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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 53. Bd. Nr. 5
des Meeres durch die weiter unten beschriebenen Maßnahmen heraus, so ergibt sich ein Zustand, der
eine Ähnlichkeit mit den Verhältnissen großer Binnenseen hat. Wieweit allerdings der Anteil der Ge
schwindigkeitshöhe dabei vernachlässigt werden darf, ist eine Frage, die nur durch praktische Beobachtungen
gelöst werden kann. Nach den Arbeiten von Witting über die Ostsee und Doodson 4 ) über die Verhältnisse
an den englischen Küsten kann mit genügender Genauigkeit vorausgesetzt werden, daß sieh die Wasser
stände eines vom Einfluß der Gezeiten entweder nicht erfaßten oder befreiten Meeres wie die Wasser
stände eines Binnensees verhalten.
Im Gegensatz zu den abgeschlossenen stehenden Gewässern ist hier die Voraussetzung erfüllt, daß
das Mittel des absoluten Luftdruckes über der Meeresoberfläche nahezu konstant ist. Da alle offenen
Meere der Erde eine einzige zusammenhängende Oberfläche bilden, ist es von vornherein wahrscheinlich,
daß tatsächlich die auf S. 12 geforderten Ausgleielismöglichkeiten vorhanden sind 5 ). Der Beweis für die
Richtigkeit dieser Annahme ist dadurch erbracht worden, daß sowohl in den Arbeiten von Doodson wie
auch in der vorliegenden Untersuchung der Einfluß des absoluten Luftdrucks sehr nahe seinem theoretisch
zu erwartenden Wert 13 gefunden wurde.
Daher kann auf die Wasserstände des Meeres das Punktverfahren angewandt werden, wobei die
gestrichelten Werte vom arithmetischen Mittel aus gezählt werden.
8) h M ' — —p' + f.
Zusammenfassend läßt sich über den Gültigkeitsbereich beider Methoden folgendes sagen:
Die Flächenmethode ist sowohl für Binnenseen wie für offene Meere gültig, liefert aber nicht die
absolute Höhe des Wasserstandes; für dessen Berechnung ist entweder die Bedingung heranzuziehen, daß
der Inhalt des Wasserbeckens konstant bleibt (bei begrenzten Wasserbecken) oder daß das räumliche
Mittel des Luftdrucks konstant bleibt (bei annähernd unbegrenzten Wasserbecken). Der Unterschied
zwischen beiden Fällen ist fließend. Die zweite Bedingung führt zu der Punktmethode, die erste zur
Knotenpunktmethode, d. h. zur Beziehung auf den unverändert bleibenden Knotenpunkt des Sees 6 ).
4. Tideflüsse.
Vergleicht man die für fließende Gewässer und für Meere gefundenen Gleichungen 7) und 8), so zeigt
sich, daß sie aus der allgemeinen Gleichung 5a) für die Wasserbewegung dadurch entstanden sind, daß
die in dem einen Fall gestrichenen Glieder in dem anderen Fall auftreten und umgekehrt. Bei fließenden
Gewässern ist die Höhe des Wasserstandes in erster Linie von den Strömungsverhältnissen, d. i. von den
abfließenden Wassermengen, bei den Meeren von den Wirkungen des Luftdruckes und Windes abhängig.
Bei den Tidefliissen findet ein Übergang zwischen beiden Zuständen statt. Oberhalb der Flutgrenze
liegt ein fließendes Gewässer, unterhalb der Mündung ein stehendes Gewässer in dem beschriebenen Sinne
vor. Auf der Zwischenstrecke setzt sich die Spiegelbewegung des Flusses aus den Wirkungen beider
Einflußgruppen zusammen. Dieselben Verhältnisse treten ein, wenn ein Strom sich in einen gezeitenlosen
Binnensee ergießt. Nur wird der Rückstau des Sees sich in geringerem Umfange bemerkbar machen.
Denn wenn auch die Wirkung der Gezeiten in bezug auf ihren Anteil an den Wasserständen ausgeschaltet
werden kaim, so steht der ganze Abflußvorgang des Stromes nichtsdestoweniger in deren Wirkungsbereich.
Da bei einem Tidefluß bedeutend größere Wassermengen umgesetzt werden als bei einer Strommündung
in einen Binnensee, so ist die Empfindlichkeit des Tideflusses gegen Schwankungen des mittleren Meeres
spiegels größer.
Die Wasserstandsgleichung für einen Tidefluß läßt sich nach Entfernung des Gezeitenanteiles gemäß
der Punktmethode schreiben:
9) hr — kr -\~ kjt
9 a) kr == hjf -f- f — p’.
4 ) Verz. Nr. 14.
6 ) Vgl. Doodson S. 125, Verz. Nr. 14.
6 ) Vgl. Hayford, Verz. Nr. 22.