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Full text: 53, 1934/35

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 53. Band Nr. 6 
Die andere Möglichkeit aber wäre, daß die Priele im Vorland einfach alte Wattpriele sind, die aus prak 
tischen Gründen als Wettern verwandt wurden. Diese ist die einfachste und wahrscheinlichste Lösung der 
Frage. 
Beobachtung 3 unterstützt noch die Behauptung, daß die Priele älteren Datums sind als die Gräben, 
nämlich der gerade Priellauf ist durch künstliche Verlängerung des alten Priels entstanden. Der Priel war 
an seinem Ende zu schmal für eine Wetter. Man grub ihn deshalb breiter und gab dem neuen Lauf zugleich 
die gewünschte Richtung. 
Im Vorland treten uns noch andere Landschaftselemente entgegen. 
Da wären vor allem die Erhebungen zu nennen. Wir müssen 2 Arten von diesen unterscheiden, nämlich 
kleine aufgeworfene Hügel und langgestreckte Anhöhen. Die Hügel sind niedrige, kuppige Erhebungen im 
Vorland. Sie sind mit Gras bewachsen und sind von den Bauern als Zufluchtsort für das Vieh bei Hoch 
wasser angelegt worden. 
Die Anlage dieser Hügel ist in unserm Gebiet unbedingt notwendig. Schon bei ganz geringen Hoch 
fluten kann es überschwemmt werden. Das Vieh ist durch breite Gräben vom Deich getrennt und wäre ge 
zwungen, während der Hochflut im Wasser zu stehen. Während der Herbsthochwasser bieten auch die 
Hügel keinen Schutz mehr. Das Wasser geht dann bis an den Deich heran. Die Bauern sind gezwungen, ihr 
Vieh rechtzeitig von den Weiden zu holen. 
Die langgestreckten Anhöhen sind alte Sommerdeiche und Vordeiche; sie sind zum Teil abgetragen. 
Ihre Erde ist wahrscheinlich zum Ausflicken und Erhöhen des Hauptdeiches verwandt worden. 
Dann wäre in unserm Gebiet noch eine Bandweidenplantage zu erwähnen. (Siehe Tafel 1). Sie ist in der 
Nähe des Rethsaums angepflanzt worden und bildet hier ein Rechteck von ungefähr 200 m Länge und 
100 m Breite. Nach der Elbuferseite wird die Plantage durch einen kleinen Deich gegen den Wellenschlag 
geschützt. Außerdem ist sie noch aus den gleichen Gründen von Kopfweiden (Bastarde) umgeben. Die Plan 
tage ist durch Grüppen in schmale, längliche Rechtecke zerlegt. Die Grüppen dienen zur Entwässerung und 
führen, wie wir schon bei den Vorlandgrüppen gesehen haben, in breite Gräben. Auf den Rechtecken sind 
nun die Bandweiden in 5 oder 6 Reihen angepflanzt. In den Reihen selbst stehen sie dicht zusammen. Die 
Bandweide (Salix viminalis) ist ein Strauchgewächs. Ihre dünnen, geschmeidigen Zweige werden zum 
Korbflechten verwandt. Bandweidenplantagen gibt es sonst nicht im Vorland. In sumpfigen Gebieten des 
Hinterlandes, in zugeworfenen Braken usw. werden sie angepflanzt. Hier findet man sie sehr häufig. 
Die letzten 500 m des Vorlandes vor Glückstadt sind durch einen Steinbelag geschützt. Man hat diesen 
zum Schutz des Glückstädter Hafens angelegt. Hier ist das Vorland auch höher, da es durch Baggermaterial 
aufgeschlickt worden ist. Das vordere und größere Gebiet dieses Vorlandstreifens ist noch nicht kultiviert 
worden. Es ist von Reth und Rohrkolben bestanden. Einige Stellen sind unbewachsen und von einer grünen 
Algenschicht überzogen. Dieser Streifen bietet im Großen und Ganzen einen trostlosen Anblick. In der Nähe 
des Hafens ist das Vorland urbar gemacht worden. Hier findet man kleine Gemüsegärten und einen Sport 
platz, der aber nur im Sommer zu verwenden ist. Im Herbst und Winter wird er von den Plochfluten auf 
geweicht und somit unbrauchbar. 
Es wäre noch darauf hinzuweisen, daß das ganze Vorland, also auch die beiden anderen Vorlandarten, 
bedeutend höher über dem Wasserspiegel liegen, als das Hinterland. (Ungefähr 2,00 m). Bei jeder Hochflut 
lagert das Wasser seine Sedimente im Vorland ab und hat im Laufe der Jahrhunderte schon eine 2 m dicke 
Schicht aufgetragen. Das Vorland in der Nähe der Elbe liegt höher als am Deich. Hier gelangen nur die 
gröberen Sedimente zur Ablagerung, da das Wasser durch die Wellen stärker bewegt wird. Am Ufer ist bei 
der Lagerung der Sedimente daher der Sackungsbetrag geringer als dort, wo die feinen Tonteilchen ab 
gelagert wurden. 
Am Schluß dieses Abschnittes möchte ich noch kurz einen Blick auf die Vegetation und die Tierwelt in 
unserm Gebiet werfen. 
Das Vorland ist von einer dichten Grasnarbe überzogen. Das Gras wird von dem Vieh sehr kurz abge 
weidet. Nur dort, wo vom vorigen Jahr Dungreste liegen geblieben sind, stehen kleine Inseln von hohem 
Gras. Das Vieh, vor allem das Rind, frißt dies Gras nicht. 
Im Frühjahr sind die sumpfigen Stellen und die Rethgebiete von einer gelben Decke überzogen. Das 
sind die blühenden Sumpfdotterblumen (Caltha palustris). Bald darauf bekommen auch die höhergelegenen 
Weiden einen Teppich durch das weiß-violett blühende Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis). Diese 
Pflanzen werden abgelöst durch die Hahnenfußgewächse (Ranunculus acer und Ranunculus repens), den 
Weißklee und Wiesenklee (Trifolium repens und Trifolium pratense), Sauerampfer (Rumex acetosa) und 
den Klappertopf (Alectorolophus major). Am Rethsaum wachsen die Minze (Mentha) und Sauergräser. 
Im Vorland grasen vor allem Jungrinder, selten Kühe und noch seltener Pferde. Das Fehlen der Pferde
	        
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