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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. Band 54 Nr. 3
II. Meteorologischer Reisebericht.
(Vergl. hierzu Tafel 1 u. 2.)
Auf Ein- und Rückreise war der Rücken des Rossbreitenhochs deutlich
als Sperrwall zwischen dem gemässigten und tropischen Wettergeschehen ausge -
prägt. Durch wandernde, veränderliche Druckgebilde bestimmtes Wetter im Nor -
den, von derartigen rasch wechselnden Druckgebilden und durch sie erzwungenem
Wechsel der LuftStrömungen unbehindertes Wettergeschehen im Süden. Dazwischen
das einfache, abwechselungsarme. beinahe eintönige "Wetter" des Hochdruckgür
tels und des ihm zugeordneten Passats. Hier und nicht in den Tropen gleicht
meist ein Tag dem andern im Wettergeschehen. Denn das Fehlen schneilwandem -
der Druckgebilde, die Gleichförmigkeit des täglichen Luftdruckganges in den
Tropen bedingt keineswegs eine Wetterarmut, wie gelegentlich angenommen wird,
sondern sogar eine erhöhte Lebendigkeit im Wettergeschehen, soweit es durch
den Kreislauf des Wassers bestimmt wird.
1. Das Wettergeschehen in den gemässigten Breiten.
Ausreise.
Als wir am 3°* April 1935 gegen Mittag den Hamburger Hafen verlas
sen hatten, wurde das Wetter durch eine flache Tiefdruckrinne bestimmt , die
vom westlichen Kanaleingang zu einem finnischen Tief reichte. Die geringen
Druckunterschiede in ihr liessen dem Wettergeschehen freien Lauf. Schwache
Winde herrschten vor; auf der Unterelbe streifte uns ein Schauer, Teil des Re
stes einer sich auflösenden Regenfront; auf der Nordsee wurde es wieder klar.
Bald aber kam dort tiefe, sich ständig verdichtende St-Bewölkung auf , die
sich zur Meeresoberfläche herabsenkte, und dann fuhren wir über 12 Stunden auf
der Nordsee in Nebel.
Nur langsam gelangte am 1. Mai der Einfluß des Hochdruckrückens zur
Wirkung, der sich von der Mitte des Atlantischen Ozeans bis zum Nordmeer er
streckte und jetzt einen Keil bis über die Doggerbahk vorgetrieben hatte. Der
Wind frischte aus Nordosten auf, es wurde sichtiger; vor der Einfahrt in den
Kanal traten zwar abends bei Noordhinder-Feuerschiff noch einmal Nebelbärike
auf, dahinter aber blieb es dann klar. Mässiger Ostwind an der Südseite des
Hochdruckrückens ließ Nebel nun nicht mehr aufkommen. Die Sicht besserte sich
gleichwohl nur allmählich. - Der Frühjahrswetterlage entsprechend, geleitete
uns der Gstwind bei steigender Temperatur zum Kanal hinaus. Schon bald hinter
dem Greenwich-Längengrad kündigte sich auch ein aus dem Meeresraum südwest -
lieh von Madeira heraufgekommenes Biskayatief an. Der Ostwind frischte stark
auf. Am 2. Mai vormittags durchfuhren wir sein schwach ausgeprägtes Aufgleit
regengebiet. Nachmittags überquerte uns, von SSE kommend, eine Regenbö, wohl
ein Rest von Gewitterbildungen in der instabilen Warmluft über Frankreich .
Nachts, nach der Ausfahrt in die Biskaya, erreichten wir dann die Kaltfront;
sie kam mit steifem SW-Wind heran, der schon eine beträchtliche Dünung auf -
geworfen hatte. Nun herrschte zunächst trübes Wetter vor; nur einmal kam für
längere Zeit wieder blauer Himmel zum Vorschein. Während wir langsam durch
die Biskaya und an der Portugalküste entlang aus dem Einflußbereich des Tiefs
hinausfuhren, erreichten uns noch zweimal Schauerreste der alten, weit im Sü
den um das Tief herumgeströmten Polarluft. Das Tief wurde inzwischen west -
lieh des Aermelkanals zwischen dem 15. und 20. Längengrad stationär. Bald
stellte sich nun überwiegend heiterer Himmel ein, an dem sich nur anfangs ein
von einem ostfranzösischen Hoch zur Biskaya und nach Nordspanien ausstrahlen
der Ast- Cist- Schirm zeigte, welcher von einem der vereinzelten landkünden -
den Cu über Spanien durchstossen wurde.
Noch bei südwestlichem Wind trat am 5* Mai mittags erstmalig passat-
gemässe Fr-Cu- Bewölkung auf ¿'Während der Wind langsam über W nach N drehte ,
l) Tafel 3, Bild 1 und 2