Skip to main content

Full text: 53, 1934/35

Haarnagel: Eine landschaftskundliche Untersuchung des Elbufers zwischen Glückstadt und Kollmar 
9 
die beiden Priele. Der vorderste Graben läuft immer in io—20 m Entfernung am Deich entlang. Er ent 
wässert ein Stück Vorland von 200 m Länge. Dann folgt ein breiter Quergraben, der wieder ein Stück von 
derselben Größe entwässert. Diese Staffelung setzt sich fort je nach der Breite des Vorlandes. 
Wir finden auf diese Weise im Vorland 1—4 solcher Quergräben. Als Quergräben werden oft alte Neben 
priele verwandt. Diese stören dann durch ihren unregelmäßigen Lauf das oben beschriebene regelmäßige 
System. (Siehe Skizze 1). Zuweilen kommt es 
auch vor, daß die Griippen parallel zum Deich 
laufen. Dann erhalten wir eine andere Anord 
nung. Der Quergraben am Deich und ein anderer 
am Ende des Stückes bleiben. Senkrecht zu 
diesen sind breite Gräben gezogen (Längs 
gräben) . Die Entwässerung würde also in diesem 
Fall folgendermaßen vor sich gehen: Die Grüp- 
pen geben ihr Wasser an die zu ihnen senkrecht 
laufenden Längsgräben ab, diese wieder ihr 
Wasser an die Quergräben und diese an den 
Priel. Der Priel führt dann das Wasser in die 
Elbe (Skizze 2). 
Um das Vieh auf die Weiden bringen zu 
können, führen an einigen Stellen über die 
breiten Gräben Steinbrücken, an anderen ist ein 
Stück des Grabens einfach mit Erde ausgefüllt 
worden. Durch dieses führt ein breites Tonrohr 
mit einem Durchmesser von 1 / 2 m. 
Die Priele besitzen im Gegensatz zu den Gräben ein natürliches Bett. Bei der Marschengewinnung hat 
man diese ehemaligen Wattpriele zur Entwässerung benutzt. Müller vertritt in seinem Buch: „Das Wasser 
wesen an der Schleswigholsteinischen Nordseeküste“ (Seite 30) die Ansicht, daß die Priele der Halligen ehe 
malige Kunstgräben seien, die durch die Ebb- und Flutwirkung einen Mäanderlauf erhalten haben. Bei den 
Prielen im Stillstandsvorland kommt dies kaum in Frage, denn man kann beobachten: 
1. Die Priele durchschneiden im Gegensatz zu den Gräben in ganz unregelmäßigem Lauf das Vorland. 
2. Die Anlage der Grüppen und Gräben ist dem Priellauf angepaßt w r orden. 
3. Einige Priele besitzen anfangs einen Mäanderlauf. An einer Stelle aber hört die Schlängelung 
plötzlich auf. Man kann von jetzt an nur noch ein ganz geringes Mäandern beobachten. Die 
Richtung des Priels verläuft jetzt entweder parallel oder senkrecht zum Graben. 
Diese Beobachtungen führten ohne weiteres zu folgender Überlegung: 
Wenn der Priel, wie in Beobachtung 1 dargestellt ist, tatsächlich ein ehemaliger Kunstgraben gewesen 
sein sollte, so ist nicht zu verstehen, aus welchen Gründen er in großen Bögen angelegt worden ist. Denn 
Mäander von solcher Größe können niemals nach der Gewinnung des Vorlands gebildet worden sein. Die 
Gräben standen von dem Tage an, wo sie angelegt worden sind, unter ständiger Aufsicht des Bauern. 
Niemals würde er zugegeben haben, daß eine Mäanderbildung bei seinen Gräben zustande kam, zumal die 
Gräben damals noch eine Grenze darstellten und zugleich in ihrer Anlage als Größenmaß galten. (Deth- 
lefsen Band 1, Seite 87.) 
Wenn die Kunstgräben, die der Flut und Ebbe ausgesetzt waren, tatsächlich zu einer Mäanderbildung ge 
kommen wären, so müßten sie unbedingt eine Störung in der regelmäßigen Anlage der Gräben hervor 
gerufen haben. Sie müßten die Gräben in allen möglichen Richtungen angeschnitten haben. Dies ist aber 
gemäß Beobachtung 2 nicht der Fall. Die Gräben müssen daher angelegt worden sein, nachdem die Mä 
anderbildung bereits erfolgt war. Nach dieser Feststellung bleiben nur noch zwei Möglichkeiten zur Klärung 
der Frage übrig. 
Die erste Möglichkeit wäre, daß vor dieser Wetterung schon einmal eine Anlage von Gräben statt 
gefunden hat, das Vorland aber zu irgendeiner Zeit wieder sich selbst überlassen worden, verwildert und 
verschlickt ist. Nur die breiten Gräben hatten sich erhalten. Sie hatten, da sie nicht mehr reguliert wurden, 
Mäander gebildet. Als man nun zum zweitenmal das Watt kultivierte, hat man einfach die alten Gräben zur 
Entwässerung benutzt und die neuausgeworfenen Grüppen und Gräben ihrem Lauf angepaßt. Dieser Fall 
kann in unserm Gebiet tatsächlich eingetreten sein; denn hier wurden alte Kulturschichten im Watt ge 
funden, die nachweislich aus dem 14. und 15. Jahrhundert stammen. Diese erweisen, daß das Gebiet bereits 
besiedelt war.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.