Dr. Erich Höller: Feucht- und Trockensteppen im Abiadbecken.
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A. Landschaftskundliche Analyse.
1. Lage, Größe und Grenzen.
Das Abiadbecken, im Innern Afrikas gelegen, gehört zu den Tropen und reicht von 4° N
im südöstlichen Teil bis Chartum auf rund 1514° N. Auf 34*A° 0 etwa verläuft die Ostgrenze;
da das Gebiet nach W am Bahr-el-Arab und Bahr-e!-Homr auskeilt, läßt die Westgrenze sich
gradmäßig nicht angeben. Der nordöstliche Teil des Beckens ist die Djesireh, die zwischen
dem Bahr-el-Asrak, Abessinien und dem Bahr-el-Abiad liegt; der SO, das Sobat- und Rudolf-
Sce-Gebiet, ist noch am wenigsten erforscht; der SW ist das Land des Bahr-el-Ghazal und
seiner Zuflüsse. Der NW, das Grenzland Kordofans, ist für uns von geringerer Bedeutung.
Das ostsudanische Becken hat eine Größe von ungefähr l 3 A Millionen km“.
Die Ostgrenze unseres Gebietes ist sehr eindeutig der hohe, von N nach S laufende Rand
des abessinischen Plateaus. Im SO am Rudolf-See (der fast 300 km lange und bis 60 km breite
See liegt im ostafrikanischen Graben in 380 m Meereshöhe auf rund 36° O und erstreckt sich
von 2°30' bis 5° N) trennt eine flache Schwelle von 700 m Meereshöhe das Nilbecken vom
Einzugsgebiet des Indischen Ozeans; diese Schwelle ist zugleich die Rudolf-„Senke“. Von
dort zieht die Grenze nach WNW bis NW, auf ungefähr 5° N den Nil kreuzend, am Rande von
Höhen entlang, die im O des Flusses durch die Berge von Dodinga und Latuka gebildet werden,
im W durch die Sandeschwelle. Der weitere Verlauf der Grenze im W und im N ist schwerer
zu bestimmen. Kordofan dacht wohl zum Nil ab, aber es schickt außer kleinen Regenbetten
keine Flüsse hinein. Dagegen beginnen die äußersten Quellarme des Bahr-el-Arab schon sehr
weit im W, ungefähr auf 23° O. Etwas südlich von. Chartum setzt das nubische Sandstcin-
plateau ein, das außerhalb des Rahmens unserer Betrachtung fällt und so die Nordgrenze bildet.
Im O des Abiadbeckens liegt das hohe, gesunde und fruchtbare Abessinien, das von einer
kiäftigen Bevölkerung bewohnt wird. Im SO erstrecken sich die wüsten und menschenarmen
Gebiete östlich und westlich des Rudolf-Sees. Im S folgen, westlich an den Rudolf-See-Bezirk
anschließend, die Bergländer von Dodinga und Latuka, die, zum Teil fruchtbar und mit
genügenden Niederschlägen versehen, eine dichte Bevölkerung ernähren, zum anderen Teil
sandig und im Regenschatten liegend nur geringe Lebensmöglichkeiten bieten. Südlich davon
erhebt sich das Zwischenseenland mit dem kulturell höherstehenden Uganda. Die Sandd-
schwelle, die die Grenze im SW bildet, dacht sich auf der Südseite zu den Regenwäldern des
Kongobeckens ab. Die Schwelle selber hat ausgedehnte Galeriewälder und ist der Hyläa gegen
über noch ein bevorzugtes Gebiet. Sie setzt sich nach W als Bandaschwelle fort. Im NW
stößt das Nilbecken an das Inselbergland Kordofan, das im N sehr trocken ist, nach S zu aber
eine waldreiche Steppe wird. Es neigt sich östlich zum Nil und südlich zum Bahr-el-Ghazal.
Im N, in der nubischen Wüste, ist der Nil die Hauptlebensader. Die Sandwüsten westlich des
Flusses gehören zu den ödesten Teilen Afrikas; das Etbai im O ernährt eine dünne Hirten
bevölkerung.