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Full text: 54, 1935/36

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 54. Band, Nr. 4 
D. Vergleich der Wetterlagen für Ausstrom und Einstrom 
Es ist schon lange bekannt, daß man meist in Nordosteuropa bei Ausstrom ein Hoch, bei Einstrom ein Tief 
findet. Das ist in der Tat der grundsätzliche Unterschied. Nun wandern bekanntlich die Tiefe häufig auf bestimm 
ten Zugstraßen, während sich die Hoche nur langsam verlagern. Die Untersuchung in dieser Arbeit hat gezeigt, 
daß die Tiefe an bestimmten Orten ihrer Zugstraße eine bestimmte Wirkung auf den Strom ausüben. Deshalb 
haftet allen von Tiefen wesentlich beeinflußten Fällen, im zeitlichen Ablauf betrachtet, etwas Unruhiges an. Die 
meisten Ausstromfälle dagegen mit ihrem im Kern festeren Hoch und dem weniger lebhaften Tief, soweit eins 
vorhanden, sind viel deutlicher. Das gilt aber nicht etwa für das Stromverhalten (vgl. S. 28 f.). Es ist beim Ein 
strom deshalb kaum zu erreichen, in kurzen Regeln das unbedingt Treffende umfassend zu kennzeichnen. Der 
Ausstrom dagegen läßt sich, wenn man die Fälle nur richtig und genügend einteilt, viel eher so behandeln. 
Die Karten 3 und 4 und die dazugehörigen Tabellen 7 und 8 geben ein Bild, wie verschieden im Mittel die 
Wetterlagen bei Ein- und Ausstrom sind: 
1. Der Standort von Hoch und Tief zeigt sich auf den Karten 3 und 4 gerade entgegengesetzt. 
2. Beim Einstrom liegen die Tiefe zusammengeballt über Nordosteuropa, die Hoche im Süden verstreut. 
Beim Ausstrom sind umgekehrt die Hochdruckkeme eng zusammengedrängt. Man kann das vom Hoch allerdings 
nicht in dem Maße wie vom Tief erwarten, dessen Kern meist viel genauer zu bestimmen ist. Im ganzen liegen, 
wie ein Vergleich der Tabellen 7 und 8 zeigt, die Kerne sowohl der Tiefe wie der Hoche beim Einstrom enger 
zusammen als beim Ausstrom. Noch deutlicher zeigt sich der Gegensatz, wenn man die Fälle zu Gruppen zu 
sammenfaßt und zählt: Tabellen 1 und 2. Wenn man sie zusammenlegt, so ergäbe es gerade eine vollständig aus 
gefüllte Tabelle. So genau ergänzen sie sich. 
Der Einstrom richtet sich ausschließlich nach dem Tief. Das Hoch, das fast nur im Süden 
zu finden ist (vgl. Karte 3, Tabelle 2), wird kaum beachtet. Der Ausstrom hängt in erster Linie vom 
Hoch ab, in vielen Gruppen aber außerdem sehr wesentlich vom Tief. Da die Tiefe von Westen kommen, so 
müssen sie, wenn sie ihre Zugstraße antreten, die Tiefgebiete I, II oder IV kreuzen. Also wird jedes Tief 
zunächst Ein-, dann Ausstrom veranlassen, sofern nur das Hoch einigermaßen 
günstig liegt. Das wird aber meistens zutreffen, wenn es sich nicht um eine Familie von Tiefen handelt, 
die ein Hoch ganz aus dem Osten verdrängt. 
Eine Reihe von Tiefgebieten überdecken teilweise die Zugstraßen. Bis sind besonders I, IV, weniger und 
seltener V und IX und auch die Zentrallage. Hier nützt uns also die Kenntnis vom Standort des Tiefs allein nicht 
viel. Bei den einzelnen Tief gebieten haben wir aber deutliche Unterscheidungsmerkmale zwischen Ein- und Aus 
stromwetter gefunden. Es bleiben einige ganz seltene Fälle im Tiefgebiet I, der Zugstraße IllaS und der Zentral 
lage ähnliche, bei denen die Entscheidung schwierig ist. In diesen Fällen scheint der Strom selbst unschlüssig 
zu sein. Er ist schwach und schwankend. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht immer für Ausstrom, schon weil 
er, sobald man vom Wetter absieht, der natürliche ist. 
Als gutes Zeichen für Einstrom erweisen sich besonders deutlich bei der Zugstraße II westöstlich gerichtete 
Isobaren in unserem Gebiet. Meist laufen sie etwas mehr von N im Bogen nach E. Ein gutes Ausstromwetter 
dagegen zeigen vorwiegend gerade nordsüdliche Isobaren wenigstens in unserem Gebiet. (Deshalb braucht noch 
nicht die ganze Wetterkarte so gestreift zu sein!). Im Osten liegt also das Hoch und irgendwo im Westen oder 
Süden das Tief. Hieraus ergibt sich, daß über der Ostsee stärkerer Luftdruck steht als über ihrem Ausgang 
bei Skagen. Dieser Luftdruckunterschied findet sich fast immer. Bei Einstromwetter steht der höhere Druck über 
der Nordsee. In mehr als der Hälfte der Einstromfälle aber besteht überhaupt kaum ein Unterschied. Dies ist 
eines der zuverlässigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen Ein- und Ausstromwetter. 
Beim Winde ist das nicht so sicher. Zumal der Wind des Einstromwetters kann sehr verschieden in 
der Richtung sein, so daß er selbst innerhalb einer Gruppe nicht gleichartig ist. Im allgemeinen kommt der Ein 
stromwind aus westlichen oder südwestlichen Richtungen. Er bläst also in Kattegat und Beltsee dem Einstrom 
entgegen. Infolgedessen kann man nicht vom Wind in Kopenhagen auf den Strom schließen. Vielmehr erweisen 
sich die Windverhältnisse in der südwestlichen Ostsee als maßgebend, da anscheinend hier die Saugwirkung größer 
ist als ein Treiben von Skagen aus. — Der Ausstromwind spielt um die Richtungen NE—SE. Innerhalb der 
einzelnen Gruppen ist er meist einheitlich. Kopenhagen gewinnt an Bedeutung. Hingegen bleiben die Wind 
verhältnisse der nördlichen Ostsee südlich bis nach Wisby für den Ausstrom bedeutungslos. Im Durchschnitt ist 
der Einstromwind stärker als der Ausstromwind. Dem entspricht der Strom. Und nicht etwa ist Ausstrom, weil 
der natürliche, genau so stark wie der Einstrom, sondern scheinbar herrscht ausschließlich der Einfluß des 
Windes, abgesehen natürlich von den Füllen mit ungezwungenem Strom. 
Diese Arbeit beruht auf der Untersuchung von 187 Ein- und 155 Ausstromfällen aus der Zeit 1901—1930, 
d. h. also: Stromgeschwindigkeiten von 2,5 sm/h bei Schultz’ Grund (4,0 ist die höchst beachtete) sind beim Ein 
strom um ein Fünftel oder 20% häufiger als beim Ausstrom. Nun aber kann beim Strom in Schultz’ Grund von 
2,5 sm/h insgesamt der Fall doch „schwach“ und auch die Wetterlage ungewiß sein. Auch solche Fälle lassen sich 
mit dem Wetter in Zusammenhang bringen. Wir dürfen deshalb vermuten, daß der Strom, selbst wenn er all 
gemein schwach bleibt, gemäß unseren Regeln vom Wetter beeinflußt ist. D. h. die Regeln gelten mehr oder
	        
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