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Aus dem Archiv der Deutschen Seevvarte — 55. Bd.. Nr. 4
2. Orographische Gliederung.
Das Abiadbecken ist landschaftlich recht einheitlich; es ist eins der großen für Afrika so
typischen Beckenländer. Im 0 steht der z. T. mauergleiche Abfall des abessinischen Trapp-
Plateaus, das eine mittlere Höhe von 2000 und mehr m hat. Der Rand ist von Schluchten und
Buchten mannigfach zerschnitten, halbinselartige Vorsprünge brechen kapartig ab, große Teile
sind losgelöst, Inselbergreihen liegen oft parallel zum Steilhang. Das bergige und wellige
Randgebiet, das der Oberflächenform nach ein durch Erosion weitest gehend aufgelöstes tieferes
Plateau sein kann, denn vielfach haben die Berge gleiche Gipfelhöhe, ist offenbar überraschend
schmal. Sehr bald dehnt sich im W, weit tiefer liegend mit einer mittleren Meereshöhe von
400 bis 600 m, ein ungemein flaches Land aus, das eine sehr geringe Neigung von SO nach NW
besitzt. Im N ist es die .Inselbergplatte der Djesireh. Die Inselberge sind im O zahlreich; sie
werden von 34° O an nach W seltener, gehen aber bis zum Nil, der ein weites, von unvoll
ständigen Uferwällen begleitetes Bett hat. Der Fluß und seine Altwässer und Randsümpfc
werden in einiger Entfernung im O und W von den offenbar dammartig erhöhten Steilhängen
der inneren Inselbergplatte eingefaßt, die sich im W des Flusses fortsetzt. Diese höhere ebene
Fläche wird von Trockenflußbetten (Cheran) durchkreuzt. (Fig. 1.)
Südlich des Sobat hat das Land anscheinend eine sehr geringe Anzahl von Inselbergen;
in großen Teilen dieses Abschnittes fehlen sie ganz. Hier im Gebiet der Sobatquellströme
breiten sich ebene Platten aus, zwischen denen Dauer- und Regenzeitflüsse in breiten, wenige
Meter tiefer liegenden Oberschwemmungsflächen in leicht veränderlichen Läufen dahinströmen.
Nach SO hebt sich das Land zur Rudolf-See-Schwelle; im S endet es mehr unvermittelt, wenn
auch nicht entfernt so schroff wie gegen Abessinien, an dem Hochland von Dodinga und Latuka.
Das Becken des Bahr-el-Ghazal scheint dem Sobatquellgebiet landschaftlich ähnlich zu sein.
Wir kommen so auf Grund der orographischen Betrachtung zu einer Vierteilung des
Abiadbeckens;
1. Der abessinische Steilrand und sein unmittelbares Vorgelände. Der Rand im S
und SW.
2. Die Inselbergplatte des NO, die Djesireh und ihre südliche Fortsetzung bis zum
Sobat, die allgemein schwach von SO nach NW geneigt ist.
3. Die inselbergarmcn bis -freien flachen Platten des S im O und W des Bahr-el-Djebel.
(Bei der Betrachtung der Bewässerung werden aus diesem Gebiet noch zwei Land
schaften besonders hervorgehoben werden; der Ghazal-Sudd und das Land, in dem
die Sobatströme zusammentreten.)
4. Die Uferlandschaft des Bahr-el-Djebel und des Bahr-el-Abiad.
Am Ostrand läßt sich eine weitere Unterteilung vornehmen. Da meist ein doppelter Abfall
vorhanden ist, kann man einen oberen Steilrand, eine Terrassenfläche und einen zweiten Steil
rand als gesonderte Teillandschaften auffassen. Oft ist die Terrasse völlig in Inselberge und
Hügelzüge aufgelöst. Auf 11° N scheint sie etwas breiter ausgebildet zu sein, ebenso am
Westrande von Kaffa und vor dem Bomaplateau. Vielleicht kommen Bergfußniederungen vor;
darauf wird später noch eingegangen werden.
Die nördliche Inselbergplatte ist ein recht einheitliches Land, von dem sich nur der N
durch andere Gesteinsbeschaffenheit unterscheidet.
Das dritte Landschaftsgebiet, die Flachlandplatte des S im O und W des Bahr-el-Djebel,
ist leider noch nicht genügend bekannt, um eine brauchbare Gliederung zu gestatten. Land
und Fluß sind hier auch so innig miteinander verbunden, daß eine Einteilung nach orographischen
Gesichtspunkten jedenfalls jetzt noch nicht angebracht ist. Die Platte ist von Flüssen, von
denen manche als Dammflüsse und andere als solche mit tief eingesenkten Betten geschildert