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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 56. Band, Nr. 3
oben erwähnten Karte des Landmessers P. A. Overduyn (Abb. 2, T. 1) vom Jahre 1809 an derselben Stelle als
zwei Dünenschilde eingetragen, an der es heute noch liegt. Auf der Karte 1:50 000 vom Jahre 1854 (XXIII) ist
der kleinere, nordöstliche Schild verschwunden, während der größere sich nord- und ostwärts ausgebreitet hat.
Er ist als „Nieuwlandsrijd“ bezeichnet. Die Darstellung läßt den langsamen Anstieg nach dem höheren südlichen
Teil und den steilen Abfall auf der Wattseite erkennen. Es handelt sich also wahrscheinlich um einen Dünen
schild mit höherem Ammophilion und vorgelagertem Triticetum in ähnlichem Entwicklungsstadium wie die gegen
wärtigen Urdünenfelder Schiermonnikoogs. In den 80er Jahren wurde der Sanddeich angelegt, der das Oerd mit
dem Nesser Inselkern verband. Dadurch wurde ein weiterer Aufbau unmöglich gemacht. Eine Zerstörung allein
durch die Wirkung des Windes wäre bei dem wenig Angriffsmöglichkeit bietendem flachem Schild kaum vor sich
gegangen. Es wäre vermutlich ein Wechsel der Pflanzengesellschaft eingetreten, wobei die auf die Zufuhr von
ausreichenden anorganischen Nahrungssalzen angewiesenen Gramineen den auf Zunahme von Humus und damit
organisch gebundenem Stickstoff angewiesenen Pflanzen, und hier zuerst dem Seedorn (Hippophaes rhamnoides),
gewichen wären. Der Urdünenschild wäre dann auf der zu Grünland gewordenen ehemaligen Strandfläche in er
storbener Form erhalten geblieben. Stattdessen trat eine Zerstörung von S her ein durch den starken Abbruch des
Landes auf der Wattseite im Laufe der letzten 50 Jahre. Ein gutes Drittel des Schildes ist, gemeinsam mit dem
benachbarten Grünland, abgeschlagen worden. Die wunden Stellen sind vom Wind allmählich von S nach N
erweitert. Zwei große Kessel im Innern haben sich in den Schild hineingefressen und ihn fast ausgehöhlt. Der
ausgeblasene Sand bildet keine neuen Dünen, sondern ist dünn im O über das Grünland verteilt. Nur der Rand,
der einst niedrigste, heute aber höchste Teil (2,5 bis 3 m über Maifeld) ist noch erhalten und ragt bei Sturm
fluten über die unter Wasser gesetzte ehemalige Strandfläche halbmondförmig hinaus. Auf dem Boden der an
den Rändern scharf abbrechenden Kessel zeugen einige Kupstenreihen, die auf Resten eines älteren Dünenbodens
ruhen, von der gemeinsamen Arbeit des Wassers und des Windes.
Das größere der Urdünenfelder ist das Dünengebiet, das heute den Namen Nieuwlandsrijd trägt
(Karte 17, T. 4). 1809 war es noch nicht vorhanden. 1854 dagegen ist es eingetragen als ein Urdünenfeld, das zwar
durch Gaten in verschiedene Schilde geteilt ist, aber sichtlich einem gemeinsamen Bildungsgesetz untersteht.
Es ist mit dem Scheitelpunkt nach ONO gewendet. Südwestlich vor den Kooikerduinen ist ein langgestrecktes
Dünenfeld eingezeichnet, das einer bereits 1809 angedeuteten Ausdehnungsrichtung nach NW folgt und offenbar
im Zusammenhang mit dem Nesser Inselkern steht. Im Sommer 1933 untersuchte ich das Gebiet. Der gegenwärtige,
seit vier Jahrzehnten erstorbene Zustand läßt noch unversehrt den Stand der Entwicklung vor dem Absterben
erkennen. Obgleich gegenüber dem Stand von 1854 der Zusammenschluß große Fortschritte gemacht hat, sind
einige Gaten zwischen den einzelnen Schilden noch nicht ganz geschlossen. Die Anordnung der Helmdünen macht
wahrscheinlich, daß das Urdünenfeld nicht von der Wattlinie ausgegangen ist, die bereits von dem älteren Nieuw
landsrijd besetzt war, sondern von der Linie der Nieuwlandsplas, an der sich, ebenso wie an der westlich
gelegenen Zinkesloot entlang, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ausgedehnte Quellerfelder weit nach N vor
geschoben hatten. Bei dieser Annahme erklärt es sich, warum der Scheitelpunkt des sich bildenden Dünenbogens
nach ONO gerichtet war. Bald müssen aber unter dem Einfluß von Wind und Wasser die beiden östlichen Er
weiterungen des Dünenfeldes entstanden sein, die dem Ganzen ein ausgeprägtes Muschelprofil verliehen und den
Scheitelpunkt dabei nach NW verlegten. Eine eigentliche Außendüne scheint nie gebildet zu sein, da die Binnen
düne durch ihre mehrfache Umgestaltung deren Funktion übernahm. Das vorlagernde Triticumfeld ist vor allem
durch die Wirkung des umlaufenden Wassers vernichtet. So wurde die ursprüngliche Helmdüne Außendüne. Vor
dem Dünenrand ist eine rund 50 m breite Rinne sichtbar, die bei den häufigen Überflutungen von der Wattseite
her vom Wasser noch immer benutzt wird. Sie wird im N von einer Kette kleiner Vordünenschilde begrenzt, die
gleichfalls erstorben sind. Der Dünenrand im NW, der bis zu 4 m ansteigt, ist z. T. zerstört und in Kupsten auf
gelöst. Das muß in der Zeit zwischen dem Aufhören der Sandzufuhr und der Bildung der eine weitere Entwick
lung unterbindenden dichten Pflanzendecke geschehen sein. Bei Sturmfluten ragt das Nieuwlandsrijd als Insel
über das überschwemmte Gründland hervor. Dabei treten die Formen klar heraus.
Es wird nun, zusammenfassend, deutlich, daß in den Urdünenfeldern nicht eine morphologisch begrenzte
Entwicklung stattfindet, sondern daß die Möglichkeit zu einer Inselkernbildung bei geeigneten Bedingungen
durchaus gegeben ist. Auf der Terschellinger Boschplaat war sie weitgehend vorhanden. Auch auf Mellum ist
das Voranschreiten der Inselkernbildung zu beobachten. Daß den meisten Urdünenfeldern der Gegenwart nicht
eine so großzügige Ausbildung wie den älteren Urdünenfeldern, den heutigen Inselkernen, gegeben ist, hat neben
dem jüngeren Alter seine Ursache darin, daß ihnen zum Aufbau nicht auch der Sand anlandender Riffe, sondern
nur der Sand aus der Deflation des westlich gelegenen Teils des Inselkörpers und ein Teil des am Strande vorbei
ziehenden Sandes zur Verfügung steht. Es ist dies dieselbe Ursache, die die Maße der drei Dünenmuscheln Ame-
lands von W nach O abnehmen läßt.
Die Entwicklungsgesetze dieser embryonalen Inselkerne müssen mit denen der alten Inselkerne überein
stimmen, da entwicklungsgeschichtlich kein anderer als ein alters- und größenmäßiger Unterschied zwischen ihnen
besteht. Sie müssen, ebenso wie sie in den Urdünenfeldern gelten, in den alten Inselkernen gegolten haben und
jetzt noch gelten . Schon hier tritt das später in den Inselkernen näher zu untersuchende Gesetz auf, daß die
Urdünen, die für die Bildung eines Inselkerns von Bedeutung werden, von Anfang an die Form von Dünenketten