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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 55. Bd. Nr. 5.
weitgehend sein, weshalb darauf verzichtet werden soll. Die zeitlich erst später gewonnenen Ergebnisse
in 75/4° nördlicher Breite und 76° nördlicher Breite ergeben nach Westen fließendes Wasser. Auf die
intensive Scharung sowohl der Isohaiinen als auch der Isothermen eben nördlich 75° nördlicher Breite
hat B. Schulz schon hingewiesen, wir haben es hier mit der Polarfront im Meere zu tun. Im Süden
haben wir salzreiehes und warmes Wasser, im Norden aber salzarmes und kaltes Wasser. Das hat einen
ganz interessanten Einfluß auf die Dichteverteilung. Zunahme des Salzgehalts und Abnahme der Tem
peratur erhöhen bekanntlich die Dichte, da nun das eine nördlich, das andere südlich von 75° nördlicher
Breite der Fall ist, so finden sich sowohl nördlich als auch südlich dieser Stelle Wassermassen gleicher
Dichte. Die Isopyknen steigen, weil die Temperaturabnahme die Salzgehaltsabnahme überwiegt, im Süden
von 75° nördlicher Breite an, erreichen ihren höchsten Punkt unter 75° nördlicher Breite und fallen
dann wieder ab. Die Linie maximaler Dichte, die man sich konstruiert denken kann, verläuft dabei
nicht senkrecht, sondern sie fällt von dem Oberflächen nahen Wasser unter 74)4° nördlicher Breite nach
dem Abhang der Spißhergenbank zu ab. Nach Defant gibt es zwei Fälle, je nachdem Temperatur oder
Salzgehalt den Ausschlag geben. Das erste bedingt eine starke Westwinddrift und einen schwachen
Polarstrom, das zweite bewirkt die umgekehrten Verhältnisse. Da in unserem Fall die Geschwindigkeit
nach Norden schneller zunimmt als nach Süden, jedenfalls solange man nördlich von 74° Br. bleibt, so
daß wir einen starken Polarstrom und eine schwache Westwinddrift haben, dürfte hier wohl der Salz
gehalt den Ausschlag geben.
Auf 30° östlicher Länge sind zwei Schnitte gemacht worden (Figuren 3, 10 und 11), die einen zeit
lichen Abstand von einem Monat haben. Im Süden stellt man beide Male eine ausgedehnte Masse ost
wärts fließenden Wassers fest, die anfangs August bis 73° nördlicher Breite reicht und recht beträcht
liche Geschwindigkeiten bis über 5 cm pro sec., besitjt. Bei der Wiederholung erstreckte sich dieses
Wasser bis 74° Breite nach Norden, relativ hohe Geschwindigkeiten finden wir hier von 72° bis 72% °
nördlicher Breite, fast 4 cm/sec. Die nach Norden anschließende westliche Wasserbewegung ist auf
beiden Schnitten bedingt durch ähnliche Lagerung der Isothermen. Der Verlauf der Kurven erinnert
an denjenigen der Isothermen an den entsprechenden Stellen auf 26° und 19° östlicher Länge. Dies scheint
die Vermutung bezüglich eines Weststromes nodi zu verstärken, aber morphologische Gründe sprechen
gerade an dieser Stelle dagegen, wir werden das bei der Erörterung der Horizontalschnitte ausführlicher
darzulegen haben (vgl. S. 26). Nördlich von 73J4 ° nördlicher Breite finden wir auf dem ersten Schnitt
durchweg nach Osten fließendes Wasser, die Polarfront ist nicht gekreuzt worden. Auf dem zweiten
Schnitt bewegt sich das Wasser von 74/4° nördlicher Breite bis 76° nördlicher Breite nach Osten. Nur
finden wir beide Male auf dem Boden der Hoffnungsinselsenke Wasser mit westlicher Bewegungskom
ponente, was demnach keine zufällige Erscheinung ist. Beim zweiten Schnitt, der Ende August ausge
führt wurde, wurde, wie B. Schulz schon feststellte, die Polarfront überschritten, was wieder deutlich
zu erkennen ist, an dem Verlauf der Kurve o", — 28.0, die unter 76° nördlicher Breite der Oberfläche am
nächsten kommt. Man findet hier allerdings nicht den ausgeprägten Polarstrom wie auf 26° östlicher
Länge, in der Geschwindigkeitsverteilung zwischen 76° und 76)4° nördlicher Breite ist er aber schon
angedeutet. Aus Tabelle 1 ersehen wir, daß vom Grund bis 130 m Tiefe ein Oststrom herrscht, dessen
Geschwindigkeit bis in dieses Niveau ansteigt, dann aber wieder abnimmt, und in 60 m Tiefe fließt das
Wasser nach Westen. Da der Schnitt nicht weiter nach Norden reicht, müssen wir uns mit dieser Fest
stellung begnügen. Denken wir daran, daß zwar der Abhang der Spitjbergenbank, nicht aber diese selbst
von dem Schnitt erfaßt wird, so dürfen wir vermuten, daß der Polarstrom erst auf der Bank seine volle
Ausbildung besitjt, so wie wir es unter 26° östlicher Länge festgestellt haben 30 ). Interessant ist auch der
**) Daß die polare Grenzfläche sich am Abhang einer Bank, nämlich der Spißbergenbank befindet, ist keine Eigentüm
lichkeit des Barents-Meeres, denn dasselbe können wir auch in anderen Meeren beobachten, so im Ostgrönlandstrom (vgl.
Defant: in Berichte des Deutsch. Geograph. Tages in Danzig 1930) und im Grenzgebiet zwischen Labrador und Golfstrom
bei Cap Hatteras (vgl. Schumacher, Neuere Arbeiten über den Golfstrom, Ann. d. Hydrgr. u. mar. Meteor. 1935). Hier
finden wir den Polarstrom auf dem Schelf, die Westwinddrift lehnt sich an diesen an. Diese Tatsache deutet darauf hin, daß
auch in den genannten Beispielen die Bodengestalt für den Verlauf der Strömungen von wesentlicher Bedeutung ist.