Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens
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6. Der südbottnische Schärenhof.
Unter diesem Eisgebiet sind die schwedischen Küsten zwischen Härnösand und Öregrund zusammengefaßt.
Namentlich das Gebiet zwischen Sundsvall und Öregrund zeichnet sich durch eine Küstenvereisung aus, die in
vielen Punkten den nördlichen und finnischen Küsteneisverhältnissen gleicht. Die Eisdiagramme von Alnösundet
(Abb. 15), Svanö (Abb. 16), Gävle (Abb. 11) und Öregrund (Abb. 10) zeigen diesen Charakter sehr deutlich.
Es wird festes Eis gebildet, nur am Rande des Schärenhofes (Lilljungfrun Abb. 13, Eggegrund Abb. 12, Bremö
Abb. 14) tritt Treib- und Packeis häufiger auf.
Nur in den der Küste am nächsten gelegenen Buchten und Flußmündungen (Svanö Abb. 16) kommt es
schon im November zur Eisbildung, während sonst erst Dezember der eigentliche Vereisungsmonat ist (Abb. 33).
Im südlichen Teil dieses Gebietes ist die spätere Vereisung wahrscheinlich schon eine Folge des milderen Klimas:
Kälteperioden vor Dezember sind hier schon recht selten und vermögen noch keine Eisbildung hervorzurufen. In
der verminderten Eiswahrscheinlichkeit einiger Stationen in den Hochwintermonaten kommt ihre freiere Lage zur
See zum Ausdruck. Normalerweise kann das Zufrieren dieses Küstenstreifens Mitte Dezember erwartet werden.
Der Eisgang findet auf der schwedischen Seite der Bottensee relativ spät statt (vgl. Abschnitt 11). Im
Verhältnis zu der relativ späten Beeisung der Küste tritt der Eisgang im Frühjahr erst sehr spät ein. Die Häfen
sind in der Regel zuerst frei. Es ist dies nicht die Folge der Landlösung, wie sie für die nordbottnischen Küsten
charakteristisch ist, sondern wird durch die Packung des Meereises an der schwedischen Küste bedingt (Abb. 34).
Ostwinde und die Meeresströmung drücken das Eis im Frühjahr gegen die Küste, wo es lange liegen bleibt und
nur durch die Sonnenwärme vermindert wird. Wie Hellström klargelegt hat, ist der Eisgang auf der schwedischen
Seite der Bottensee keine mechanische Erscheinung wie auf der finnischen Seite. Infolge der niedrigen Wasser
temperatur im Frühjahr sind die Ostwinde hier noch lange kalt, auch wenn sie sich in Finnland bereits haben
erwärmen können.
Der Unterschied zwischen milden und strengen Wintern wird besonders betont dadurch, daß in milden
Wintern die vorherrschenden SW-Winde das Eis wegtreiben (auf der finnischen Seite Packung), während die
kalten Ostwinde in strengen Wintern die Eisverhältnisse durch die mechanische und thermische Wirkung er
schweren.
Infolge häufigeren ruhigen Wetters kann die Eisbildung auch bei westlichen Luftströmungen beginnen; im
allgemeinen setzt die Vereisung jedoch an der schwedischen Küste etwa gleichzeitig mit der an der finnischen ein,
da die dafür meist charakteristischen Ostwinde, wie schon erwähnt, an der finnischen Seite die aus thermischen
Gründen zeitiger zu erwartende Eisbildung aus mechanischen Gründen vielfach noch hinausschieben. Diese von
Hellslröm aufgestellte Behauptung scheint mir jedoch nicht ganz zuzutreffen; aus den Eisdiagrammen geht
zweifellos eine spätere Vereisung der schwedischen Seite hervor.
Die Eisdecke in diesen Küstengebieten beträgt, soweit es sich um Festeis handelt, maximal 60 cm, meist
aber weniger. Dagegen häuft sich das Eis am Rande des Schärengürtels im Frühjahre zu größeren Bergen an.
In der Bucht von Örcgrundsgrepen haben wir die südliche Grenze dieses Eisgebietes zu sehen, südöstlich
von Gräsö erstreckt sich der Südkvark mit seinen viel unruhigeren Eisverhältnissen. Der Charakter der Küsten
plätze dieses Eisgebietes ist ziemlich gleich: ruhige Festeisbildung, deren Einsatz sich nach Süden zu allerdings
verspätet. Hieran mag außer der Milderung des Klimas auch die Steigerung des Salzgehaltes schuld sein.
Merkwürdig ist, daß in einigen Wintern trotz tiefer Temperaturen noch keine Eisbildung einsetzte: Hudiks-
vall war am 30. Dezember 1906 trotz einer Kälte von —27° noch offen für die Schiffahrt. Welche, vermutlich
hydrographischen, Einflüsse diese Erscheinung bedingen, läßt sich noch nicht sagen. — Zu einer genaueren Unter
suchung der Eisverhältnisse sind leider die Grundlagen zu gering, soweit es die schwedische Küste betrifft.
7. Schärenhof von Västernorrland.
Im Küstengebiet von Västernorrland weichen die Eisverhältnisse von den nördlichen und südlichen Ge
bieten ab, indem die Vereisung hier in der Regel viel milder verläuft. Die Eisdiagramme von Härnö und Skag
ergeben, daß in keinem Monat eine lOOprozentige Eiswahrscheinlichkeit besteht. Bei Härnösand macht sich eine
Milderung der Eisverhältnisse bemerkbar.
Die Ursache dieser Verhältnisse ist in der Hauptsache in den Tiefenverhältnissen zu suchen. Vor diesem
Küstengebiet, das nur einen schmalen Schärengürtel aufweist, liegen die größten Tiefen der Bottensee. Der
Wärmevorrat im Wasser ist demnach beträchtlich. Er erklärt es auch, warum der Hafen von Härnösand oft später
zufriert. 1919/20 herrschte in der ersten Hälfte des Winters strenge Kälte; trotzdem ging der Hafen von Härnösand
erst am 9. II. zu, Holmsund dagegen schon am 12. XII. Skag (Abb. 18), vor Örnskjöldsvik gelegen, zeigt mehrere
Vorperioden zu Beginn des Winters, die sich mit den Temperaturverhältnissen nicht in Einklang bringen lassen; die
Vereisung wird hier öfters unterbrochen, während die Kälte noch nicht unterbrochen ist. Es wäre eine dankbare
Aufgabe, hier den Einfluß von Wind und Stromrichtung festzustellen.
Auch Högbom (1906) weist darauf hin, daß besonders Härnösand manchmal noch offen bliebe. Gävle, das
viel weiter südlich liegt, ist in der Regel früher vereist als Härnösand, z. B. ging 1911/12 der Hafen von Härnö
sand am 31. Jan. zu, während Gävle schon am 21. eine Eisdecke hatte. Die Daten sind im ganzen leider sehr spärlich.