Gerhard Isbary: Das Inselgebiet von Ameland bis Rottumeroog
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50 bis 60 m breiter Triticum-Saum auch im S der Helmzone, entstanden auf dem übersandeten Teil der Queller
zone, weist darauf hin, daß über die in den letzten Jahren sehr zurückgewichene HWL das Wasser auch von der
Wattseite her seit einiger Zeit wenig Einfluß ausgeübt hat. In die Gaten schiebt sich oft ein lockeres, nach N
abnehmendes Quellerfeld vor. Es wird weiter nordwärts von einem dünnen Algen- und Diatomeenrasen abgelöst.
Die Grünlandbildung im Schutze der Willemsduinen beginnt erst, so daß Queller (Salicornia herbacea) noch
vorherrscht; daneben ist auch Strandsoda (Suaeda maritima), Milchkraut (Glaux maritima) und Strandmelde
(Obione portulacoides) zahlreich. Andel fehlt noch ganz.
Wir haben es bei den Willemsduinen mit einem jungen Urdünenfeld zu tun, das, obwohl es noch nicht
aus seinen einzelnen Schilden zu einer Dünenkette zusammengeschlossen und geformt ist, doch bereits durch die
gemeinsame Entwicklung der einzelnen Schilde in einem größeren Zusammenhang steht und deshalb als Einheit
zu werten ist. Sie ist über das Stadium der sich bildenden Binnendüne noch nicht hinausgekommen.
In einem anderen Entwicklungsstadium befinden sich die Urdünenfelder auf Terschelling.
Sie haben sich auf der sich lang hinziehenden Strandfläche des Ostflügels, den beiden früher von Terschelling
unabhängigen Boschplaten, nicht in einer, sondern in mehreren Einheiten gebildet. Die westlichste, südlich
Pfahl XXII 1 ist durch die Ausdehnung des Inselkernes nach 0 von der Sandzufuhr abgeschnitten und unentwickelt
geblieben. Eine zweite, zugleich die umfangreichste, südlich des Pfahles XXIV A, wird Smousjesduinen genannt.
Die dritte, südlich Pfahl XXV A, soll näher beschrieben werden. Die auf der Karte 1: 50 000, aufgenommen 1854,
als Smouseduintjes z. T. mit unwahrscheinlichen Umrissen eingezeichneten Dünenfelder entsprechen ihnen nicht
und müssen vor dem Aufbau der gegenwärtigen Dünenfelder wieder verschwunden sein. Auf dem Dünenfeld
südlich Pfahl XXV A befand sich damals ein Häuschen mit Signalmast für Schiffbrüchige, das vermutlich bei
Abbruch dieser Dünen nordwärts versetzt wurde, wo es heute im Rücken des Strandwalles steht. Ostwärts liegt
noch ein viertes Dünenfeld südlich Pfahl XXVI A und ein kleines südlich Pfahl XXVII A, die jüngeren Alters
sind. Sie alle sind voneinander durch breite Gaten, die z. T. von Prielen durchzogen sind, getrennt. Diese Gaten
sind nicht als Durchbrüche durch ein sich zusammenhängend ausbildendes Dünenfeld, sondern als vom Wasser
offengehaltene breite Durchlässe zwischen sich selbständig entwickelnden Dünenfeldern aufzufassen. Gemeinsam
ist allen fünf Einheiten ihre gleichmäßig wattnahe Lage. Durch den WSW—ONO streichenden Ostflügel sind sie
mehr hufeisenförmig ausgebildet.
Das Hufeisen südlich Pfahl XXV A hat eine Oberfläche von rund 40 ha. Es besteht aus einer 4 bis 5 m
hohen, mit Helm bestandenen Außendüne, die im NW und N vornehmlich von dem von der Wattseite kommenden
Wasser angegriffen ist. Der Ostflügel der Dünen ist dagegen noch gut erhalten. Die Wundstellen wurden vom
Wind erweitert, große Kessel ausgeblasen, in die wiederum das Wasser eindrang. Der Sand wurde nach innen
transportiert und dem Dünenboden als Bülten aufgesetzt. Die Zerstörung der Außendüne wird dabei nicht durch
erneuernden Aufbau wettgemacht. Dies ist eine Folge des weit nach O vorgeschobenen künstlichen Sanddeiches,
der sich dem Hufeisen nordwestlich vorlagert und der der Außendüne die Sandzufuhr fast gänzlich abgeschnitten
hat. Die Abnahme des Strandes im S des Hufeisens führte, besonders im SO, zur teilweisen Abtragung der Binnen
düne. So wurde den höheren Fluten der Weg zum 1 bis 1,5 m hochliegenden Dünenboden frei, die sich ablaufend
immer tiefer rückwärts in ihn einschnitten und ihn ausräumten. Der alte Dünenboden blieb in tafelförmigen
Schollen stehen, während der neue Dünenboden um rund 1 m erniedrigt ist. Einzelne steil aufragende Inseln
alten Dünenbodens sind durch aufsitzende Bülten erhalten geblieben. Es ergibt sich dann folgendes Profil: I m
feingeschichteter Sand, durch Druck und Feuchtigkeit zusammengehalten, mit einer Hohlkehle unter der darüber
liegenden, etwas überhängenden Humusdecke des alten Dünenbodens, die grau gefärbt und entkalkt ist, und
darüber wieder der von dem kräftigen Wurzelballen des Helms zusammengehaltene, braungrau gefärbte Sand aus
der Außendüne. Wattwärtiger Pflanzenwuchs ist außer dürftigem Queller nicht mehr vorhanden. Das Wasser hat
das vermutlich früher gebildete Grünland wieder vernichtet.
Diese Urdünen zeigen das Bild eines anfänglich sich kräftig entwickelnden Dünenhufeisens, dem neuerdings
durch das Ausscheiden einer der sie bedingenden Kräfte, der Sandzufuhr, die Möglichkeit zu weiterem Aufbau
entzogen wurde. Die Zerstörung hat an der Wind und Wasser am meisten ausgesetzten Stelle begonnen. Darüber
hinaus wurde durch Veränderung einer anderen Kraft, durch die Näherung der HWL im SO, die Binnendüne
und der alte Dünenboden zum großen Teil aufgelöst. Dieser letzte Vorgang ist von Bedeutung für die Beurteilung
ähnlicher Formen im Dünengebiet des Inselkems. Wenn die HWL sich, gleichlaufend der Entwicklung auf Ame
land und Schiermonnikoog, in einigen Jahren wieder so weit entfernt, daß der Durchbruch in der Binnendüne
wieder zusammenwachsen kann, werden sich innerhalb der randlichen Dünen die Abbruchkanten zwischen den
beiden Dünenböden ausgleichen, und eine Vegetationsdecke wird die Wunden überziehen. In den niederschlags
reichen Monaten wird sich auf dem tieferen, jüngeren Dünenboden ein vielfältig verästelter Süßwassersee bilden.
Diese Form ehemaligen Einbruchs des den Gezeiten unterworfenen Wassers in alte Dünenböden oder alte, durch
Übersandung flächenhaft erhöhte, eingeschlossene Strandflächen und Dellen sind im Inselkern aber nicht selten
wahrzunehmen und finden so eine Erklärung ihrer Entstehung. (Die „Groote Miede“ im nördlichen Oerd, die
„Kooipollendelle“ in den Kooikerduinen Amelands u. a. m.)
Schließlich sei auf die Urdünenfelder des Amelander Rijdtdieps imO der Kooikerduinen
hingewiesen. (Karte 17, T. 4.) Das kleinere von ihnen, in dem der heutige Uferpfahl XV steht, ist bereits in der