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Full text: 53, 1934/35

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 53. Band Nr. 6 
Im Hafenpriel kann man deutlich das Flutkliff und die Gezeitenterrassen erkennen. Der Priel ist im 
Vorland auf beiden Seiten von hohem Reth begrenzt. In das Vorlandwatt schneidet er sich tief ein. Seine 
Ufer bildet hier ein fester Schlick, der oberhalb von einer dünnen, halbflüssigen Schlickschicht bedeckt ist. 
Die Einfahrt in den Priel wird durch mehrere Pricken angedeutet. Bei Hohlebbe läuft der Hafenpriel so 
leer, daß ein gewöhnliches Segelboot, das einen Kiel besitzt, nicht mehr in den Hafen gelangen kann. Es 
muß bis zum Eintreten der Flut warten. 
2. Das Abbruchsvorland. 
Vom Deich aus gesehen bietet das Abbruchsvorland im Gegensatz zum Stillstandsvorland ein buntes, 
abwechslungsreiches Bild. An den Gräben ziehen sich Kopfweiden hin, an einigen Stellen sind diese so dicht 
zusammengepflanzt, daß sie kleine Buschinseln im Vorland bilden. Teile des Ufers und auch kleine Flächen 
im Vorland sind mit mannshohem Reth bestanden. Schafe, Rinder und Pferde grasen hier bunt durch 
einander. Die Elbe tritt näher an den Deich heran als beim Stillstandsvorland. Während das Abbruchs 
vorland eine Breite von 100—400 m erreicht, hat das Stillstandsvorland eine solche von 1 km. 
Im Winter ist das Abbruchsvorland auch abwechslungsreicher als das Stillstandsvorland. Die Kopf 
weiden geben dem schneebedeckten Vorland einen eigentümlichen Reiz. (Siehe Bild 2.) 
Nach Sturmfluten liegen große Eisblöcke im Vorland verstreut umher. Am Abbruchsufer haben sich 
Eismassen emporgeschoben, die das ganze Vorland mit einem weißen Saum umgeben, der bei sonnigem 
Frostwetter in allen Farben glitzert. Im Hintergrund sieht man bei Niedrigwasser die Bielenberger Ufer 
strömungsbank. Sie ist nach starken Frosttagen von übermannshohen Eisblöcken oder nach leichtem Frost 
dicht mit Kammeis bedeckt. 
Nur im Frühling bietet das Vorland einen recht trostlosen Anblick. Dann ist es von Deekenschichten 
bedeckt; an anderen Stellen finden wir große, schmutziggraue Schlammflecken. Sie sind die Überreste der 
Eisblöcke, die aufgetaut sind. Erst wenn der Deeken verbrannt ist, und die Kopfweiden ihre Kätzchen er 
halten, wird das Bild im Vorland wieder freundlicher. Das graue Gras erhält eine grüne Farbe, aus den 
Stoppeln der Reth-Inseln erheben sich die Sumpfdotterblumen. 
Bei der Anlage der Gräben tritt uns dasselbe Schema entgegen, wie wir es bereits beim Stillstands 
vorland betrachtet haben. Eine mehrfache Staffelung ist wegen der Schmalheit des Abbruch Vorlandes 
nicht vorhanden; wir finden höchstens zwei solche Systeme hintereinander. 
Auch den Vorlandprielen fehlt mit Ausnahme des Hafenpriels eine Verbindung mit dem Hinterland. 
Sie sind nicht sehr breit; nur einer, der vor Schleuer liegt, hat die beträchtliche Breite von 3 m. Man nennt 
ihn den Klütenhafen. (Siehe Bild 3 u. 4). Bei ihm sind das Flutkliff und die Gezeitenterrassen deutlich aus 
geprägt. Bei Hohlebbe läuft er nicht ganz leer; denn es hat sich vor seiner Mündung eine Barre gebildet. 
Die kleinen Priele zeigen ihren Charakter nicht mehr so deutlich. Sie sind durch menschlichen Einfluß um 
gestaltet worden; erst im Watt nehmen sie wieder die Formen eines natürlichen Priels an; dort kann man 
sie deutlich von den Gräben unterscheiden. Sie haben nämlich noch die Mäanderform und graben sich 
steil ins Land ein. Bei Hohlebbe laufen sie fast ganz leer. Bei den kleinen Prielen besteht die Möglichkeit, 
daß sie ehemalige Kunstgräben sind. Sie haben nämlich keine großen Mäander ausgebildet. 
Im Vorland begegnen uns noch einige Teilformen. An einigen Stellen findet man große viereckige Ab 
schnitte, die 0,50—1,00 m tiefer liegen als das übrige Land. Sie sind bei Reparaturen am Deich entstanden 
Man hat ihnen nämlich das zum Ausflicken nötige Erdmaterial entnommen. Jeder Anlieger muß zu diesem 
Zweck sein Vorland zur Verfügung stellen. Die Löcher werden nicht wieder ausgefüllt, denn sie werden von 
den Hochwassern der Elbe allmählich wieder vollgeschlickt. Um sie in der Zwischenzeit auszunutzen, pflanzt 
der Anlieger in ihnen Kopfweiden an. 
Dieses macht ihm sehr wenig Arbeit. Er schneidet sich einen kräftigen Weidenzweig ab, entfernt die 
Blattknospen bis auf die obersten Triebe und schneidet dann über der obersten Blattknospe die Spitze des 
Zweiges ab. Danach wird der Weidenzweig in die Erde gesteckt. Schon nach kurzer Zeit hat er Wurzeln 
geschlagen. Da der Zweig seiner Krone beraubt ist, wächst er nicht in die Höhe, sondern in die Breite. Wo 
sich der Schnitt befunden hat, bildet sich ein dicker Kopf. Aus den Knospen haben sich Zweige entwickelt, 
die wie ein Kranz um den Kopf der Weide herumstehen. Der Anlieger pflanzt, je nach der Größe des 
Loches. 10—30 solcher Weidenstämmchen an. Schon nach wenigen Jahren hat sich hier ein kleines Weiden 
gebüsch entwickelt. 
Die Kopfweiden werden hauptsächlich zum Schutz des Deiches gegen die Hochfluten angepflanzt. Sie 
geben dem Anlieger aber auch Erbsenbusch, Einfriedigungsstämme und Brennholz. Alle zwei Jahre werden
	        
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