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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 55. Band, Nr. 3
' 3. Schären hof vonMäntyluoto.
Hellström weist wiederholt darauf hin. daß das Gebiet vor Mäntyluoto und Räfsö Eisverhältnisse hat,
die von der benachbarten Schärenküste abweichen, indem hier Eisbildung noch ausbleibt, wenn die Nachbar
gebiete bereits vereisen.
Die Begünstigung geht auch aus dem Diagramm für Mäntyluoto (Abb. 28) und der sich daraus ergebenden
Eiswahrscheinlichkeit hervor. Die Eisbildung beginnt zwar nicht sehr spät, bleibt aber sehr leicht und wird oft
unterbrochen. Lediglich der März besitzt eine 100%ige Eiswahrscheinlichkeit. In diesem Zusammenhänge sind
die Beobachtungen über Eisfreiheit bei tiefen Temperaturen aufschlußreich, die Hellström anführt, und die hier
wieder gegeben seien: Der Räfsö-Sund war offen am:
16.—21. Januar 1899 .
bei
einer
Mitteltemperatur von
— 6,3°
Kältesumme — 37,8
10.—12. Februar 1900 . .
ff
9?
ff ff
—14,5°
,, — 43,5
23.—27. Dezember 1901
ff
ff
5-9 ff
—13,4°
„ — 67,0
6.—16. Februar 1904
ft
ft
ff ff
—12,1°
—133,0
29.—31. Dezember 1905
»
ff
ff ?t
—19,0°
„ — 57,0
24.—26. Februar 1906
„
ft
?t ff
—11,3°
„ — 33,9
29. Dez.—5. Jan. 1907 . .
ff
ft
ff ff
—12,4°
— 99,2
22. Dezember 1908 . .
ff
Temperatur „
—25,0°
„ — 25,0
24.—25. Dezember 1908 .
ff
Mitteltemperatur „
—14,5°
— 29,0
26.—29. Dezember 1909 .
ff
ft
„ „
—13,2°
„ — 39,6
Am auffälligsten ist das Fehlen von Eis vom 6. bis 16. Februar 1904, wo die Summe der negativen Temperaturen
bei fehlender Eisbildung —133,0° erreicht, dies zu einer Jahreszeit, in der selbst für die günstigsten Gebiete bei
geringerer Kälte eine Vereisung zu erwarten ist.
Auch die von Hellström (Fennia 43,6) gezeichneten Karten für die Eisverhältnisse des Gebietes von
Mäntyluoto im Winter 1915/16 lassen deutlich erkennen, wie sich die Isokryonen (Hellströms „Ekviglacialen“)
meist küstenwärts einbuchten, so daß offenes Wasser die Reede von Räfsö erreicht, bei sonst sehr schweren Eis
verhältnissen in den Nachbargebieten.
Die Ursache für diese Verhältnisse ist in Verschiedenem zu suchen. Hellström weist darauf hin, daß das
Vorherrschen starker Landwinde während der Vereisung hier mehr als anderswo wirksam ist, da die so ungünstigen
N- und NW-Winde durch die geschützte Lage (Räfsö vorgelagert!) des Hafens von Mäntyluoto abgehalten werden;
außerdem macht sich die Nähe tieferen Wassers der östlichen Bottensee geltend in der Weise, daß sich hier die
Wassersäule erst wesentlich später abkühlt, da die Konvektion infolge des größeren Wärmevorrates noch länger
erhalten bleibt; zum andern, daß ablandige Winde, wie sie meist mit ausgesprochenen Vereisungslagen verbunden
sind {Ostwind bei tiefen Temperaturen), das einmal gebildete Eis meerwärts treiben und das Aufsteigen von
Tiefenwasser in unmittelbarer Nähe der Küste selbst begünstigen. Dieses Tiefenwasser hat eine höhere Temperatur
und einen höheren Salzgehalt, da es sich hierbei um den Tiefenstrom handelt, der durch die Gewässer um Aland
mit höherer Wärme und größerem Salzgehalt aus der Ostsee in den Bottenbusen eindringt und der Tiefenrinne
entlang der finnischen Küste folgt. Da ferner, wie bereits erwähnt, die Küste bei Räfsö rascher abfällt als sonst
an der finnischen Seite, macht sich diese Wirkung des aufsteigenden Tiefenwassers besonders bemerkbar. Auf
diese Weise ist es leicht erklärlich, daß sogar im Februar bei einer Kältesumme von —133° noch offenes Wasser
vorhanden ist.
Hellström scheint den ablandigen Winden den Haupteinfluß zuschreiben zu wollen, jedoch erscheint es
mir wahrscheinlicher, in den Tiefenverhältnissen zusammen mit den allgemeinen Strömungsverhältnissen den
wesentlichsten Faktor zu sehen, der zu so günstigen Eisverhältnissen führt, infolgedessen mag sich dieses Gebiet
entsprechend den Tiefenverhältnissen, wie Heinrichs (1897) glaubt, auch etwas weiter ausdehnen. Die Strömungs
richtung hängt nicht allein von den ablandigen Winden ab, sondern ist in diesem Teil eine allgemeine, da wie
Witting (1912) gezeigt hat, hier ein Teil des östlichen Stromes, der an der finnischen Küste nach Norden geht,
westwärts strudelförmig abgelenkt wird, genau so wie weiter im Norden. Dies erklärt hinreichend die Tatsache,
daß auch die Reede von Räfsö, nicht nur der vor N- und NW-Winden geschützte Hafen von Mäntyluoto auf
fallend begünstigt ist. Die alleinige Wirkung der Strömungsverhältnisse ist deswegen nicht anzunehmen, weil auch
relativ zeitig bereits Eisbildung möglich ist, was beim Vorherrschen intensiver und langer Konvektion aus
geschlossen sein dürfte. Darum miuß schon den ablandigen Winden ein wesentlicher Anteil bei der Gestaltung
der Eisverhältnisse zugesprochen werden; die grundlegende Disposition scheint mir aber durch die Tiefen Verhält
nisse gegeben zu sein, die die Wirkung der Ostwinde stets verstärken.
Bei der Enteisung zeigen sich ähnliche günstige Verhältnisse. Aus den Ziffern der Eiswahrscheinlichkeit
geht deutlich hervor, daß Mäntyluoto wesentlich früher als die nördlich und südlich benachbarten Stationen frei
wird. Auch dies geht schon aus den Karten Hellströms hervor, die vorher zitiert wurden. In den Isokryonenkarten
der bisherigen Veröffentlichungen (Ostseehandbuch, Joeden) macht sich diese offensichtliche Verkürzung der