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Full text: 53, 1934/35

Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 53. Band Nr. 6 
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Abgrenzung und dem Bielcnberger Hafen liegt, nach oberflächlichem Betrachten für ein Stillstandswatt 
gehalten werden kann. Das Ufer hat hier einen verhältnismäßig breiten Schilfsaum. Auch eine Abbruch 
kante scheint zu fehlen. Bei genauer Betrachtung aber sieht man, daß dieses Gebiet doch im Abbruch be 
griffen ist. Man kann deutlich die Ausbildung einer Gezeitenterrasse erkennen, und am Rethsaum zeigt sich 
schon ein geringer Abbruch. Diese Beobachtungen haben mich veranlaßt, das Gebiet mit zum Abbruchs 
vorland zu rechnen. An ihm wird man im Laufe der Zeit, wenn der Abbruch nicht durch Stromverlegung 
auf hört, die Entwicklung zu einem Abbruchswatt beobachten können. 
1. Das Abbruchsufer. 
Im Abbruchsvorlandwatt soll zuerst das Ufer betrachtet werden. Dies zerfällt in zwei Teilformen: 
nämlich in ein Rethabbruchsufer und in ein Wiesenabbruchsufer. 
A. Das Rethabbruchsufer. 
Die annähernde Länge des Rethabbruchsufers ist aus der systematischen Skizze (Tafel I) zu ersehen. 
Es erreicht im Durchschnitt keine großen Höhen. Die Maximalhöhe beträgt ungefähr 80—100 cm, die 
Minimalhöhe 20 cm. Eine Schichtung ist während des Sommers im Ufer nur schwer zu erkennen, da diese 
durch die Wurzeln des Reths verwischt ist. Im Winter dagegen ist diese, wie wir noch weiter unten sehen 
werden, deutlich. 
Bevor näher auf den Vorgang des Abbruchs am Rethufer eingegangen wird, soll noch kurz darauf hin 
gewiesen werden, daß dieser während eines Jahres in drei Phasen darzustellen ist. Es muß nämlich zwischen 
den Vorgängen des Abbruchs im Sommer, im Winter und im Frühling unterschieden werden, da in diesen 
Zeiten die Vorgänge jedesmal anders verlaufen. Dieselbe Einteilung soll nachher auch bei der Darstellung 
des Abbruchs am Wiesenufer vorgenommen werden; denn auch hier unterscheiden sich die zeitlichen Vor 
gänge voneinander. 
a) Der Abbruch in den verschiedenen Jahreszeiten. 
Im Sommer ist der Vorgang des Abbruchs folgender: Das Wasser frißt sich unter den Rethwurzeln in 
das Ufer ein und wäscht hier tiefe, schmale Aushöhlungen aus. Wenn eine solche Höhlung im Ufer eine 
bestimmte Größe erreicht hat, wird die Wurzeldecke zu schwer und stürzt ein. Das Wasser erfaßt sie, zer 
stückelt sie und reißt die Stücke mit sich. So findet man vor dem Abbruchsufer auffällig große Erd 
klumpen im Watt, die noch immer krampfhaft von den Rethwurzelstöcken zusammengehalten werden. 
Aber das Wasser wäscht solange, bis ihnen alle Erde entrissen ist. Sie schwimmen dann davon, um beim 
nächsten Hochwasser sich bei der Deekenbildung zu beteiligen. (Siehe Bild n). 
Trotz der oben gemachten Feststellung kann man sagen, daß das Rethabbruchsufer im Vergleich zum 
Wiesenabbruchsufer dem Wasser einen starken Widerstand entgegensetzt. Nur verhältnismäßig langsam 
kann die Elbe hier in das Vorland eindringen. Volle 5 m schiebt sich das Rethabbruchsufer weiter in das 
Watt hinaus als das Wiesenabbruchsufer. In ihm hat sich wegen der Wurzelstöcke kein Flutkliff ausbilden 
können. Auch talbuchtartige Einschnitte gibt es in ihm nicht, nur hin und wieder schiebt sich aus ihm eine 
Kleizunge in das Watt hinaus. Dieser konnten die Fluten nichts anhaben. Aber im Frühjahr wird mit Plilfe 
des Eises auch sie bewältigt. Manchmal wird sie durch das Wasser vom Ufer getrennt. Es entstehen dann 
kleine Inseln im Watt, aber auch diese werden im Frühjahr von den Eismassen zerstört. (Siehe Bild 12 u. 13.) 
Die Kleizungen bestehen, wie schon der Name sagt, aus einem festgelagerten Kleiboden. Nur mit 
Mühe kann man mit einem Spaten in ihn eindringen. 
Im Winter kann man plötzlich am Rethabbruchsufer eine Schichtung erkennen, was uns, wie oben er 
wähnt wurde, im Sommer nicht gelungen war. (Siehe Bild 14). Wie ist diese Erscheinung zu erklären ? Über 
den weniger durchlässigen Erdschichten des Ufers hat sich Wasser angesammelt. Bei Frost gefriert dieses 
Wasser und dehnt sich aus. Hierdurch werden die Schichten, die sonst von den Wurzeln verdeckt und zu 
sammengehalten wurden, mit Gewalt auseinandergedrückt. Die Rethwurzeln werden dabei zerrissen und 
so die Kraft, die das Rethufer widerstandsfähig machte, vernichtet. Das Ufer besteht jetzt aus lauter über 
einandergelagerten Tafeln von je 5—10 cm Stärke, die nur durch das Eis zusammengehalten werden. Das 
Rethabbruchsufer hat also durch den Frost eine horizontale Spaltung erfahren. Mit dem Einsetzen des Eis
	        
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