Wirkung 
des Wassers fehlt. Der oft aufgeworfenen Meinung, daß Dünen aus dem Deflationsmaterial der Außendüne entstehen 
und in Kettenform landeinwärts wandern, stehen die Tatsachen entgegen. 
So wird zuweilen als Beweis der Wanderung geschlossener Dünenketten angeführt, daß die Binnendüne 
Schiermonnikoogs nach S gewandert sei, wie aus der Tatsache hervorginge, daß Häuser und Gärten im N des 
Dorfes verschüttet worden seien. In der Tat ist das geschehen; die sieben Häuser nördlich der Noorderstreek, die 
den Ortsteil Zevenhuizen bildeten, sind zwischen 1832 und 1842 abgebrochen worden, da sie verschüttet zu wer 
den drohten. Dieses Geschehnis verführte u. a. auch S t a r i n g 35 zu der wilden Übertreibung, daß die Hälfte der 
Häuser des Dorfes gezwungen worden sei, vor der Binnendüne zurückzuweichen. Eine Nachprüfung der Karten 
aufnahmen ergab, daß seit 1809 die Binnendüne als äußerstes rund 100 m, d. i. etwa um ihre eigene Breite, süd- 
ostwärts rückte, im großen aber ziemlich unverändert blieb. Es fällt dabei auf, daß das Extrem gerade dort 
erreicht ist, wo die menschlichen Siedlungen allzu nahe an sie herangerückt waren. Es ist doch zu bedenken, wie 
weit die „Wanderung“ der Binnendüne nicht durch unverständige Ausnutzung der Düne durch den Menschen und 
seinen Lebenskreis seit der Gründung des neuen Dorfes verursacht wurde 37 . Diese Binnendüne hat auch keines 
wegs mehr ihre ursprüngliche Entstehungsform gewahrt. Kupsten auf der Nordseite, Steilhänge auf der Südseite 
und geschweifte Umrißlinien zeugen von der Verschiebung. Im großen ganzen ist sie aber bei der geringen Ver 
lagerung doch in kettenartigem Zusammenhang geblieben. Im allgemeinen unterlag besonders die Binnendüne, die 
bei beginnender Wanderung den Menschen am empfindlichsten getroffen hätte, scharfen Bestimmungen, die ihre 
Unterhaltung und Befestigung im Auge hatten. Diese ging auf Ameland zu Lasten der Dorfgemeinde und geschah 
unter der Aufsicht der Richter. Jeder Markgenosse mußte jährlich einige Büschel Helm in den entstandenen 
Wundstellen pflanzen. Zweimal im Jahre fanden Besichtigungen der Markgenossenschaft unter Führung der Rich- 
35 Nr. 52, S. 187 f. 
36 Nr. 95, S. 325. 
37 Anfang des 19. Jahrhunderts hatte sich die ärmere Bevölkerung, die in der zurückgegangenen Seefahrt kein Brot mehr 
fand, der Mattenflechterei zugewandt; in großen Mengen wurden die Erzeugnisse nach dem Festland ausgeführt. Das Material 
wurde planlos aus dem Helm der benachbarten Dünen gewonnen. Nach Venema (Nr. 107, S. 393) lebten damals 50 Hausarbeiter 
von diesem Gewerbe. Vgl. auch Jeswiet, Nr. 57, S. 80.
	        
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