22
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 55. Band Nr. 6
Buhnenberg.
Mit dem Erscheinen der ersten Vegetation ändern sich die Verhältnisse völlig. Die Wasserscheide
rückt noch näher an die Ostseite heran. Die ersten Priele entstehen, die teils nach O, zum größten
Teil aber nach W zum Auloch hin abfließen.
Die erste Pflanze, die sich ansiedelt, ist hier auch wieder der Dreikant (Scirpus triqueter) (Bild 6
— siehe auch Sk. 4.) Er wächst sowohl einzeln, als auch in größeren Beständen. An den niedrigsten
Stellen gedeiht er recht kümmerlich. Sein Aussehen gleicht dem an Chlorose erkrankter Pflanzen.
Einzelne Pflanzen stehen last immer, größere Bestände sehr häufig in Vertiefungen. Ob diese Tat
sache auf die durch die Halme vergrößerte Turbulenz des Wassers oder auf die Bewegung der Halme
zurückzuführen ist, will ich nicht entscheiden. Wahrscheinlich ist beides der Fall. Fast gleichzeitig
mit dem Dreikant tritt die niedrige Binse (Juncus bottnicus) auf. Sie kommt, wie schon bei der
Besprechung des Vorlandwatts erwähnt, niemals einzeln, sondern immer rasenförmig in großen Be
ständen vor. Sie besitzt sehr große Fähigkeit, sich unterirdisch auszubreiten und gedeiht sehr gut
im Brandungsgebiet. Selbst sehr schwere Stürme und im Winter das Eis können ihr kaum etwas
anhaben. Der Rasen ist sehr dicht. Ich zählte (Probezählung) einmal 22 000 Exemplare auf den
Quadratmeter. Im Gegensatz zu Scripus triqueter stellt Juncus bottnicus immer auf einer erhöhten
Fläche, einem Horst. Meist sind es 20—25 cm über das übrige Watt hervortretende kreisförmige
Erhöhungen, die einen Durchmesser von nur einigen Metern haben (Bild 6). xYucli ringförmige Bil
dungen kommen vor. In der Milte befindet sich dann ein rundes Loch, das mit halbflüssigen bis zähem
Schlick angefüllt ist. Hinter den Binseninseln bilden sich Sandzungenhügel, die fast ausnahmslos in
Richtung des Flußstroms liegen, ein neuer Beweis für die Überlegenheit des Flutstroms dem Ebbstrom
gegenüber. Diese Sandzungen werden, wenn sie genügend aufgehöht sind, von der Vegetation ein
genommen, entweder von der niedrigen Binse selbst oder von Scirpus labernaemonlani. Bald bildet
diese Pflanze dichte, undurchdringliche Bestände. Auch die Meerstrandbinse tritt stets in größeren
Gruppen auf. Dazwischen siedeln sich dann andere Pflanzen an, so der Weiderich (Lythrum), der in
riesigen Mengen und in bis zu Meter hohen Stauden ebenfalls als ein ausgezeichneter Schlickfänger
dient. Im Spätsommer bilden die dichten Bestände weithin leuchtende Flächen. Bald folgt auf
erhöhten Stellen der Rohrkolben, von dem auch hier die beiden Arten, der Kattich (T. latifolia) und
das Bohnenband (T. angustifolia) vertreten sind. Der Rohrkolben ist der Vorläufer des Retli’s, das
erst an der M.H.W.-Grenze gedeiht, und das zum Land hinüberleitet. Größere Schallen sind aber auf
dem Buhnenberg noch nicht vorhanden.
Mit dem Auftreten der ersten Vegetation tritt auch in dem Prozeß des Aufwuchses eine entschei
dende Wendung ein. War vorher auch schon eine Abnahme der gröberen Bestandteile bemerkbar
gewesen, so überwog doch immer noch die sandige Komponente. Jetzt aber kommt es sehr plötzlich
infolge der durch die Vegetation stark verringerten Strömung zur Schlickablagerung. Zwar kommen
immer noch Quarzkörnchen vor, aber die gröbste Fraktion geht über 0,05 mm kaum hinaus. Die
Grenze von Feinsand zum Schlick ist meistens sehr scharf. Diese Tatsache könnte für die Stratigra
phie einmal von Bedeutung werden. Die Juncus bottnicus-Inseln werden besonders bei Sturmfluten
noch häufig von Sand überdeckt. So erklärt sich die gute Erhaltung der Pflanzenreste, wie ich sie
später am Abbruchkliff am Bishorster Sand vorfand.
Mit der Vegetation wandert auch die Wasserscheide immer weiter an die Binnenelbe heran. Der
Ostabhang wird immer steiler und schmäler. Nur einige wenige Priele, vor allem im Übergangs
gebiet, münden in die Binnenelbe. Der größte Teil des Buhnenbergs aber entwässert zum Auloch und
Quappenloch hin. Charakteristische Oberflächenformen sind die immer auf genügend steil gelegenen
Sc blick flächen vorhandenen Entwässerungsrinnen. Ich habe wiederholt diese winzigen Wasserrinnen
in ihrer Entstehung beobachten können. Es handelt sich keineswegs um rippeiähnliche Formen.
Sackungsvorgänge, vielleicht auch in geringem Maße die ausräumende Wirkung des wenigen ab
fließenden Wassers sind die Ursache für ihre Entstehung. Wie auch W. W r a g e (38) bemerkt, treten