Dr. Walter Manegold: Die Wetterabhängigkeit der Oberflächenströmungen in den Pforten der Ostsee
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2. Ausstrom
Gruppe A Vl/IIIb (Tief: Frankreich, Hoch: Finnland)
Beispiel vom 4. Februar 1921 (zu S. 18, dazu Karte 10)
Nordöstlich des Ladogasees etwa liegt der Kern des Hochs mit 787 mm und beherrscht den ganzen Erdteil
mit seinen Isobaren, die nur einen Gradienten von kaum mehr als 1 mm anzeigen und in unserm Gebiet etwa
westnordwest-ostsüdöstlich streichen: das ist der allgemeine Eindruck der Wetterkarte, der schon am 2. Februar
und am 7. Februar immer noch besteht. Erst westlich Irlands und des Kanals, südlich bis in die Biskaya und nach
Südfrankreich sich erstreckend, erscheint während des 4. Februar ein Gebiet geringen Drucks, das in unserm Ge
biet nur das Gefälle etwas verstärkt (am 5. 19 Uhr) und für die Richtung der Isobaren verantwortlich ist.
Abtlg.
4. 8 Uhr
4. 19 Uhr
5. 14 Uhr
5. 19 Uhr
6. 8 Uhr
6. 19 Uhr
West
768,3
768,1
769,9
770,9
772,6
774,6
Mitte
769,3
769,7
770,7
771,6
773,1
774,2
Ost
778,8
778,1
779,7
780,0
780,1
780,5
Ungemein gleichmäßig und beständig ist die Wetterlage. Von einem Anfang oder Ende des Falles kann man nicht
sprechen. Langsam und stetig breitet sich noch bis zum 6. der Einfluß des Hochs weiter nach Westen aus. Der
Unterschied der Abteilungen untereinander verschiebt sich nicht bis zur Nacht auf den 6. Februar. Von nun ab
wird der Unterschied Nordsee—Ostsee geringer. Eine Aussicht auf Änderung der Lage ist nicht vorhanden.
Der Wind weht allgemein aus E. Die Stärke erreicht besonders im Westen unseres Gebietes 4 und 5 Bft.
Immerhin ist also der Wind gegenüber allem bisher Gewohnten schwach. Innerhalb der angegebenen, allerdings
nur engen Grenzen schwankt er nach Richtung und Stärke.
Der Strom läuft bei jedem Feuerschiff in der Hauptausstromrichtung, und zwar, bis auf kleine Abwei
chungen in Skagen und Laeso Trindel, ohne Schwankung in Richtung und Geschwindigkeit während der ganzen
Betrachtungszeit. Die Geschwindigkeit ist allgemein nur gering (s. Tabelle 6). Es ist kein Wetteranzeichen vor
handen, das für den Strom von 3,5 sm/h in Schultz’ Grund und Lappegrund verantwortlich zu machen wäre. Es
ist nur merkwürdig, daß er kurz vor dem Abnehmen des Luftdruckunterschiedes Nordsee—Ostsee so schnell läuft;
denn andererseits ist es undenkbar, daß eine unmittelbare Luftdruckwirkung sich gerade nur bei diesen beiden
Feuerschiffen so stark äußern könnte. Auch sonst ist ein Gesetz für kleine Geschwindigkeitsschwankungen des
Stroms nicht zu erkennen. Es ist eben „ungezwungener“ Strom (vgl. S. 19).
3. Strom aus nähme
Zugstraße IVb (mit Hochgebiet Ia)
(Tief: südwestliche Ostsee, Hoch: Britische Inseln)
Beispiel vom 15. Januar 1929 (zu S. 29, dazu Karte 11)
Westlich 10° WL liegt in breiter Front ein Hoch (775 mm). Weiter östlich folgen am 15. 8 Uhr eng ge
scharte N—S-Isobaren über der Nordsee und dann ein Tiefdruoktal, dessen Achse von Jütland über Süd- und
Mittelschweden bis nach Nordostfinnland reicht. Darin ist innerhalb unseres Gebietes ein Kern vorhanden, der
im Laufe des 15. über die südwestliche Ostsee zieht. Am 16. 8 Uhr hat das Tief noch nicht Wisby erreicht. Es
füllt sich hier langsam auf. Westlich davon beträgt der Gradient am 16. 4 mm. Der Luftdruck beträgt im einzelnen:
Abtlg.
15. 8 Uhr
15. 19 Uhr
16. 8 Uhr
16. 14 Uhr
West
753,3
755,6
758,6
758,6
Mitte
751,4
738,2
744,9
746,7
Ost
744,6
742,6
745,8
747,6
Nord
747,5
751,7
753,0
754,1
Der Verlauf des Tiefdrucktals ist in den Zahlen vom 15. 8 Uhr deutlich zu verfolgen. Die Nordsee hat den höch
sten Druck. Die mittlere Abteilung steht noch außerhalb des Jütland-Tiefs; Abteilung Ost wird gerade von dem
voraufgegangenen Tief überdeckt; Abteilung Nord liegt schon westlich des Tiefdruckgebiets. Am 15. 19 Uhr ist
das Jütland-Tief genau nach Abteilung Mitte gerückt; auch die Abteilung Ost wird davon erfaßt. Am 16. nimmt
der Druck überall zu, und zwar in Abteilung Mitte mehr als in Ost, denn in dessen Nähe bleibt das Tief liegen.
Auch in der Nordsee steigt der Druck. Der Luftdruckunterschied Nordsee—Ostsee ist stets klar positiv.
Der Wind kommt an^l5. 8 Uhr in Skagen und Gotenburg aus SE, aber schon im südlicheren Kattegat
und in der westlichen Ostsee aus SW—WSW. Entsprechend dem Vorrücken des Jütland-Tiefs am 15. krimpt nun
der Wind nördlich von ihm, im S schießt er aus: In Skagen dreht er nach NE, südlich der Drogden nach NW
und weiter nach N, so daß am 16. 8 Uhr der Wind im Westen unseres Gebietes ziemlich einheitlich aus NNW—
NNE weht. Die mittlere Ostsee, in die das Tief zu dieser Zeit hineinzurüoken beginnt, hat an der Westküste NE-,
an der Ostküste SW-Winde. So bleibt es bis in den 17. hinein. Wenn man sich die Bewegung des Tiefs vo-rstellt,
sind die Windverhältnisse ganz klar; aber an sich betrachtet, erscheinen sie sehr verwickelt. Solange das Tief noch
westlich Jütland liegt, beträgt die Windstärke 1—2, aber noch am 15. steigert sie sich bis 6, im Süden und bei
den Feuerschiffen bis 8 und 9 Bft. Am Abend des 16. nimmt sie im Westen des Gebiets bis etwa 5 ab und ist