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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 53. Band. Nr. 2.
achtungen nur über einen Tag, d. h. zwei volle Gezeitenperioden (abds. den 20. Aug. 1906 und mrgs.
21. Aug. 1906). Der Gang der beobachteten Werte deutete darauf hin, daß an diesen Tagen gerade
ein konstanter Strom in den Golf hinein sich dem gewöhnlichen Gezeitenstrom überlagert hat. Dieser
konstante einwärtssetzende Strom kann wohl auch mit den verschiedener: anderen Einflüssen etwas
geschwankt und zeitweise die Geschwindigkeit von 1 Sm/Std. sehr wohl erreicht haben. Es erschien
daher besser, die Strombeobachtungen auf einen Mittelwert des Reststroms zu reduzieren, der sich
zu 0,55 Sm/Std, in westlicher Richtung ergab. — Wie die Darstellung zeigt, fallen die Zeiten maxi
maler Stromstärke in den beiden Richtungen nach der berechneten Phasenzeit und nach der beob
achteten sehr genau zusammen. Die zum Vergleich herangezogenen Kurven verliefen besonders regel
mäßig, aber nach Dawsons eigenen Angaben weisen sie unverhältnismäßig große Amplituden selbst
für Springzeit auf. Nach Dawson (a.a.O. S, 12) beträgt nach lang beobachteten Mittelwerten die ma
ximale Geschwindigkeit zur Springzeit 1,50 Sm/Std. in beiden Richtungen, ein Wert, der unserem
theoretisch ermittelten von 1,52 Sm/Std. ganz besonders naheliegt.
Weitere Strombeobachtungen, die zu einem Vergleich zwischen Theorie und Beobachtungen ge
eignet sind, liegen aus der Northumberland-Straße vor, hier erreichen die Gezeitenströme an den
engsten Stellen beträchtliche Stärke, so daß sie auch für die Schiffahrt Bedeutung erlangen. Die
einzelnen Beobachtungen Dawsons sind leider nicht vollständig veröffentlicht. Verwendbar sind einzig
die Werte an den drei engsten Stellen der Straße:
Gegend
Phase
des Stroms
i. Mondstd.
Maximale
Geschwindigkeit
zur Springzeit
i. Sm./Std.
Größte beobachtete
Geschwindigkeit
i. Sm /Std.
bei West-Point, Prinz Eduard-Insel
7 h ,7
1,64
2,03
bei Kap Traverse und Kap Tormentine • ■ ■
6 h ,8
1,65
2,21
bei Wood-Island
2 h ,3
1,79
2,35
Die in Tabelle 9 durchgeführte Rechnung der beiden Wellen, die sich je aus einer Mitschwin-
gungs- und einer Reibungswelle zusammensetzen, gibt die Möglichkeit, auch den Gezeitenstrom rech
nerisch zu ermitteln.
In Tab. 16 sind die horizontalen Verlagerungen mit ihrer Phase für beide Wellen angegeben. Die
positive Richtung der x-Achse wurde als von der Westmündung zur Ostmündung hin gerichtet, also
im großen Ganzen von West nach Ost gehend bestimmt. Dieser einheitlichen positiven Richtung der
x-Achse wurde dadurch Rechnung getragen, daß bei der Westwelle die Phase um 6 h erhöht wurde,
ist. Dies ist in der betreffenden Spalte der Tab. 16 für die Westwelle bereits berücksichtigt. Die
Überlagerung der wagerechten Verschiebungen beider Wellen muß dann die wirklichen horizontalen
Verlagerungen und deren Phase für die gesamte Mitschwingungsgezeit ergeben. Das Ergebnis für die
einzelnen Querschnitte ist ebenfalls in Tab. 16 enthalten. Man ersieht daraus, daß an den eng'sten
Querschnitten und Stellen des Kanals auch die Gezeitenströme am stärksten sind, also an den Quer
schnitten 4 bis 8 und am Querschnitt 12. Die Phase des Stroms ändert sich innerhalb der Straße be
trächtlich. Bequemer zeigt die graphische Darstellung dieser Ergebnisse in Abb. 15, worum es sich
hier handelt. Die Amplitude des Stroms schwankt natürlich mit der Querschnittsfläche und Breite
sehr stark, wie das ja auch vom hydrodynamischen Standpunkt aus zu erwarten ist. An den Mün
dungen wird der Gezeitenstrom nur gering sein. In der W-Mündung überschreitet er wohl nicht den
Betrag von % Sm/Std. Dann steigt er aber vom Querschnitt 3 bis 4 sehr sitark an und behält bis
Querschnitt 8 diese hohen Geschwindigkeiten von annähernd 2 Sm/Std. bei. An den Querschnitten 9,
10, 11 fällt er infolge der Verbreiterung in diesen zentralen Gegenden der Straße auf Werte unter
1 Sm/Std. An der Enge beim Querschnitt 12 erreicht der Strom aber noch einmal größere Geschwin
digkeit, um dann allmählich zur Ost-Mündung hin wieder geringer zu werden.