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Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 55. Bd. 3Nr. 5.
schon aus den Betrachtungen der Vertikalschnitte, daß das zwar nicht der Fall ist, die in den fraglichen
Tiefen herrschenden Geschwindigkeiten aber nur gering sind. Vergleicht man die beiden Figuren mitein
ander, so bemerkt man eine weitgehende Parallelität zwischen den beiden Kurvensystemen. Das läßt den
Schluß zu, daß die Wasserbewegung im großen in den beiden Schnitten übereinstimmt. Wir wollen
deshalb auch die Karten nicht einzeln, sondern gemeinsam betrachten. Uber der Bäreninselsenke sind
die Kurven zusammengedrängt entsprechend dem hier eindringenden atlantischen Wasser. Sie folgen dann
dieser Rinne nach Osten und entfernen sich voneinander im gleichen Maße wie sich die Bäreninselsenke
verästelt. So w r ird unter 75° nördlicher Breite und 31° östlicher Länge die Franz Josefs-Strömung abge
zweigt. Dann bemerkt man unter 73' bis 74° nördlicher Breite, wie das Wasser tief in die QuersenkeII
der Mittelschwelle eindringt. Nach dem Verlauf der Isobaren zu urteilen, tritt es aber nicht über die
Mittelschwelle nach Osten hinüber, sondern kurvt zurück und speist dann zusammen mit den vom Nord-
kap kommenden Wasser die Murmans-Strömung. Diese starke Einbuchtung der Isolinien nach Westen
unter 73° nördlicher Breite ist nicht nur östlich von 33° östlicher Länge zu finden, sondern ist auch noch
weiter nach Süd-Westen zu erkennen. Hier haben wir das in Figur 15 festgestellte Gebiet mit westlicher
Bewegungskomponente. Aus den vorliegenden Karten geht aber hervor, daß wir hier keinen zusammen
hängenden Weststrom haben, der sich durch das Barents-Meer zieht, sondern diese Krümmungen weisen
auf Wirbel hin, die vermutlich durch die hier stattfindende kräftige Rechtsablenkung des Westwassers
entstehen. Die Ursache dieser Umbiegung der Kurven nach Süden bzw. Süd-Osten erkennt man sofort
in der Bodengestaltung. Es ist offensichtlich die Mittelschwelle, die das Westwasser hindert, unmittelbar
östlich vorzudringen. Nur in den einzelnen Senken, die sich auf der Mittelschwelle finden, ist atlantisches
Wasser vorhanden, wie aus den Salzgehalts- und Temperaturschnitten auf 33% ° und 38° östlicher Länge
hervorgeht, dieses kurvt aber zurück, wodurch die auffallende Parallelität zwischen den relativen Iso
baren und den Linien gleicher Tiefe zustande kommt.
Im nächsten Paragraphen werden wir Gelegenheit nehmen, auf die Zusammenhänge zwischen
Strömungen und Morphologie des Meeresbodens näher einzugehen.
§ 5. Die Horizontalschnitte der mittleren Dichte vom Boden bis 25 m Tiefe.
Wie im vorlegten Paragraphen ausgeführt wurde, müssen wir zunächst prüfen, inwieweit die Vor-
ausseßungen erfüllt sind, die gemacht werden müssen, um aus der Richtung der Kurven gleicher mitt
lerer Dichte auf diejenige der Isobaren und der Geschwindigkeit schließen zu können. Diese Voraus-
seßungen sind: 1. die Richtung der Isopyknen muß längs jeder Vertikalen von der Tiefe unabhängig
sein. 2. Diese unter 1. genannte Richtung muß mit derjenigen der Linien gleicher Tiefe zusammcnfallen.
B. Schulz hat in den „Berichten“ auf Tafel V Horizontalschnitte von Salzgehalt und Temperatur für die
Tiefen von 50, 100, 150, 200 und 300 m Tiefe gegeben. Die zugehörige Besprechung findet man in
„Berichte“ S. 271 und 272. Diese Karten sind für unsere Untersuchung sehr wertvoll. Betrachten wir
zunächst den Salzgehalt, so fällt sofort die große Bedeutung der Bodengestalt für die Ausbreitung des
Wassers auf. Im Nord-Westen ist es die Spißbergenbank, längs der sich die Isohaiinen von Süd-Westen
nach Nord-Osten erstrecken. Die östlich davon gelegene Mittelschwelle, insbesondere die hier gelegene
Mittelbank, verhindert aber ein weiteres Vordringen dieser Kurven nach Osten bzw. Nord-Osten und
veranlaßt die Abspaltung der Franz-Josef-Strömung von der Hauptmasse des atlantischen Wassers. Die
Kurven sind so gezwungen, sich nach Süden bzw. Süd-Osten zu wenden, wobei eine bis ins einzelne
gehende Parallelität zwischen Linien gleichen Salzgehalts und Isobathen zu beobachten ist, und zwar
nicht nur für die tiefen Schichten, sondern bis zu 50 m. Im Süden und im Osten des westlichen Barents-
Mceres verlaufen die Kurven im wesentlichen der Küste parallel. Hingewiesen sei noch auf die Karte für
150 m Tiefe, auf 73° nördlicher Breite, die ein geschlossenes Gebiet von 35°/°® Salzgehalt aufweist, das
in den anderen Karten nicht vorhanden ist. Es ist wahrscheinlich, daß auch hier nur eine große Einbuch
tung besteht und vermutlich wird diese Gestalt der Isohaiinen durch den Nordkaprücken bedingt.