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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 53. Bd. Nr. 5
Tide selbst von mittleren Werten begrenzt ist, d. li. daß, genau genommen, die Tide bei windstillem Wetter,
mittlerem Luftdruck und Oberwasserstau zwischen Spring- und Nippzeit gelegen ist, als auch, daß die
vorhergehenden Wasserstände mittlere Werte annehmen. Letztere Bedingung kann nunmehr dahin präzisiert
werden, daß es genügt, wenn der (mit H.W. beginnenden) mittleren Tide ein mittleres H.W. und N.W.
vorangehen, was schätzungsweise in 10 °/ 0 aller Fälle eintreten dürfte.
Eine graphische Darstellung der Beziehungen zwischen Stau und vorhergehenden Wasserständen ist
in Fig. 16 und 17 8; ) gegeben. Die Anpassung an die Gerade kann als gut bezeichnet werden. Lediglich
bei den höheren Stauwerten sind größere Abweichungen festzustellen, die z. T. von der geringen Häufigkeit
der Punkte herrühren, z. T. daher, daß naturgemäß an einer bestimmten Stelle eine Umkehr des in den
Beziehungsgleichungen gegebenen Verhältnisses stattfinden muß. Es kann nicht ständig einem hohen vor
hergehenden Wasserstand ein noch höherer folgen. So tritt nach dem Scheitelpunkt einer Sturmflut eine
verhältnismäßig schnelle Abnahme der Höhen ein.
Die Grenze des regelmäßigen Ablaufs liegt nach Fig. 16 und 17 etwa bei einem Stau von + 1,00 m,
bei Fig. 17 b sogar schon bei + 0,80 m wegen der dichteren Häufigkeitsverteilung des N.W.-Staues um
den Mittelpunkt. Diese Grenze stimmt überein mit dem Wert, der den Bereich der geradlinigen Ab
hängigkeit des Staues vom Luftdruckgefälle angibt (vgl. Fig. 13 und 14). Nach den vorangegangenen
Untersuchungen stellt ein vorhergehender Wasserstand eine Abspaltung der Windwirkung dar (S. 30),
so daß die Ähnlichkeit der Punktverteilung in den Fig. 13, 14 und 16, 17 darauf zurückzuführen ist.
D. Einfluß des Oberwassers.
Für die jetzt zu behandelnden Einflüsse, das Oberwasser und die Wetterlage, genügt es, sich durchweg
auf die Form B der Beziehungsgleichungen zu beschränken, da allein diese deren ungestörte Wirkung
ausdrücken.
Eine graphische Darstellung des Verhältnisses zwischen Stau und Oberwasser gibt Fig. 15. Trotz
der in Tabelle 9 enthaltenen Differenz [o- — r ä ) kann keine allzustarke Abweichung von der Geraden fest
gestellt werden. Nur bei Oberwasserständen über 350 cm fällt ein Sprung aus der Geraden auf, der von
Unregelmäßigkeiten des Profils (Ausuferung) herrühren dürfte. Der Einfluß des Oberwassers wird durch
Wind und Luftdruck bei der paarweisen Korrelation verdeckt (Tabelle 8), obwohl die Beziehungen zwischen
Oberwasser und Wetter sehr lose sind (Tabelle 7). Die Erhöhung der Korrelation beruht also darauf, daß
der vom Einfluß des AVetters befreite Stau sich dem Oberwasser besser anpaßt. Zahlenmäßig ist der vom
Oberwasser hervorgerufene Stau nicht bedeutend und beim N.AA r . etwas größer als beim H.W. Die Be
ziehungskoeffizienten der Gleichung 74) und 75) betragen für H.W. &12.567 = -j- 0,0744, für N.W.
&12.5S7 = + 0,0787. Der Tidenhub wird also mit wachsendem Oberwasser etwas verringert. Bestimmt
man aus der von Schmidt 88 ) angegebenen Tafel 4 Fig. 2 die Beziehungskoeffizienten für die angepaßten
Graden, so beläuft sich deren AVert auf etwa 0,112 für H.AV. und 0,180 für N.AA ;r . Dabei ist zu beachten,
daß die Beziehungen bei Schmidt zwischen Oberwasser uud dem H.AA A . bzw. N.AV. in St. Pauli aufgestellt
sind, während in der vorliegenden Untersuchung nur die Beziehungen zu den entsprechenden Stauwerten
behandelt wurden. Die Stauwerte sind aber bereits von der jährlichen Periode des Oberwassers befreit,
so daß der Unterschied in den Koeffizienten darauf zurückzuführen sein dürfte.
E. Einfluß der Wetterlage.
Aus den Verteilungstafeln 1 sowie den graphischen Darstellungen Fig. 13 und 14 geht hervor, daß es
sich bei der Abhängigkeit der AVasserstände vom Luftdruckgefälle g i um eine Beziehung handelt, die einen
mehr parabolischen als geraden Verlauf nimmt. Diese Ergebnisse, die nur für das Versuchsjahr 1928
•’) Vgl. S. 37.
« s ) Schmidt, Verz. Nr. 43.