Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerhusens
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Das Gesamtbild der Vereisung zeigt, daß vielfach mehrere Perioden auftreten, die wieder von Zeiten ohne
Eis abgelöst werden. Nur 6 von den 10 Wintern zeigen eine ununterbrochene Vereisung, und auch hier wurde
das Eis wiederholt geschwächt oder zum Treiben gebracht, bis wieder vor dem völligen Abtreiben neuer Frost ein
setzte, der die Kontinuität der Vereisung gewährleistete. Ein solcher Winter war z. B. der von 1925/26. Nur in
einem Falle gliederte sich die Vereisung in drei Perioden, von denen die späteste zwar nicht die längste, aber die
intensivste war. Es trat dies im Winter 1924/25 ein. Die zweite Periode beginnt hier eigenartigerweise mit Treib
eis, das durch anhaltende Föhnwinde aus Südwesten in Bewegung gehalten wurde. Erst Mitte März, nachdem die
Gewässer schon wieder eisfrei waren, setzt stärkere Festeisbildung ein. Im großen und ganzen ist die Eisdecke
meist sehr leicht wieder aufgebrochen worden und folgte ziemlich genau den atmosphärischen Veränderungen. Die
letzten drei von zehn beobachteten Wintern waren sehr milde und setzten spät ein.
Zusammenfassend ergibt sich, daß durchschnittlich erst Anfang Januar mit einer Vereisung zu rechnen ist,
etwa 50 Tage nach der ersten Frostperiode und 11 Tage nach der ersten eiswirksamen. Der Eisgang folgt bald
nach Abschluß der letzten in die Zeit mit Eisbedeckung fallenden Frostperiode, nur in wenigen Fällen ist dies
noch nicht die absolut letzte Frostperiode.
2. Die Eisverhältnisse von Sandhamn (Schären von Stockholm).
Sandhamn liegt auf einer Schäre im Schärenhof östlich von Stockholm auf 59° 17' N.Br. in randlicher
Lage, südöstlich erstreckt sich die offene mittlere Ostsee. Weitere Schären sind meerwärts nicht mehr vorgelagert.
Diese maritime Lage prägt sich in den Eisverhältnissen derart aus, daß eine Mittelbildung im 10jährigen Zeit
raum nicht möglich ist.
Die Vereisung zeigt einen ähnlichen Charakter wie bei Söderarm, nur daß die Eisperioden noch weit mehr
reduziert und einige Winter eisfrei sind, die in Söderarm noch Eis aufwiesen. Treibeis und zusammengeschobenes
Eis herrscht vor. Verglichen mit den Frostperioden Stockholms ergibt sich trotz der Spärlichkeit des Auftretens
von Eis immerhin noch eine Parallelität mit tiefen Temperaturen, die schon allein durch die Parallelität mit den
Eisverhältnissen von Söderarm gekennzeichnet wird. Eis tritt meist erst Ende Februar bis Anfang März auf. Die
Extreme sind der 12. Januar als frühester (1925/26) und der 10. März (1930/31) als spätester Termin des Eis
beginns. Während bei Söderarm der Winter 1927/28 trotz spärlicher Eisbildung im ganzen die früheste Eis
bildung in den zehn Jahren aufwies, fällt dieser Winter bei Sandhamn gänzlich aus. Eisfrei war auch der Winter
1924/25.
Starkes Festeis fand sich nur in den Wintern 1922/23 und 1923/24, auch nur während kurzer Zeit und
nicht ununterbochen. Diese beiden Winter zeigen auch eine Hauptvereisung, wobei der Begriff hier mit den
gleichen Einschränkungen gebraucht werden muß wie bei Söderarm. Sonst überwiegt Treibeis bzw. zusammen
geschobenes Eis, beides ziemlich gleichmäßig verteilt auf tretend, auch leichtes Festeis kommt vor.
Zum Schluß der Vereisung treten dann mit bis zu 26 Tagen Abstand gelegentlich noch einzelne Tage mit
Treibeis oder mit losem Eis auf, das wohl auch auf Treibeis zurückzuführen sein dürfte. Die Extreme des Auf
tretens des letzten Eises sind der 9. März bzw. der 10. April.
3. Die Eisverhältnisse von Söderarm (Älandsmeer).
Söderarm Leuchtfeuer liegt nordöstlich von Stockholm in Richtung auf die Älandsinseln am äußersten
Rande des Stockholmer Schärenhofes auf dem 59°45' N. Br. Entsprechend dieser freien Lage in den randlichen
Schären sind die Eisverhältnisse sehr ungleichmäßige, trotzdem gestatten sie aber, gewisse Regelmäßigkeiten im
großen Gange der Vereisung festzustellen, was z. B. bei Grundkallen vollends unmöglich war.
Der Beginn der Vereisung fällt erst in den Februar, nur in zwei Fällen begann die Eisbildung schon im
Januar. Entsprechend dem sehr häufigen Auftreten von Treibeis finden sich nur selten längere zusammenhängende
Eisperioden, vielmehr setzt sich der Eiswinter in der Regel aus mehreren kleineren Perioden zusammen, 1927/28
waren es sogar sieben. Nur selten tritt Festeis auf. Mit einigen Ausnahmen besteht eine recht klare Abhängigkeit
des Eisbeginns von den Temperaturverhältnissen, indem kältere Perioden vor dem Januar noch nicht wirksam zu
werden vermögen.
Es ist zwar nicht in jedem Winter eine besondere Hauptvereisung zu erkennen, aber in 6 Wintern kann man
eine solche Unterscheidung durchführen, während dies bei Grundkallen nicht der Fall war; diese Hauptvereisung
schließt sich an die jeweils stärkste Frostperiode des Januar oder Februar an. In zwei Wintern (1926/27 und
1929/30) wurde gar kein Eis gebildet, während der an vielen nördlicheren Stationen dafür eisfreie Winter 1924/25
eine allerdings nur drei Tage währende Treibeisperiode aufwies. Entsprechend der seewärtigen Lage kann diese
kurze Eisperiode mit Treibeis nicht als selbständige Eisbildung gewertet werden, obschon sie mit einer Frostzeit
zusammenfiel. Vielmehr ist anzunehmen, daß Drifteis aus anderen Gebieten sich nach hier verlagerte. In ähnlicher
Weise hatte auch Grundkallen in demselben Winter eine kurze, aber etwas stärkere „Vereisung“ zu verzeichnen.
Der Winter 1926/27, der an den nördlicheren Stationen noch eine mindestens durchschnittliche Dauer, im
Alnösund sogar die längste der dortigen Winter überhaupt, besaß, wies in Söderarm keine Eisbildung auf. Die
Ursache liegt, abgesehen von der Lage und den hydrographischen Verhältnissen, in der geringen Intensität der
Frostperioden. Schon bei Gävle ging dieser Winter ohne starke Festeisbildung aus, wenngleich er durchschnitt
liche Länge erreichte. Stockholm meldete in diesem Winter keine Temperaturen unter —10°.