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Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 53. Bd. A T r. 5
Nachdem die Wirkung des Windes auf Luftdruckunterschiede zurückgeführt worden ist, bleibt noch
der Einfluß des Luftdruckes selbst zu betrachten. Wie auf S. 14 ausgeführt, kommt für den Fall eines
nicht allseitig von Land umschlossenen Meeres als Maß der absolute Luftdruck in Frage. Bezeichnen
wir diesen mit L, so lautet die Beziehungsgleichung zwischen Stau und meteorologischen Einflüssen:
37) h = (na)g 1 -\-{nb)g a J r cL-\- K
wobei K eine Additionskonstante ist.
Es seien h und L an einem Punkte des von g 1 und g. 2 gebildeten Dreiecks gemessen, und zwar so, daß
9\ == 4 -4
& = 4—4
L = L S
ist. Dabei sind L x , 41 4 die * n den Eckpunkten des Dreiecks gemessenen Luftdruckwerte. Dann läßt
sich Gleichung 37) auch schreiben :
h (» a) (4 — 4) ( n &) (4 — 4) + c 4 -f- K
38) h = AL x + BL. 2 + CL a -\-K
wenn
39) {na) = A + B (n b) — — B c = A + B + C
ist. Durch diese Umformung sind sämtliche meteorologischen Einflüsse auf drei in einem Beobachtungs
dreieck gemessene Luftdruckwerte zurückgeführt. Die Verwendung der L-Werte hat vor den r/-Werten
den Vorzug, daß die Höhen des Luftdruckes unmittelbar den Wetterkarten entnommen werden können,
während die Luftdruckunterschiede jedesmal erst ausgerechnet werden müssen. Die drei zusammen
gehörigen Luftdruckgrößen seien unter dem Begriff „Wetterlage“ zusammengefaßt, ln dieser werden
zwar die Einflüsse von Wind und Luftdruck vermengt, es ist aber leicht möglich, die Beziehungsgleichung
von L auf g umzurechnen und die Wirkung beider auszusondern, sofern der Luftdruck am selben Orte
gemessen wird, an dem der Stau beobachtet wird. Da die L -Werte stets positive Größen sind, hat die
Schreibweise der Gleichung 39) für die maschinelle Auszählung besondere Vorzüge.
4. Bedeutung des Luftdruckgefälles.
Bei abgeschlossenen Gewässern ist die Wirkung des Luftdrucks, wie auf S. 12 ausgeführt, von den
Luftdruckunterschieden über der Fläche des Gewässers abhängig. Nach dem vorigen Abschnitt ist der
Luftdruckunterschied aber ebenfalls für die Wirkung des Windes maßgebend. Danach spielt das Luft
druckgefälle längs eines stehenden Gewässers eine Doppelrolle. Einmal verformt sich die Seeoberfläche
unter dem örtlich wechselnden Druck der Luft. Das ist eine rein statische Wirkung, wie bei einem
Barometer. Außerdem entsteht aber infolge des örtlich wechselnden Druckes über der Seeoberfläche Wind,
der einen Aufstau zur Folge hat. Das ist die dynamische Wirkung des Luftdruckgefälles. Beide Er
scheinungen verstärken einander in der Kegel. Beobachtet wird immer nur die Summe dieser beiden
Wirkungen. Nun fragt sich, ob es möglich ist, aus dem Beobachtungsmaterial heraus beide Wirkungen
zu trennen. Diese Frage muß für den Fall eines abgeschlossenen Binnensees verneint werden. Möglich
ist eine solche Trennung nur mit dem theoretischen Ansatz, daß die statische Wirkung des Luftdrucks
das rd. 13,2 fache der Luftdruckgröße beträgt (entsprechend dem Verhältnis des spezifischen Gewichtes des
Quecksilbers zu dem des Seewassers) und daß das Luftdruck- und Wasserstandsgefälle in die gleiche
Richtung fällt. Durcli vektorielle Zerlegung des Wasserstandsgradienten in einen Wirkungsgradienten des
Luftdrucks von bekannter Größe und Richtung und in einen Windstaugradienten läßt sich der letztere
nach Größe und Richtung ermitteln. Nach diesem Verfahren arbeitet Witting bei der Bestimmung der
Stauverhältnisse der Ostsee. Ob die tatsächliche Wirkung des Luftdrucks der theoretischen gleich ist,
läßt sich aus dem Beobachtungsmaterial nicht nachweisen. Mit ziemlicher Sicherheit kann aber erwartet
werden, daß dies der Fall ist, wenn man die Ergebnisse, die an offenen Meeren erzielt wurden, zum
Vergleich heranzieht.