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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 55. Band, Nr. 3
1923/24 5 Monate und 11 Tage, im Jahre darauf gab es gar kein Festeis. Nur 7 Winter zeigen Festeis stärkeren
Charakters, 1930/31 dauerte die Festeisperiode nur 21 Tage.
Der Eisgang ist sehr unregelmäßig, sowohl was die Zeit des Einsatzes wie was die Dauer betrifft. Es findet
sich allgemein in jedem Jahre Eistreiben als Abschluß der Vereisung, wenn von dem Ausnahmewinter 1929/30
mit seinen 5 Tagen leichten Festeises abgesehen wird. Auffallend ist, daß nach den Eismeldungen gelegentlich
starkes Festeis plötzlich verschwindet und das Meer eisfrei ist (1922/23, 1925/26 und 1930/31).
Der späteste Termin des Vorhandenseins von Eis ist der 25. Mai 1926, der früheste der 11. Februar 1930,
bei den übrigen Wintern fällt der Eisgang in die Zeit von Ende März bis Anfang Mai. Die Zeit des Eistreibens,
d. h. vom letzten gemeldeten starken Festeis bis zum letzten Eis überhaupt, betrug 1926 über einen Monat.
Während dieser Periode trat sogar Eispressung ein, die vom 29. April bis 8. Mai anhielt, verursacht durch ver
änderliche, meist südliche Winde.
Der Eisgang gliedert sich vielfach in mehrere Perioden. In 2 Fällen schließt das Eistreiben nicht unmittel
bar an das letzte Festeis an, sondern beginnt erst nach einigen Tagen Eisfreiheit. 1930/31 war das Meer sogar
zwischen Festeis und Treibeis 22 Tage frei. 1926 hörte das Festeis am 24. März auf, am 26. war Treibeis, am
31-kam wieder Treibeis, das dann bis zum 25. Mai anhielt. Das Auftreten von Treibeis nach Eisfreiheit ist natür
lich abhängig von der Richtung der Winde und Meeresströmungen und von der Menge des Eises der benach
barten Seegebiete.
14. Die Eisverhältnisse von Västra Kvarken (Bottnischer Meerbusen). Abb. 19.
Die Meerenge von Västra Kvarken zwischen den Inseln Holmö, Ängesö, Grossgrund und Gaddarna einerseits
und dem Festlande bei Umeä andererseits zeigt Eisverhältnisse, die teilweise von denen typischer Festlandsküsten
stationen abweichen, aber wegen der Nähe von Land und Inseln und der geringen Meerestiefe auch unverkenn
bare Ähnlichkeiten mit echten Küstenstationen zeigen. Diese Zwischenstellung wird im folgenden in einigen
Punkten zu erörtern sein.
Auffallend bei der Reihe der zehn Winter ist die Ausnahmestellung, die die Winter 1924/25 und 1929/30
einnehmen, während alle übrigen Winter weniger abweichend voneinander sind. Bei der Ermittelung von Durch
schnittswerten sind von vornherein die erwähnten zwei Winter als völlig abweichende beiseite zu lassen. Der so
gewonnene Durchschnitt gründet sich also auf die 8 normalen Winter. Die Ausschaltung der späten Winter,
welche auch einen sehr frühen Eisgang zur Folge hatten, liegt auch deshalb nahe, weil innerhalb der vorliegenden
zehn Jahre keine Übergangswinter zwischen den 2 extrem milden und den übrigen auftraten.
Der durchschnittliche Eisbeginn überhaupt, d. h. bei allen Wintern, liegt um den 20. Dezember; der Be
ginn der Hauptvereisung liegt dann um den 28. Dezember. Unter Ausschaltung der zwei milden Winter ergibt
sich der 10. bzw. 16. Dezember als mittlerer Eisbeginn. 14 Tage nach Beginn der Hauptvereisung setzt meist die
Bildung starken Festeises ein. Hier ist jedoch wie vielfach die Fehlerquelle ungenauer Eismeldung zu berück
sichtigen. In 5 Wintern traten vorläufige Eisperioden auf, die verschieden lange dauerten, von 2 bis zu 12 Tagen.
In dem Verschwinden des Eises trotz tiefer Lufttemperaturen spiegelt sich die Lage des Seegebietes wider. Mit
dieser Deutung stimmt die Tatsache überein, daß Treibeis äußerst häufig auftritt, wie es für reine Festlandsküsten
stationen nicht charakteristisch ist.
Eisbildung unter ruhigen Verhältnissen, die zur Bildung leichten, losen Festeises führt, findet sehr selten
statt und wird dann, wenn sie eintritt, bald von Treibeis oder Packeis unterbrochen. Der Winter 1923/24 war ein
Vertreter für ruhige Eisbildung, wie sie für die ausgesprochenen Küstenstationen typisch ist. Die Vereisung be
gann mit leichtem Festeis, das allmählich in starkes überging. Die Dauer des leichten Eises wird mit 22 Tagen
gemeldet. Auffällig in diesem Winter ist auch der frühe Beginn, schon 10 Tage nach dem Beginn der ersten Frost
periode setzt die Eisbildung ein. 1926/27, 1927/28, 1928/29, 1929/30 und 1931/32 waren Winter, die zu Anfang
wohl mit leichtem Eis begannen, aber bald Treibeis zeigten, so daß also das Festeis der Hauptvereisung nicht un
mittelbar sich aus dem Neueis der ersten Eisbildung ableiten läßt. Daß das Einsetzen von Treibeis geschieht,
ohne daß die Wetterlage das immer erwarten läßt, ergibt sich aus der Betrachtung einzelner Wetterlagen während
des Auftretens von Treibeis. So trat 1931/32 am 4. Januar nach ötägigem leichtem Eis bei Temperaturen unter
—10° und Nordwest Stärke 2 (12teilig Beauf.) schon Treibeis auf. Günstig war allerdings die ablandige Rich
tung des Windes; bei einer echten Küstenstation würden jedoch die geringe Stärke des Windes wie die tiefe Tem
peratur verhindert haben, daß das Eis ins Treiben geraten wäre. Es folgt stilles Hochdruckwetter bei schwachen
veränderlichen Winden, trotz alledem aber bildet sich am 11. Januar Packeis, das dann zur Hauptfesteisperiode
überleitet. — Ähnlich liegen die Verhältnisse 1930/31, wo die atmosphärischen Strömungen zu einer Erklärung
der Eisverhältnisse allein nicht ausreichen. Bei Nordost Stärke 4 setzt am 3. Januar Treibeis ein, Bei schwachen
nordwestlichen Winden tritt am 7. zusammenschobenes Eis auf und darauf trotz Beruhigung der Wetterlage bis zu
stillem Hochdruckwetter Treibeis, das auch bei Fortdauer des windstillen Wetters anhält. Wenn auch hier wie
überall örtliche Einflüsse bei der Richtung und Stärke des W'indes mitspielen, die eine entsprechende Abweichung
gegenüber den Werten in Härnösand und Haparanda bedingen, so reichen sie doch kaum zu einer generellen Er
klärung dieses in allen Fällen nicht mit dem Wetter übereinstimmenden Verhaltens des Eises aus. Der Charakter
des Eises wechselt oft von Tag zu Tag, so daß die diagrammatisehe Darstellung ein mannigfaltiges Bild von Signa-