Walter Piersig: Schwankungen von Luftdruck und Luftbewegung
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ERSTER TEIL:
Übersicht über die Luftdruck- und Windverhältnisse
„Passat“.
Das Wort Passat, das in der Meteorologie seit langem zum festen Begriff geworden ist, leitet sich aus
dem italienischen passata = Gang, Strich, Fährte her; im Niederländischen nannte man schon früher „passaat-
wind“ d i e Luftströmung, die von den nach Mittel- und Südamerika segelnden Schiffen als treibende Kraft be
nutzt wurde; von den Holländern ist der Ausdruck auch in Gebrauch gebracht worden (23 auf S. 467).
Das englische „trade wind“ bedeutet nicht, wie früher zuweilen angenommen wurde, Handelswind: Davis
(58) gibt dafür folgende Erklärung: to blow trade = to blow always in the same course; der Wortstamm leitet
sich aus dem angelsächsischen „tredan“ ab.
Analog entwickelte sich im Französischen das „vent alize“ aus dem altfranzösischen „alis“, was dort
ebenfalls „regelmäßig“ bedeutet.
I. Die Passatströmung.
Der Nordost-Passat stellt innerhalb der allgemeinen großen Zirkulation die Luftströmung dar, die in den
unteren Luftschichten von dem dynamisch erzeugten Hochdruckgebiet der Subtropen nach der Zone der größten
Erwärmung zurückkehrt: Diese Zone ist der Ausgangspunkt des großen atmosphärischen Kreislaufes, dessen pri
märe Ursache und gleichzeitig immer weiter wirkender Antrieb thermischer Natur ist: Er ist der Effekt der
ungleichen Wärmeverteilung auf der Erde.
Die wesentlichen Punkte in der Folge dieses Kreislaufes sind — für die Nordhalbkugel — folgende:
1. Starke Erwärmung über einer Zone (Thermischer Äquator).
2. Hebung der Isobaren-Flächen in der Höhe, also Druckzunahme.
3. Polwärts gerichtetes Abfließen der Luft in der Höhe.
4. Rechtsablenkung dieser Luftmassen: in etwa 30°N keine polwärts gerichtete Komponente mehr, viel
mehr West Strömung.
5. Die von niedrigeren Breiten nachströmenden Luftmassen führen zu einem Luftmassenüberschuß in
etwa 30°N.
6. Dieser Überschuß an Luftmassen bewirkt Druckzunahme in den unteren Schichten.
7. Von hier aus Rückkehr von Luftmassen nach der Zone größter Erwärmung, wo — wegen Punkt 3 —•
der Druck im unteren Niveau gesunken ist.
Hierbei ist als „Zone stärkster Erwärmung“ nicht das Gebiet mit den höchsten Lufttemperaturen am Boden wirk
sam, vielmehr kommt es auf die mittlere Temperatur der gesamten Luftsäule an. In geringerem Maße ist
auch der Wasserdampfgehalt auf die wirksamen Druckdifferenzen -— Punkt 3 — von Einfluß.
Dieses Zirkulationsbild ist natürlich nur schematischer Art: es stellt die mittleren Verhältnisse dar.
Das Verhalten im einzelnen entspricht diesem mittleren Zustand immerhin weit mehr, als dies für den außer
tropischen Teil der Zirkulation der Fall ist, wo sich der Luftmassenaustausch nicht direkt, sondern vermittels
von Störungen, von wandernden Hoch- und Tiefdruckgebieten vollzieht, die somit ebenfalls ein wichtiges Glied
im atmosphärischen Kreislauf bilden.
Ein wesentlicher Störungsfaktor in dem Austausch zwischen niedrigen und höheren Breiten ist durch das
Vorhandensein der Kontinente gegeben. Der Einfluß ist sowohl thermischer als auch dynamischer Natur: Ther
misch durch die gegenüber den Ozeanen verschieden geartete Temperaturverteilung und die daraus resultierenden
Ausgleichsströmungen, dynamisch durch die auf die Luftströmungen wirkende bremsende Kraft der Reibung.
Eine Folge dieses Einflusses ist die Tatsache, daß die subtropischen Hochdruckgebiete sowohl wie auch
der Passat über den Ozeanen am kräftigsten und beständigsten ausgebildet sind.