Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens
53
e) Bemerkungen zu den Tabellen über die Wahrscheinlichkeit des Eisbeginns und des
Eisgangs nach Monatsdekaden.
An Hand der seit 1905 existierenden Eismeldungen, die in den Ann. d. Hydr. regelmäßig veröffentlicht
sind, konnte aus den meist 27jährigen Daten die größte Häufigkeit ermittelt werden. Wie zu erwarten, nehmen
die Zahlenkurven einen Verlauf, der den Zahlen der Eiswahrscheinlichkeitstabelle, wie sie aus den Täglichen Eis
berichten ermittelt wurde, entspricht.
Klar hervor tritt die Eisbegünstigung von Härnösand und Mäntyluoto, bei letzterem namentlich im Früh
jahr. — Die nördlichen Häfen zeigen außer den großen Extremen eine geringe Variabilität, so daß sich die
Häufigkeit des Eintritts bzw. Verschwindens von Eis um einen Zeitpunkt sehr eng gruppiert, während beispiels
weise bei Sundsvall und anderen Häfen die Möglichkeit für Eisbildung in einem sehr ausgedehnten Zeitraum ge
geben ist, die Schwankungen von Jahr zu Jahr also sehr groß sind.
Durch Hervorhebung der maximalen Häufigkeit ergibt sich eine größere Ausgeglichenheit der Zahlenreihe,
da dadurch extrem milde oder strenge Winter eliminiert werden (z. B. Härnösand und Sundsvall). Trotzdem
bleiben noch einige Punkte ungeklärt: die Zunahme der Häufigkeit geschieht nicht kontinuierlich bis zu einem
Maximalwert, sondern gelegentlich finden wir zwei Monatsdekaden, die eine große Zahl von Jahren auf sich ver
einigen, und zwischen denen nur wenige Fälle mit Eisbeginn bzw. -gang liegen. In der Hauptsache dürfte dies
durch die noch zu geringe Zahl der Beobachtungsjahre bedingt sein, ich glaube aber nicht, daß dadurch das zwei
gipflige Häufigkeitsmaximum des Eisbeginns in Raumo ausgeglichen werden kann; eine Erklärung für diese Be
vorzugung gewisser Zeitabschnitte im Laufe der Jahre kann einstweilen noch gar nicht gegeben werden.
f) Die mittlere Dauer der Vereisung im Bottnischen Meerbusen.
(Abb. 40)
Aus den meist 27jährigen Beobachtungen (Tabellen in den Annalen der Hydrographie usw.) ließ sich für
26 Häfen des Bottenbusens und des Schärenmeeres die mittlere Dauer der Vereisung* berechnen. Es handelt sich
hierbei um die Spanne zwischen erstem und letztem Eis, so daß also dabei die eisfreien Zeiten innerhalb dieser
Periode, wie sie namentlich zum Beginn und zum Schluß der Vereisung auftreten, nicht berücksichtigt sind.
Trotzdem ergibt sich eine deutliche Übereinstimmung mit den 10jährigen Beobachtungen aus den Täglichen Eis
berichten. Die aus diesen wie aus den finnischen Eisberichten gewonnenen Ergebnisse, die zur Ausscheidung ver
schiedener Eisgebiete geführt haben, decken sich mit denen, die aus der Tabelle der mittleren Dauer der Ver
eisung herausgelesen werden können. Es kann also mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, daß die Ein
teilung des Bottnischen Meerbusens in einzelne Eisgebiete, wie sie in der vorliegenden Arbeit vorgenommen wor
den ist, den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.
Im großen betrachtet zeigt die Kurve der mittleren Dauer der Vereisung an den einzelnen Stationen (Abb. 40)
den zu erwartenden Anstieg von Süden nach Norden. Im einzelnen zeigen sich zahlreiche Abweichungen. Im Ge
biet des finnischen Schärenmeeres zeigen Mariehamn und Äbo eine kürzere Dauer als Nystad und Raumo. Erstere
sind weit mehr den Einflüssen der Ostsee von Süden her ausgesetzt als die beiden letzteren, an der geschützten
Küste gelegenen. Bei Mäntyluoto und Räfsö zeigt sich eine Abnahme der Vereisungsdauer, auf die schon an
anderer Stelle hingewiesen wurde, namentlich Mäntyluoto ist sehr günstig gestellt. In der Reihe der nordfinni
schen Häfen fallen Kaskö und Yxpila etwas aus dem Rahmen, indem hier die Vereisung infolge der exponierten
Lage kürzer ist als an den Küstenstationen, die einen allmählichen Anstieg der Kurve nach Norden aufzuweisen
haben. Etwa zwischen Brahestad und Uleäborg läßt sich ein Knick in der Kurve feststellen, indem die folgenden
Stationen eine sehr viel längere Vereisung haben. Die Höchstwerte werden hier von Salmis und Luleä erreicht.
Bei Ratan macht sich wieder der verkürzende Einfluß der See bemerkbar, im Bereich des Nordkvark zeigt
sich jedoch ein sekundäres Maximum. Selbst das sehr frei gelegene Holmsund an der Mündung des Umeälf hat
noch eine längere Vereisung als Ratan, das nördlicher liegt.
Ganz besonders klar tritt die Sonderstellung des Gebietes von Härnösand hervor. Die Kurve zeigt einen
tiefen Einschnitt zwischen dem Maximum des Nordkvark und dem des südbottnischen Schärenhofes, der durch
die Häfen Hudiksvall bis Gävle gekennzeichnet ist. Erst bei Stockholm unterschreitet die Vereisung die Werte
von Härnösand. Wodurch das kleine Minimum bei Sundsvall bedingt ist, läßt, sich nicht sagen, irgendwelche
hydrographischen Anhaltspunkte finden sich eigentlich nicht.
So ist also die Kurve der mittleren Vereisungsdauer eine Bestätigung für die Ergebnisse aus der Betrach
tung der einzelnen Stationen. Es wurde dieser doppelte Weg gewählt, um gewissermaßen die Probe auf das Exempel
zu machen. Bei der großen Lückenhaftigkeit des Ausgangsmaterials war es von vornherein ratsam, sich nicht allein
auf ein und dasselbe Tabellenmaterial zu verlassen, da dieses ja leicht zu Trugschlüssen hätte führen können. Um
so wesentlicher ist die Tatsache, daß weiteres Beobachtungsmaterial von ganz anderem Charakter und Wert die
Ergebnisse aus dem Ausgangsmaterial bestätigen konnte. Dieser Weg war schon darum angebracht, weil die Ein
teilung in die einzelnen Eisgebiete völlig neu ist und größte Vorsicht bei der Aufstellung einer spezielleren räum
lichen Gliederung geboten war.
* Die genauen errechneten Werte betragen (in Tagen) für: Mariehamn 115, Abo 118, Nystad 145, Raumo 148,6, Mänty
luoto 130,8, Räfsö 137,6, Kristinestad 159,5, Kaskö 145,8, Vasa 168,5, Jakobstad 170,5, Yxpila 161, Brahestad 176, Uleäborg 188,
Salmis 208, Luleä 206,9, Piteä 195,8, Skelleftehamn 186,3, Ratan 172,4, Umeä 186,3, Holmsund 178,6, Härnösand 106,6, Hudiks-
vall 145,3, Sundsvall 133,5, Söderhamn 145,8, Gävle 120, Stockholm 98,8.