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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 56. Band, Nr. 3
bei Sturmfluten, die den Dünenfuß erreichen, als oberste Brandungsrinne ausgebildet. In größerer Entfernung vom
Scheitelpunkt dient sie dem überströmenden Wasser, das sich an der Außendüne staut, als Abflußrinne, die vor
der Außendüne entlang zum Watt führt. Ihre Wirkungsbreite beträgt dort gewöhnlich 100 bis 150 m. Vor dem
Dünenfuß als dem eigentlichen Rinnenbett ist sie am stärksten ausgetieft. Nach Regenböen ist ihr Boden selbst
am Nordstrand so hart, daß sie mit dem Rade befahrbar ist, obgleich sie dort am höchsten ist (bis zu 1,5 m über
MHW) und sich erst in der Abflußrichtung erniedrigt. Am seeseitigen Rinnenrand wird der vom Wind herbei
geführte Sand durch die gegenüber der Strandebene größere Durchfeuchtung des Untergrundes festgehalten, ohne,
wie auf dem Rinnenboden aus den oben besprochenen Gründen, von vorbeiströmendem Wasser mitgerissen werden
zu können. Dadurch kommt es zu einer geringen Aufhöhung dieses Teils der Strandebene, die bei ruhigen,
längere Zeit in der Richtung nicht wechselnden Winden als kleines wallartiges Hindernis für das Sandtreiben
weiteren Sand aufzufangen vermag. Das gelingt besonders dort, wo die Außendüne eine Biegung macht, vor
allem, wo sie aus der W—O-Richtung mehr in eine SO-Richtung übergeht, wodurch sie gegenüber den für den
Sandtransport und damit für den Aufbau wichtigsten W- und NW-Winden etwas in den Windschatten gerät. Der
angehäufte Sand wird vom Wind angeschnitten und in flache Schilde 18 gegliedert, die in der Langseite mit der sie
formenden Windrichtung übereinstimmen. Sie bilden in längeren Trockenperioden breite Säume, die oft bis zum
Rücken des Strandwalles reichen, in dessen Höhe die Korngröße des Materials am feinsten ist (vgl. Kap. I).
Diese vegetationslosen Flachdünen können bis zu einem Meter hoch werden. Ihr allmähliches Wachstum hat
B e h r m a n n 19 eingehend geschildert. Neuere Untersuchungen stehen der Ansicht R e i n k e s 20 , daß auf der
Strandebene sich nur Dünen bilden können, die an Vegetation anknüpfen, und ebenso derjenigen Braun s 21 , „daß
Dünenbildung an anorganischem Hindernis für das Wachstum der Dünen nur unwesentlich in Frage kommt“,
entgegen und bestätigen völlig die Auffassung Behrmanns, daß diese rein anorganischen Gebilde in der
Mehrzahl der Fälle erst den geeigneten Boden für das Gedeihen der Pflanzen bieten. Nirgends konnte festgestellt
werden, daß ein Vordünenfeld vegetativ angelegt wurde. Immer bildeten sich erst vegetationslose Dünen dort,
wo einmal ein Vordünenfeld entstehen konnte. Es wird unbestritten bleiben, daß Triticum in einzelnen
Exemplaren auch auf kahler Strandfläche keimen kann und ein kleines Sandschwänzchen zu sammeln vermag.
Es ist aber ebenso unbestreitbar, daß ein Triticetum, das ein Vordünenfeld bildet, nicht auf kahlem Sand entsteht,
sondern dort, wo eine gewisse Aufhöhung schon stattgefunden hat.
Das Eindringen von Triticum, seine Rasenbildung und damit die Zusammenfassung und allmähliche Aus
ebnung unzähliger Individualdünen in die Gemeinschaftsform der Dünenschilde, die ziemlich gleichmäßig auf
gehöht wird, der Einzug des Helms und damit die anfänglich verstärkte Dünenbildung auf der Binnenseite des
Vordünenfeldes, geht ebenso wie in den Urdünenfeldern vor sich. Auch hier hat sich das Wasser, vom Anfang
eines spürbaren Hindernisses an, Gaten zwischen der Rinne vor der Außendüne und dem Strand geschaffen und so
das Vordünenfeld in einzelne Schilde zerlegt. Ein Unterschied besteht nur darin, daß die Dünenschilde von dem
Wasser der eingeschlossenen Rinne, die unmittelbar vor dem Dünenfuß am tiefsten und so am wirksamsten ist,
nur selten angeschnitten und kaum geformt werden. Die Folge ist, daß auf der seeabgewandten Seite der sich
bildenden Helmkette eine ursprüngliche Aufschüttungszone in Form von langen, flachen Zungen in die Rinnen
delle hineinreicht, die der Vegetation bald gestattet, den Rand der Delle zu besiedeln. Die Rinne selbst wird dabei
in zunehmendem Maße eingeengt. Solange die Delle noch häufig voll Wasser läuft, gedeiht Queller am besten;
er wird später durch einen dichten Andelrasen ersetzt, dem Gräser, Riedgräser, Binsen und Schilf folgen, sobald
ihr Standort gegen allzu häufige Überflutung durch Salzwasser geschützt ist. Wenn dann das Vordünenfeld zur
Außendüne geworden ist und die Strandrinnendelle zur Dünendelle wird, ist, solange die Außendüne noch unzer-
stört bleibt, der ursprüngliche Zustand an der verschiedenen Bodengestalt mit ihren Pflanzengesellschaften deut
lich zu erkennen. Die früher entkalkte Aufschüttungszone ist von einem schier undurchdringlichen Gestrüpp des
Sanddorn bedeckt. In der tiefer liegenden ehemaligen Rinne, wo das Grundwasser dicht unter oder über der Ober
fläche steht, herrschen dichte Verbände der Kriechweide (Salix repens), schmalblättriger Rohrkolben (Typha
angustifolia), Schilf (Phragmites communis) und verschiedene Juncaceen und Cariceen vor. Die in älteren Dünen
ketten häufige Erscheinung, daß bei gut zusammengeschlossener Außenseite die Innenseite vielfältig zerrissen ist,
hat nicht so sehr ihre Ursache in späterer Zerstörung durch Wind, sondern in der mangelnden Formung durch
Wasser im Vorfeldstadium. Der Wind gestaltet später nur aus, was er in der Anlage schon vorfindet, d. h. er
vertieft und erweitert vorhandene Wunden, Windgassen und Umläufe.
Die seeseitige Entwicklung des Vordünenfeldes hängt von dem Einfluß ab, den das Wasser der Sturmfluten
auf sie nimmt. Soll das Vordünenfeld einmal zu einer höheren Dünenkette anwachsen, so ist unbedingt erforder
lich, daß die sich vor die Helmdünenzone lagernden Triticumdünen gleichmäßig angeschnitten und zum Teil
beseitigt werden. Die Anlage einer Rinne und eines durchgängigen Dünenfußes nahe der Helmdünenzone, oft in
18 Reine Barchattformen auf dem Strande habe ich nur äußerst selten finden können. Sie bilden sich nur auf hartem,
glattem Untergrund, wie in den Gaten der Vordünenfelder. Die höchsten erreichten eine Höhe von 50 cm. Von höherer Flut oder
umspringendem Wind wurden sie schnell wieder zerstört.
19 Nr. 14, S. 21 f.
20 Nr. 84, S. 38 f. und S. 283; Nr. 86, S. 75 f.
21 Nr. 29, S. 150.