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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 52. Bd- Nr. 1.
Dort, wo die heutige Regenkarte (Niederschlag von 7 h früh des Vortages bis 7 h des laufenden Tages)
ein geschlossenes Niederschlagsgebiet aufweist, wird bis morgen der Luftdruck steigen. Niederschlagsfreie
Gebiete zeigen am nächsten Tage in den meisten Fällen ein Fallgebiet des Luftdrucks (Defant I S. 210,
II, S. 243, 15 bzw. 16). Zum ersten Teil der Regel ist zu sagen, daß geschlossene Niederschlagsgebiete —
selbstverständlich nur gültig im orographisch ungestörten Gebiete — meist praefrontalen Aufgleitnieder
schlägen wandernder Zyklonen zuzurechnen sind. Der zweite Teil dieser Regel kann natürlich nur Gültig
keit haben bei wellenförmig fortschreitenden Störungsgebieten, wobei — luftdruckmäßig gesprochen —-
ein Tiefausläufer vom Hochdruckkeil abgelöst wird und umgekehrt. Im Isallobarenfeld finden wir bei
dieser Regel dann ein zumindest relatives Fallgebiet, das meist in einem bestimmten, etwa 24- bis 27-
(bzw. 48- bis 54-) stündigem Rhythmus (vgl. später auch Guilbert 26) von einer kälteren Masse abgelöst
wird, was sich durch ein Steiggebiet im Isallobarenfeld auf der Karte darstellen wird. Selbstverständlich
muß diese zweite Regel bei stationären Gebilden, z. R. in antizyklonalen Systemen oder bei Schleif
zonen immer versagen.
Eine weitere Regel bei Defant I. Auflage (S. 193—195 Defant 15) lautet: „Die allgemeinen Unter
suchungen ergaben, daß in den Steiggebieten des Luftdrucks eine Besserung des Wetters bis zur völligen Auf
heiterung eintritt, in den Fallgebieten dagegen eine Verschlechterung bei rascher Trübung (Eintrübung!)
und Niederschläge. In den nördlichen Alpenländern dagegen bringen barometrische Steiggebiete schlechtes
Wetter!“ Diese Regel bedeutet nach der luftmassenmäßigen Arbeitsmethode, daß eine wandernde Kalt
masse (im Isallobarenfeld durch ein Steiggebiet dargestellt) Wetterbesserung (im orographisch unge
störten Gebiet) auslöst, die beim Absinken der Kaltmasse bis zu völliger Aufheiterung führen kann. An
dererseits zeigt sich die Verlagerung von Warmluft im Isallobarenfeld durch ein Fallgebiet, wobei in
den betroffenen Gebieten durch Aufgleiten der wärmeren Massen über die voranlagernden kälteren
Massen Eintrübung (Aufzugsbewölkung) bis zu Niederschlag zu erwarten ist. In den nördlichen Alpen
ländern — oder besser überhaupt in sämtlichen Gebirgsländern — kommt es dagegen bei senkrecht auf
die Kammrichtung auftreffenden Luftmassen zu Stauwirkung. Diese macht sich natürlich besonders bei
hohen Gebirgen bei einer langsam anwachsenden Kaltmasse geltend. Hierbei wird entweder die Kalt
masse gezwungen, eine Gebirgskette zu überströmen (anstatt sie zu umströmen), und die testierenden, ein
geschlossenen wärmeren Massen werden zwischen Gebirgsmassiv (Abb. 28) und Kaltluftfläche (Kaltluft
massiv) emporgehoben werden. Bei diesem orographisch bedingten Stau einer Kaltmasse an einem Ge
birgsmassiv (z. B. Alpen) herrscht daher trotj steigendem Druck (im Isallobarenfeld trotj eines „statio
nären“ Steiggebietes) schlechtes Wetter, d. h. trübe Witterung mit z. T. sehr ergiebigen Niederschlägen,
die in Verbindung mit außerdem noch über die Kaltmasse aktiv aufgleitenden Warmmassen zu kata
strophalen Hochwasserwetterlagen führen können. Vgl. z. B. die durch Aufgleiten, Stau, Hebung (oro
graphisch erzwungene und freie Vertikalbewegung) und eine quasistationäre Frontalzone (Schreiber 58)
verursachten ergiebigen Niederschläge beim S—SW-Typ in den Alpen-, Sudeten- und Karpathenländern.
B. Wetterregeln, die meteorologische Elementkomplexe behandeln.
Als nächste Gruppe sollen Regeln betrachtet werden, die sich mit der Entwicklung, Fortpflanzungs
richtung und den Begleiterscheinungen einer wandernden Zyklone bzw. eines barometr. Minimums befassen.
1. „Weht der Wind in der Höhe mit einer Komponente aus dem Tiefdruckgebiete an der Erdober
fläche heraus, so fällt der Druck.“ (Defant 15, I, S. 223.)
Diese Regel ist zu allgemein gehalten, sie beschreibt aber, luftmassenmäßig betrachtet, die Annäherung
einer Warmluftmasse, die sich im Druckfelde als Barometerfall auswirkt. Bei einer im Druckfeld sich
noch vertiefenden Zyklone finden wir dabei vor ihrer Warmfront ein scheinbares Strömen der voran
liegenden Kaltluftmassen zum Zyklonenzentrum bzw. barometr. Minimum, während mit etwa 90° Rechts
drehung gleichzeitig in der Höhe die wärmere Masse sich durch aus dem Tiefdruckgebiete wehende Winde
erkennbar macht und im Druckfeld Fall auslöst.