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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 54. ßd., Nr. 2
Das Füllen und Auswiegen der Ballone wurde im „Versaufloch“ an Steuerbord vor-
genommen, ebenso das Hochlassen von dieser Stelle aus, die Verfolgung aber fast immer auf
dem Peilkompaßdeck, wo gleichzeitig der Schiffskurs abgelesen werden konnte. Infolge
der räumlichen Trennung desjenigen, der den Ballon hochließ und dann aufschrieb, und
des Beobachters mußte meist die Notierung der Ablesung nach der ersten halben Minute
unterbleiben.
Es wurde darauf geachtet, daß täglich möglichst zwei Aufstiege stattfanden; nur an
haltender Regen oder andere Hindernisse brachten bisweilen Ausfälle. Im ganzen standen
aber die Höhenwindmessungen der Reise unter einem Unstern. Hohe Aufstiege gelangen
eigentlich nur in dem verhältnismäßig weniger interessanten Gebiet des nördlichen Pas
sates und der Westwindzone, während sicli die höheren Schichten der Atmosphäre im
Gebiet des SW-Monsuns fast durchweg hinter Wolken versteckten. Infolge der Regenzeit
mußte auch mit niedrigeren Messungen vorlieb genommen werden, wenn nur überhaupt
welche möglich waren. Die Aufstiege aus diesem Gebiete reichen daher nur wenig über
4 km Höhe hinauf. Jedoch wurde mit großer Freude und Stolz ein Pilot noch 1.3 km über
einer ziemlich dichten ncu-l)ecke verfolgt, wobei die Ablesung immer sofort gemacht wurde,
wenn er einen Augenblick sichtbar war. An einem fast wolkenlosen Tag im Gebiet des
Monsuns gingen alle vier hochgelassenen Piloten mit konstanter Bosheit hinter Aufbauten
oder Rauchschwaden verloren. Das war um so bedauerlicher, als von dieser Jahreszeit
bisher keine Beobachtungen der oberen Höhenwinde vorliegen. Es wurde versucht, durch
möglichst häutige Beobachtung des cirrus-Zuges wenigstens einigermaßen einen Ersatz zu
linden.
Die Bearbeitung der Messungen geschah in der Weise, die bei allen bisher unter den
Auspizien der deutschen Seewarte angestellien Schillspiloten üblich ist: Bis zu 3 km Höhe
wurden Schichten von 500 m Dicke zusammengetaßt und die mittleren Windvektoren be
stimmt. In größeren Höhen sind 1-knj-Schichten verwandt. Die Windrichtungen in Gra
den (0° -= Nordwind, 90" = Ostwind), die Windstärken in m/sec., sowie die Größe der E-
Ivomponente und der N Komponente sind in Tabelle 7 auf Seile 34 angegeben. Eine an
schauliche Darstellung der einzelnen Piloten ist nach herkömmlichem Brauch durch das
Verfahren der „Pfeilsäulen“ auf Tafel 3 gegeben. Die Messungen der Rückfahrt sind hier
von rechts nach links fort laufend aul getragen, um rein äußerlich die gleiche Anordnung
der drei Windsysteme zu erhalten wie aut der Hinfahrt. Eine große Feder an den Wind
pfeilen bedeutet 2 m/sec.
Eine statistische Zusammenfassung der Windmessungen nach 10°- oder 5°-Feldern
ist nicht durchgeführt, da es sich bei einem Material von 70 Messungen, die sich noch da
zu auf die drei voneinander gänzlich verschiedenen Windsysteme der Westwinde, des
Passats und des SW-Monsuns verteilen, kaum verlohnt, eine Höhenklimatologie zu schreiben.
Zudem ist eine Zusammenfassung aller Messungen des Atlantik von anderer Seite geplant.
Dagegen wurden in Gruppenmitteln zusammengefaßt diejenigen Höhenwindmes
sungen, die ihrem Erscheinungsbild nach zueinander gehören: Also in erster Linie die
Westwindzone, die Passatmessungen und die Monsunmessungen, gleichgültig ob auf Hin
oder Rückfahrt ausgeführt. Später wurden auch noch kleinere Untergruppen gebildet, um
charakteristische Merkmale hervorzuheben. Von diesen Gruppen sind die mittleren Vek
toren in den oben angegebenen Höhenschichten bestimmt; die Berechnung geschah unter
Verwendung der DifTerenzmethode.
Als Merkmal für die Beständigkeit der Höhenwinde ist nicht wie in früheren ähn
lichen Bearbeitungen der Quotient von vektoriellem Mittel durch skalares angegeben wor
den — auf die Gründe hierfür ist an anderer Stelle 15 ) eingegangen —, sondern es wurden
ls ) F. Möller, Ann. d. Hydrogr. 62, 279, 1934.