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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 52. Band. Nr. 2.
zu lang, so daß öfter selbst frühzeitig erkannte Stürme nicht mehr rechtzeitig bekanntgegeben werden
konnten. Im Weltkriege wurden daher Seewetterwarten in Kiel, Swinemünde und Danzig eingerichtet,
weitere an den besetzten belgischen und russischen Küsten. Nach dem Kriege wurde die Kieler See
wetterwarte aufgelöst, die Swinemünder nach Stettin, die Danziger nach Königsberg Pr. verlegt, letztere
unter Angliederung der dortigen öffentlichen Wetterdienststelle. Unter dem Namen „Wetterwarte" waren
diese Dienststellen bis zu ihrer am 31. März 1930 erfolgten Auflösung der Deutschen Seewarte unter
stellt. — Sturm- und Windwarnungen erläßt die Deutsche Seewarte für die Nordsee- und die west
liche Ostseeküste bis zur mecklenburgisch-pommerschen Grenze (Gruppe VIII bis V) J ), im Aufträge die
Oeffentliche Wetterdienststelle Stettin für die pommersche Küste (Gruppe IV bis II) 1 ), die Oeffentliche
Wetterdienststelle Königsberg Pr. für die ostpreußische und memelländische Küste (Gruppe I) 1 ).
Eine Unterteilung der Gruppe I könnte aus folgenden Gründen angebracht erscheinen: l. Die
ostpreußischen und memelländischen Ostsee- und Haffküsten sind zusammen recht lang. — 2. Wasser
oberflächen, namentlich große, setzen im allgemeinen dem Wind einen geringeren Reibungswiderstand
entgegen als Landoberflächen, namentlich große mit bewegtem Gelände. Die Seewinde dürften daher
an der Ostseeküste stärker sein als an den Küsten der verhältnismäßig schmalen Haffs. — Stürme aus
verschiedenen Quadranten könnten sich mithin verschieden für die einzelnen Küstenabschnitte auswirken,
welche Frage in der vorliegenden Arbeit untersucht werden soll.
B. Die Sturmwarnungsstellen an den ostpreußischen
und memelländischen Küsten. 2 )
Die Hauptaufgabe der Sturmwarnungsstellen, hinter der alle anderen zurücktreten müssen, ist die
Bekanntgabe der Warnungen durch Aushängen optischer Signale: Kegel, Ball, rote Fahne bei Tag;
rote und weiße Laternen bei Nacht. Die Signalmasten müssen daher so aufgestellt sein, daß möglichst
viele Interessenten die an ihnen hängenden Signale auf möglichst weite Entfernung namentlich auch
von See einwandfrei erkennen können. — Die Anstellung einwandfreier meteorologischer Beobachtungen
ist eine weitere zwar sehr wichtige Aufgabe der Sturmwarnungsstellen, gegenüber der ersteren aber
nur eine solche zweiter Ordnung. Eine gute Sturmwarnungsstelle kann daher gelegentlich eine schlechte
meteorologische Beobachtungsstelle sein, und nur auf ihre Geeignetheit als meteorologische Beobach
tungsstelle für die Schätzung von Windrichtung und -stärke durch den Beobachter beziehen sich die
nachstehenden Werturteile. — Die Beobachtungsstelle, die keineswegs stets der Aufstellungsplatz des
Signalmastes ist, muß möglichst nahe dem Wohnhaus des Beobachters liegen, um diesem weitere
Wege zu ersparen.
Samlaudküste (Küstenabschnitte I bis III) 3 ): 1. SPillau (54° 38'38" N 4 ), 19° 53'20"
O 5 ), 2 m 6 ) am Lotsenwachturm; wegen seiner freien Lage für Windschätzungen geeignet. — 3. 3*alm
nicken (54° 52'33" N, 19° 56'20” O, 15 m) auf einem kleinen Vorsprung der Steilküste etwa 275 m süd
lich der Mündung des Grenzbaches Palmnicken-Kraxtepellen; Schätzung der Windrichtung einwandfrei,
Schätzung der Windstärke für die beiden Westquadranten wegen des durch das Steilufer verursachten
Aufwindes reichlich hoch, sonst ziemlich einwandfrei. — 3. Brüsterort (54° 57'45" N, 19°59'0”O,
') Jahresbericht der Deutschen Seewarte 1921 S. 17 und 18.
2 ) S. die Kartenbeilage.
3 ) Tabelle Ia Seite 18 bis 20 dieser Arbeit.
4 ) N — nördliche Breite.
i>) O — östliche Länge von Greenwich,
m = Seehöhe in Metern.