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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 52. Bd- Nr. 1.
I. Vor allem vermeide man das Zeichnen zu großer Warmsektoren (Abb. 10) und lasse sich nicht
—■ auch nach bereits erfolgtem Kaltlufteinbruch •— durch noch relativ hohe und wenig oder gar nicht
veränderte Werte des Temperaturfeldes beirren. In allen derartigen Fällen ist der Einbruch einer schon
etwas kälteren Luftmasse meist aus Isallobarenfeld (Steigtendenz), Feuchtefeld (Rückgang der absoluten
bzw. spez. Feuchte und bei gleichbleibender Temperatur daher auch Rückgang der relativen Feuchte,
sowie der ©'-Werte), ferner im Windfeld (leichte Rechtsdrehung) und aus dem Wolken- und Hydro-
meteorenfeld (Auftreten von Cunb, sowie Übergang zu schauerartigem INiederschlag) nicht allzu schwer er
kennbar. Die fälschliche Konstruktion zu großer Warmsektoren (schematisierte Idealzyklone!) würde
in vieler Beziehung zu einer fehlerhaften Beurteilung der Weiterentwicklung der Wetterlage führen.
Während die Zyklone tatsächlich bereits in ihrem Druckzentrum vor dem Höhepunkt ihrer Entwicklung
steht oder ihn bereits erreicht hat, wird durch die nachfolgende Kaltmasse die Warmmasse abgehoben.
Bei der fehlerhaften Annahme des „Großwarmsektors“ wäre aber noch mit einer weiteren, merklichen
Vertiefung zu rechnen. Bekanntlich gibt die vorherrschende Richtung der Strömungslinien im Warmsektor
einen guten Anhalt über die Weiterbewegung eines Störungszentrums (J. Bjerknes 7, J. Bjerknes und
H. Solberg 8 und E. Palmen 40 und 42). Bei der fälschlichen Annahme eines „Großwarmsektors“ würden
aber auch hierbei durch eine falsche Bahnvorausbestimmung neue Fehlerquellen in der Diagnose zu einer
weiteren Güteverschlechterung der aufzustellenden Prognose führen.
Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, daß das Zentrum einer Zyklone nicht unbedingt mit
dem Zentrum eines barometrischen Minimums identisch zu sein braucht. Man denke hierbei nur an Neu
bildungen, die zwar ein eigenes Zyklonenzentrum bereits besitzen, aber im Druckfeld nur durch ein
„Auseinandergehen“ der Isobaren erkenntlich sind, jedoch im Druckfeld nicht oder noch nicht durch einen
eigenen Tiefdruckkern gekennzeichnet sind, überhaupt sei hier darauf hingewiesen (vgl. auch Moese und
Schinze 35), daß von der alten Synonymik zwischen Tiefdruckgebiet, barometrischem Minimum und
Zyklone abgegangen werden muß. Unter einem Tief bzw. einem barometrischen Minimum verstehen wir
ein Gebilde des Druckfeldes, während man unter einer Zyklone nur ein Gebilde des Strömungsfeldes
verstehen darf. Druckgebilde werden gekennzeichnet durch Isobaren, Strömungsgebilde durch Fronten.
Ferner ist zu beachten, daß Kaltfront nicht immer Kaltfront und Warmfront nicht immer Warmfront
bleiben muß. Denken wir uns eine Kaltmasse, deren Bodenbegrenzung als Front dargestellt ist, so wird
der Frontabschnitt dort, wo die Kaltmasse aktiv vordringt als Kaltfront, dort aber, wo sie passiv geworden
ist und Warmluft dagegen aktiv andringt als Warmfront symbolisiert werden müssen. In den Gebieten
aber, wo die Kaltmasse passiv geworden ist, ohne daß Warmluft aktiv in Erscheinung tritt, wird weder
Warmfront (WF) noch Kaltfront . (KF), also keine Konvergenz-Symbolik, sondern eine Divergenz-Sym
bolik am Platje sein. Häufig ist dies z. B. der Fall bei passiven Trennungslinien (Divergenzlinien), die quer
durch eine Antizyklone (Abb. 11) verlaufen und diese dabei in eine warme und kalte Hälfte aufteilen.
Überwachung gerade dieser Grenzen (Diskontinuitäten) ist für die Diagnose und Prognose von größter
Wichtigkeit, da derartige Diskontinuitäten in einer Antizyklone oft sehr scharfe Grenzen für die Sicht
verhältnisse (Nebel) bedingen (SW-Abhang des Hochs).
Es ist aber auch unter Beachtung des früher Gesagten nicht möglich, eine Diskontinuität quer durch
das Zentrum (Abb. 12) eines bereits verwirbelnden Tiefdruckkernes zu konstruieren bzw. eine Kaltfront
oder Warmfront quer durch einen Tiefdruckkern (Abb. 13) zu zeichnen, da ja dem barischen Windgesetj
entsprechend nur im Westteile der noch nicht verwirbelten Zyklone die Kaltmassen nach Süd fortschreiten,
während auf dem Ostteile der Zyklone umgekehrt ein Fortschreiten der wärmeren Massen gegen die
kälteren Massen stattfindet und daher Warmfrontsymbolik östlich des Zyklonenzentrums und Kaltfront
symbolik westlich des Zyklonenzentrums zu verwenden ist (Abb. 14). Fernerhin verbietet sich ein Zeich
nen von sogenannten „geraden Fronten“, die vom Zentrum von Zyklonen viele Hunderte von Kilometern
weit geradlinig radial ausgehen, von seihst. Man bedenke nur, welch eine um wieviel größere Wegstrecke
dann der äußere Frontenabschnitt gegenüber dem Inneren bei gleicher Winkelgeschwindigkeit zurück
legen müßte.