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Full text: 53, 1934/35

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Dr. Helmut Springstubbe: Die Gezeiten-Erscheinungen im St. Lorenz Golf. 
I. Der bisherige Stand der Erforschung. 
Die Gezeiten des St. Lorenzgolfes haben in der Gezeitenliteratur schon mehrfach Erwähnung ge 
funden. Unzertrennlich mit der Erforschung der Gezeiten dieses Nebenmeeres ist der Name des 
Mannes verknüpft, der um die Jahrhundertwende die ersten wissenschaftlich wertvollen Beobach 
tungen in diesem Meeresgebiet angestellt hat, William Bell D a w s o n. Dawson hat die Beobach 
tungen bereits zu einem Gesamtbild zusammengefügt,O.Wdoch blieb es Rollin A. H a r r i s Vorbehalten, 
in seinem „Manual of Tides" zum ersten Mal die Einwirkung der ablenkenden Kraft der Erdrotation 
in den Verlauf der Gezeiten in genügendem Maße zu berücksichtigen/ 15 ) Harris hat mehrere Fälle 
klar erkannt, in denen diese Kraft bewirkt, daß die Gezeitenwelle in einem abgeschlossenen Neben 
meer einen scheinbaren Kreislauf vornirnmt, so auch im St. Lorenzgolf. Krümmel hat 1911 in 
seinem „Handbuch der Ozeanographie" eine Darstellung gegeben, die sich an die Dawsons und 
Harris'im wesentlichen anschließt/ 12 ) D e f a n t hat 1925 die Anregung gegeben, die laurentischen 
Gezeiten nach der hydrodynamischen Methode zu untersuchen/ 8 ) Dieser Anregung soll in der vorlie 
genden Untersuchung nachgegangen werden. 
Es wurde stets der Verlauf der Gezeiten zur Springzeit zu Grunde gelegt. Eine Zusammen 
stellung der Hafenzeiten und Tidenhübe findet sich schon bei Krümmel II S. 330. Um die Daten 
nach den neuesten Beobachtungen zu überprüfen, wurde auf alle erreichbaren Quellen Rücksicht 
genommen. Benutzt wurden folgende Tafelwerke: 
1. The Admiralty Tide Tables Part II. 1927. 4. Ausgabe. 
2. Tide Tables United States and Foreign Ports for the year 1932. (Diese enthalten im 2. Teil 
„Tidal Differences and constants”). 
3. Gezeitentafeln für das Jahr 1929. Herausgegeben von der Deutschen Seewarte. 
4. Tide Tables for the Eastern Coasts of Canada for the year 1931. 
Bei dem Vergleich stellten sich die englischen Tafeln, die dankenswerterweise von der Marine 
leitung zur Verfügung gestellt waren, meist als die zuverlässigsten heraus. Ermittelt wurden so die 
Hafenzeiten und die Tidenhübe zur Springzeit. Die Hafenzeiten der einzelnen Küstenorte wurden 
dann auf die Zeit 60°W. v. Greenw. bezogen. Dieser Meridian geht ziemlich genau durch die Mitte 
der Cabotstr., dicht an der Insel St. Paul vorbei. Die Tidenhubangaben stellten sich eigentlich als 
für die beabsichtigten Zwecke zu ungenau heraus, da es für die Schiffahrt meist genügt, den Hub auf 
einen halben Fuß (15 cm) genau zu kennen. Da wir es im Golf überhaupt nur mit geringen Tiden 
hüben zu tun haben, ergibt sich bei dieser Ungenauigkeit sehr leicht ein Fehler von + oder — 
15 cm. An vielen Stationen kann man den Hub überhaupt nur auf 30 cm genau angeben. Daher 
dürfen an die Uebereinstimmung der berechneten und beobachteten Tidenhübe keine allzu großen 
Ansprüche gestellt werden. 
Die in eine Karte eingetragenen Beobachtungsgrößen bestätigen auf den ersten Blick das Vor 
handensein einer Drehwelle. Wo der Mittelpunkt dieser Drehwelle angenommen wird, ist an und 
für sich ziemlich gleichgültig. Die Rechnung wird später ergeben, daß das Zentrum wahrscheinlich 
nahe 61° W und 48Vii" N gelegen ist. (S. Karte L). Bekannt sind von einer Flutstundenlinie natür 
lich in der Regel nur zwei Punkte, der Anfangspunkt an der Küste und der Endpunkt im Dreh 
punkt. Man kann diese daher ruhig geradlinig miteinander verbinden, wenigstens solange nicht durch 
Gezeitenbeobachtungen auf See neue Angaben über ihren Verlauf bekannt sind. — Die weiten 
Gebiete des Nordzipfels haben ausschließlich Hafenzeiten zwischen 10 h und 11\ In dem südwest 
lichen Teil des Golfs sind die Flutstundenlinien sehr dicht aneinander gedrängt. Die 3 h -, 4 h -, 5 h - 
und 6'’-Linien liegen alle sehr nahe beieinander. Die ganze Nordseite der Prinz-Eduard-Insel hat 
ziemlich gleichzeitig zwischen 6 h und 7 h Hochwasser, dadurch sind die 7 h - und 8 h -Linien wieder sehr 
dicht beieinander, sie müssen nahe zusammen an der Ostspitze der Insel ansetzen; doch erreichen 
sie das Zentrum der Drehwelle in einem Bogen, denn die Orte auf den Magdalenen-Inseln haben 
Hafenzeiten von etwa 8 h .6, also muß die 8 h -Linie und um so mehr die 7 h -Linie noch westlich davon ver 
laufen. Die Krümmung der beiden Linien ist wohl eine örtliche Störung durch diese Insel. — In dem
	        
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