Edgar Schultze: Die nichtperiodischen Einflüsse auf die Gezeiten der Elbe bei Hamburg
59
liier der Stau im wesentlichen durch den Wind bedingt ist, während Form A mehr von den vorhergehenden
Wasserständen abhängt, auf die sich unter Umständen die Windänderung noch nicht ausgewirkt hat.
Im Gegensatz zu den Tiefs über und in der Nähe der Nordsee sind Störungen der Vorausberechnungen
durch Hochs weniger häufig. Die Hochflächen des Luftdrucks weisen keine so ausgeprägte Krümmung
auf (siehe S. 51). Die Winde in der Umgebung von Hochs wehen schwächer. Die vereinfachenden An
nahmen sind also besser erfüllt.
In einzelnen Fällen zeigt sich, daß die räumliche Ausdehnung des betrachteten Wettereinflußgebietes
Yarmouth—Blaavandshuk—Tynemouth zu gering ist, um die Wetterlage ganz zu erfassen. Das geschieht
vorwiegend dann, wenn die Luftdruckgefälle quer zur Hauptachse der Nordsee (Aberdeen—Utsire, Tyne
mouth—Lister, Yarmouth—Blaavandshuk) verschiedene Vorzeichen haben. Es kommt darauf an, daß der
von der südlichen Nordsee etwa in die Elbmündung hineiogedrückte Wasserschwall auch von rückwärts
gestützt wird. Geschieht das nicht, so kann trotz hohen positiven Gradienten in der südlichen Nordsee
nur ein geringer Stau eintreten. Diese Erscheinung ist von der Gezeitenabteilung der Deutschen See
warte mehrfach beobachtet worden.
Man kann diesem Umstand theoretisch dadurch Rechnung tragen, daß man die Streichlänge oder
Streichfläche des Windes einführt. Bei den verwickelten Wetterverhältnissen der Nordsee und der Größe
des Einflußgebietes ist praktisch eine genaue Erfassung des Einflußgebietes, das stets in seiner Aus
dehnung wechselt, unmöglich.
Wenn bisher alle Abweichungen der Unregelmäßigkeit der Windwirkung zugeschrieben wurden, so
geschah das mit gutem Grund. Die übrigen Einflüsse werden durchweg genau wiedergegeben. Lediglich
bei den vorausgehenden Wasserständen sind mitunter Abweichungen in der Wirkung festzustellen; aber
die vorhergehenden Wasserstände enthalten nach S. 30 in der Hauptsache die Windwirkung.
Schließlich sei noch auf eine Unregelmäßigkeit in den Abweichungen des N.W.-Staues hingewiesen,
die vielleicht periodischen Ursprungs ist. Es fällt bei Betrachtung der Fig. 23 und 24 auf, daß im
Januar der berechnete N.W.-Stau die Neigung hat, etwa um einen konstanten Wert von rd. 20 cm über
dem beobachteten zu liegen, während im Juli von einer recht guten Übereinstimmung gesprochen werden
kann. Es scheint demnach, als ob in dem Verlauf des Staues außer der bereits erwähnten (S. 18) täg
lichen Schwankung auch noch eine jährliche Periode des N.W.-Punktes enthalten ist, die bisher bei der
Vorausberechnung der Gezeiten nicht mit erfaßt werden konnte.
In Anbetracht dieser vielfachen Fehlerquellen kann das Ergebnis der Korrelation in Tabelle 6 dahin
gedeutet werden, daß keine großen Einflüsse auf den Stau mehr vorhanden sind, die in der Untersuchung
nicht mit berücksichtigt wurden, und daß die Störungen durch die Fehlerquellen die tatsächlichen Ver
besserungen der Schätzung des Staues nicht überdecken. Das geht im besonderen auch aus Fig. 24 hervor,
die die Vorausberechnuugen nach den Beziehungsformeln A und B im Vergleich zu den beobachteten
Stauwerten zeigt. Für diese Gegenüberstellung wurde mit Absicht ein Monat gewählt, der nicht zu dem
Zeitabschnitt gehört, dessen Material ausgewertet wurde, um zu betonen, daß die gewonnenen Beziehungs
gleichungen bei gleichen äußeren Bedingungen zeitlich nicht beschränkt sind (vgl. S. 34).
B. Außergewöhnlich hohe und niedrige Wasserstände.
Eine andere Zusammenstellung von vorausberechneten und beobachteten Stauhöhen ist in den Fig. 21
und 22 gegeben. Hier sind sämtliche Werte, die -flm bzw. — 0,75 m überschreiten, für die Jahre 1925
bis 1929 aufgetragen, soweit die Daten zur Vorausberechnung vorhanden waren. Das Bild, das man
dadurch von der Genauigkeit der Methode erhält, ist aus den im vorigen Abschnitt erwähnten Gründen
ein ungünstigeres, als es Fig. 24 vermittelte. Die Abweichungen wachsen mit zunehmender Höhe des
Staues, wobei die Berechnungen nach Formel A eine größere Annäherung an die Wirklichkeit zeigen.
Das ist aber nur zum Teil auf die geringere mittlere Abweichung der Formel A (vgl. Tabelle 6) zurück
zuführen, zum anderen Teil erweist sich hierdurch, daß ein größerer Prozentsatz der außergewöhnlichen
Wasserstände durch die Abfiußverhältnisse bedingt ist. Hierbei ist zweierlei zu unterscheiden: einmal